Limburgs Bischof im ZDF über Rücktritt von Kardinal Marx

Bätzing: Die Mächtigen in der Kirche einhegen und kontrollieren

Veröffentlicht am 05.06.2021 um 10:53 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Auf das innerkirchliche Systemversagen könne es nur systemische Antworten geben – und zwar fundamentaler Art. Limburgs Bischof Georg Bätzing wünscht sich eine Erneuerung der Kirche, die auch die bischöfliche und priesterliche Macht neu bewertet.

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Nach dem Rücktrittsgesuch von Kardinal Reinhard Marx fordert der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, fundamentale Reformen in der katholischen Kirche. "Alle, die denken, dass die Kirche aus dieser massiven Krise herauskommen könnte durch ein paar Schönheitsreparaturen äußerlicher Art, juridischer Art, verwaltungsmäßig, die täuschen sich", sagte Bätzing im Interview mit den ARD-"Tagesthemen" am Freitag. Man habe in der Kirche "solches Systemversagen" wahrgenommen, dass es darauf nur "systemische Antworten" geben könne, "die fundamental sind".

Bätzing, der Bischof von Limburg ist, plädierte für ein neues Verhältnis der Kirche zur Macht und zur Gewaltenteilung. Da sei "ganz viel möglich", betonte er. Die bischöfliche Macht etwa habe etwas "von Monarchischem, etwas von vergangenen Zeiten". Nun brauche es "Kontrolle auf jeder Ebene von Machtausübung in der katholischen Kirche". Zwar müsse es Macht geben, sonst habe man keine Gestaltungsmöglichkeiten. "Aber diese Macht muss kontrolliert werden." Auch die priesterliche Macht gelte es "einzuhegen und zu kontrollieren".

Das Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx sei für ihn eine "große Überraschung" und "auch ein Schock" gewesen, betonte Bätzing. Man habe aber dem Kardinal seit "etlicher Zeit" angemerkt, "dass es in ihm gärt und arbeitet". Die katholische Kirche könne auf ihn, "seine Stimme und seine Kraft, auch seine denkerische Kraft", nicht verzichten. "Und ich hoffe, dass wir das auch nicht müssen, selbst wenn er nicht mehr Bischof von München/Freising ist."

Bätzing: Zeitpunkt für eine souveräne Entscheidung in Köln überschritten

Auf die Frage, ob der in der Kritik stehende Erzbischof von Köln, Kardinal Rainer Maria Woelki, in einer Kirche, die sich erneuern müsse, noch eine führende Rolle einnehmen könne, sagte Bätzing: "Das muss der Kardinal Woelki für sich entscheiden und es spielen jetzt andere mit, die Visitatoren und Papst Franziskus spielen mit." Während Marx heute eine souveräne Entscheidung getroffen habe, sei der Zeitpunkt hierfür "natürlich im Erzbistum Köln überschritten".

Im ZDF sagte Bätzing am Freitagabend, im "Synodalen Weg" hätten die Bischöfe zusammen mit den Laien in Deutschland versucht, systemische Fragen aufzugreifen und ehrlich zu beantworten. "Aber es gibt massive Kritik an diesem Weg und ich habe den Eindruck, manche denken, es wäre mit einigen Schönheitsreparaturen an der Kirche Genüge getan, dann wäre alles wieder gut." Dem widerspreche er selbst ebenso wie Kardinal Marx, sagte Bätzing. "Es geht um fundamentale Reformen in der katholischen Kirche, ohne die wird es nicht weitergehen."

Die Kirche in der Frage der Gleichberechtigung von Frauen auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens weiterkommen, betonte Bätzing. Das werde "nicht enden an der Grenze des sakramentalen Amtes". Zur verpflichtenden Ehelosigkeit von Geistlichen sagte er, er selbst sei ein Verfechter "des Zölibats als der Lebensweise Jesu". Nicht alle aber könnten das, und so müsse man sich die Frage stellen: "Muss unbedingt der Zölibat mit der Priesterweihe verbunden sein? Er muss es nicht. Das weiß die Kirche auch. Aber es braucht da Entscheidungen."

Der Münchener Erzbischof und Kardinal Marx will auf sein Bischofsamt verzichten und damit Konsequenzen aus dem Umgang seiner Kirche mit Missbrauchsfällen ziehen. Er wolle Mitverantwortung übernehmen "für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten", heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Brief von Marx an Papst Franziskus, in dem er seinen Amtsverzicht anbietet. Er wolle Verantwortung tragen, "nicht nur für eigene mögliche Fehler, sondern für die Institution Kirche". (cst/epd/KNA)