Schwierigkeiten erkennen und nach Lösungen suchen

Die Zuversicht – ein hoffnungsstarker Spürsinn

Veröffentlicht am 11.12.2021 um 12:09 Uhr – Lesedauer: 
#jetzthoffnungschenken

Bonn ‐ Einfältiger Optimismus und blinder Pessimismus helfen im Leben oft nicht weiter. Die Kraft der Zuversicht kann jedoch dazu beitragen, schwierige Situationen zu meistern und Lösungen zu finden. Melanie Wolfers erklärt, was zuversichtliche Menschen ausmacht.

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Zuversicht ist eines unserer größten seelischen Potenziale. Doch wie gelingt es, angesichts eines Schicksalsschlags den Lebensmut zu bewahren? Was hilft, auf einen neuen Morgen zu hoffen, wenn wir uns in einer persönlichen Krise unsicher oder verzweifelt fühlen? Oder wenn wir uns angesichts gesellschaftlicher Probleme überfordert und ohnmächtig erleben?

Ein erster Hinweis liegt bereits in der Frage selbst. Denn wenn man Zuversicht verlieren kann, bedeutet das auch: Man kann sie wiederfinden. Zuversicht ist also nicht einfach da oder nicht da. Sie ist keine angeborene Charaktereigenschaft, sondern eine innere Haltung, die sich jede und jeder – zumindest bis zu einem gewissen Grad – aneignen kann. Wir können unsere Fähigkeit, zuversichtlich zu sein, stets neu entdecken und entfalten.

Von Fröschen, Sahnetöpfen und der Kraft der Zuversicht

Zuversicht ist alles andere als ein blauäugiger Optimismus, der naiv davon ausgeht, dass die Dinge irgendwie schon gut ausgehen werden. Der Unterschied zwischen Pessimismus, Optimismus und Zuversicht lässt sich mit der bekannten Frosch-Parabel illustrieren: Drei Frösche gehen auf Wanderschaft und fallen in einen Topf Sahne. "Ach, irgendjemand wird uns hier schon rausholen und uns retten", denkt der erste Frosch optimistisch. Er wartet und wartet – und ertrinkt. Der zweite Frosch jammert pessimistisch: "Oje, was hilft es, wenn wir uns anstrengen? Wir sind verloren." Lässt sich zu Boden sinken – und ertrinkt ebenso. Der dritte Frosch erkennt die schwierige Lage und kommt zu dem Schluss: "Da hilft wohl nur Strampeln!" Er strampelt und strampelt – bis die Sahne zu Butter geworden ist und er sich mit einem kräftigen Sprung aus dem Krug retten kann.

Als Gesellschaft, als Kirche und oft auch als Einzelne sind wir gewissermaßen in den Sahnetopf gefallen. Um aus dem Schlammassel herauszukommen, gilt es, kräftig strampeln! Und dafür braucht es Energie – und zwar vor allem die seelische Energie der Zuversicht.

Eine zuversichtliche Person erkennt den Ernst der Lage. Sie nimmt die Schwierigkeiten wahr, lässt sich aber davon nicht lähmen. Vielmehr entdeckt sie zugleich auch Lösungsansätze und nutzt die vorhandenen Spielräume – und seien sie noch so klein. Ganz in diesem Sinn bezeichnet Gerhard Sauter die Hoffnung als eine Art Spürsinn für das, was die Zukunft an positiven Möglichkeiten mit sich bringen könnte.

Zuversicht stärken

Diesen hoffnungsstarken Spürsinn zu schärfen, beginnt mit der Frage: Wie nehme ich die Welt wahr? Mit welcher Optik blicke ich auf die Realität?

Bild: ©Fotolia.com/francesco chiesa

Wie wir den Tag wahrnehmen, eher positiv oder negativ, bestimmt sich oft schon am Morgen.

