Heilige ist Schutzpatronin des Ordens

Wie die Dominikaner mit Maria Magdalena Gott neu erfahren

Veröffentlicht am 22.07.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Für die Dominikaner ist Maria Magdalena von großer Bedeutung. Die Schutzpatronin des Ordens steht für Offenheit und die Haltung, im Gottvertrauen neue Wege zu gehen. Zudem steht sie als Frau im an einer wichtigen Schnittstelle der Bibel.

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Am 22. Juli feiert die Kirche den Gedenktag der heiligen Maria Magdalena. Im dominikanischen Festkalender wird die Heilige als Jüngerin des Herrn aufgeführt. Sie ist die Schutzpatronin des Ordens und wird deswegen ganz besonders verehrt. Gleichzeitig ist die Heilige aber nicht einfach irgendeine Jüngerin des Herrn, sondern sie ist die erste und unmittelbare Zeugin der Auferstehung.

Maria Magdalena begegnet Jesus am Ostermorgen und hält ihn zuerst für den Gärtner. Nachdem er sie anspricht und Maria erkennt, wen sie vor sich hat, würde sie den Auferstandenen am liebsten festhalten. Sie will am Altbekannten festhalten, an dem Jesus, den sie kennt, aber sie wird von ihm selbst aufgefordert: "Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen. Geh aber zu meinen Brüdern und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott." (Joh 20,17)

Und so geht Maria Magdalena und berichtet den anderen davon, was sie gesehen und mit dem Auferstandenen erlebt hat. Sie lässt sich von ihm senden und trägt so dazu bei, dass die Botschaft davon, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, in die Welt getragen wird. Sie lässt sich auf das Neue und auf ihre neue Aufgabe ein: die Verkündigung dessen, was sie erlebt hat. Auch wenn das nicht gewesen sein kann, was sie erwartet hatte, als sie am Ostermorgen ans Grab kam. Sie verharrt nicht in der Trauer, sie klammert sich nicht am irdischen Jesus fest, sondern nimmt das an, was nun ist: die Botschaft vom Leben und ihre Aufgabe darin.

Maria Magdalena als Inspiration

Die dominikanische Familie lässt sich von Maria Magdalena immer wieder neu inspirieren. So suchen alle Zweige des Ordens immerzu danach, was es heute heißt, das Gewohnte zu verlassen, an die Grenzen zu gehen und allen Menschen die Frohe Botschaft zu bringen. Brüder, Schwestern, Nonnen und Laien sind davon bewegt, allen Menschen mitzuteilen, dass der Gott Jesu auch ihr Gott sein will. Sie lassen sich darauf ein, ihr gewohntes Bild von Jesus zu überprüfen und sich ganz neu von ihm ansprechen zu lassen.

Damit kann Maria Magdalena jede und jeden inspirieren, die und der auf der Suche nach Gott ist. Wie die Jüngerin kann sich jeder auf den Weg zum Grab machen und dort erleben, dass der Herr nicht tot ist, sondern lebt. Eine Erfahrung, die besonders in dieser Zeit wertvoll und heilend sein kann. Jesus ist nicht im Grab geblieben, sondern er lebt. Vielleicht anders, als von uns gedacht und gehofft, aber noch viel umfassender, als es sich ein Mensch überhaupt vorstellen kann.

Maria Magdalena trifft den auferstandenen Jesus Christus im Garten
Bild: ©picture alliance/akg-images/Orsi Battaglini

Die Szene "Noli me tangere", bei der Maria Magdalena den auferstandenen Jesus Christus im Garten trifft, dargestellt von Fra Angelico (Fra Giovanni da Fiesole, 1387-1455).

Und so wie die Apostolin der Apostel vom Auferstandenen höchstpersönlich aufgefordert wird, von ihren Erfahrungen zu berichten, so sind es nicht nur die Mitglieder der dominikanischen Familie, sondern jede und jeder, der eine Erfahrung mit Christus macht. Denn die Botschaft verbreitet sich nur dann weiter, wenn möglichst viele Menschen davon erzählen und anderen die Möglichkeit geben zu erkennen, dass Gott auch ihr Gott sein will. Dabei ist niemand zu klein, zu jung, zu unbedeutend oder zu ungebildet. Denn nicht Petrus, auf den Jesus seine Kirche baut, ist derjenige, dem der Herr zuerst begegnet, sondern eine Frau, die im Laufe der Geschichte noch oft als Sünderin angesehen wurde.

Ansehen spielt keine Rolle

Daher spielt es auch für uns heute keine Rolle, wer wir sind oder welches Ansehen wir genießen, solange wir erfüllt sind von den Erfahrungen mit Christus. Für die Mitglieder der dominikanischen Familie bedeutete das immer wieder auch, das gewohnte Umfeld zu verlassen, neue Orte aufzusuchen oder mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die auf den ersten Blick ganz anders waren.

Maria Magdalena inspiriert aber nicht nur Ordensleute. Jede und jeder darf sich ermutigt fühlen, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die anders erscheinen. Die Botschaft Jesu lebt davon, dass Menschen ihre persönlichen Erfahrungen erzählen und teilen, was sie selbst mit Jesus erlebt haben. Nur so überwindet die Kirche alle "toten Punkte", nur so haben Menschen die Möglichkeit, die Schönheit des Glaubens kennenzulernen – so wie Maria Magdalena die überraschende Schönheit des Auferstandenen kennenlernte.

Von Kerstin-Marie Berretz OP (KNA)