Zahlreiche Studien zeigen, wie unzuverlässig die menschliche Wahrnehmung arbeitet. Dazu gehört auch die einseitige Konzentration auf das Negative. Vermutlich kennen auch Sie das: Wie von selbst beschäftigt sich unser Gehirn vor allem mit den "dunklen Punkten": Mit dem, was fehlt oder belastet – ein Konflikt, ein cholerischer Chef, gesundheitliche Beschwerden … – oder mit dem, was in der Welt schiefläuft. Das Positive hingegen gerät schnell aus dem Blick. Wir nehmen es als selbstverständlich hin: Angefangen von der Meisterleistung unseres Körpers, der ständig Signale empfängt und aussendet und auf diese Weise sein Gleichgewicht reguliert, über die lichten Seiten des Alltäglichen bis hin zu erfreulichen persönlichen oder gesellschaftlichen Entwicklungen.

Der Negativfokus hat viele, durchaus auch sinnvolle Gründe. Das Problem liegt in der Einseitigkeit. Es braucht Beides: den Blick auf das Negative und Schwierige und die Aufmerksamkeit für das Positive und Mutmachende. Nur Letzteres gibt uns die Kraft und Zuversicht, wieder aufzustehen, wenn eine Situation uns in die Knie gezwungen hat.

Praxistipp: Den Beginn des Tages gestalten

Um die Gewohnheit zu durchbrechen, sich vor allem auf das Problematische zu konzentrieren, kommt dem Tagesbeginn eine besondere Bedeutung zu. Jeder Morgen bietet die Chance, die eigene Aufmerksamkeit in eine bestimmte Richtung zu lenken und sich für einen Fokus zu entscheiden. In einem Bild ausgedrückt: Sie können am Morgen unterschiedliche Brillen aufsetzen. Je nachdem, welche Brillentönung Sie wählen – eine dunkle, eine helle, eine rosarote … –, wird Ihr Tag in ein anderes Licht getaucht. Er wird eine unterschiedliche Färbung erhalten.

Einen ähnlich großen Unterschied macht es, ob Sie sich zu Beginn eines neuen Tages bewusst für einen farbenfrohen, bejahenden Blickwinkel entscheiden, oder ob Sie eine eher misstrauische Perspektive einnehmen, die schwarz sieht. Ihre Welt wird sich jeweils anders zeigen. Ihr Tag wird jeweils ein anderer sein.

Mir persönlich hilft ein lyrischer Text des Ordensmanns und Dichters Andreas Knapp, den ich mir jeden Morgen in Erinnerung rufe, indem ich ihn leise vor mich hinspreche. In diesem Gedicht namens "Laudes" heißt es:

wenn nach Schreckstunden des Dunkels

der Morgen die Augen aufschlägt

geh ihm singend entgegen

erwache ins Lob

und das Lob weckt dir die Welt

dass sie dir singe

Von Melanie Wolfers

Über die Autorin

Melanie Wolfers ist Philosophin und Theologin und eine der bekanntesten christlichen Autorinnen im deutschsprachigen Raum. 2004 trat sie in den Orden der Salvatorianerinnen ein. Sie ist Bestsellerautorin, gefragte Rednerin und betreibt den Podcast "GANZ SCHÖN MUTIG – dein Podcast für ein erfülltes Leben".

Dieser Text ist ein bearbeiteter Auszug aus dem Buch: Melanie Wolfers, Zuversicht - Die Kraft, die an das Morgen glaubt, bene! Verlag 3. Auflage 2021.

Aktion #jetzthoffnungschenken

Die Zahlen sind erschreckend: Jede vierte Person in Deutschland fühlt sich einsam. Und es sind nicht nur ältere Menschen betroffen. Einsamkeit ist ein gesamtgesellschaftliches Problem – unabhängig von Geschlecht, Alter oder Herkunft. Dabei reichen oft nur kleine Gesten wie ein Lächeln, ein freundliches Wort, ein offenes Ohr oder etwas Zeit, um seinem Gegenüber Hoffnung zu schenken. Mit der Aktion #jetzthoffnungschenken will das Katholische Medienhaus in Bonn gemeinsam mit zahlreichen katholischen Bistümern, Hilfswerken, Verbänden und Orden im Advent 2021 einen Beitrag gegen Einsamkeit leisten. Erfahren Sie mehr auf jetzthoffnungschenken.de.