Standpunkt

Fehlverhalten von Benedikt XVI.: Die Folgen baden die Engagierten aus

Veröffentlicht am 27.01.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Folgen von Benedikts Fehlverhalten müssen andere ausbaden, stellt Christof Haverkamp fest: Haupt- und Ehrenamtliche, die den Frust über ihre Kirche abbekommen. Jetzt geht es darum zu handeln – auch vor dem Hintergrund der Initiative #OutInChurch.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Auf der dritten Synodalversammlung in einer Woche in Frankfurt wird es wohl auch um zwei aktuelle Gesprächsthemen zur katholischen Kirche in Deutschland gehen: um das Münchener Missbrauchsgutachen und um die Initiative #OutInChurch queerer Menschen, die ihre berechtigten Belange mit geschicktem Timing ins Gespräch gebracht haben. Beides hängt zusammen mit dem Ziel in Frankfurt: mit Umkehr und Erneuerung und mit der dramatischen Lage der katholischen Kirche in Deutschland.

Beim Münchener Missbrauchsgutachten irritierten vor allem die Aussagen Benedikts XVI. Ausdrücklich hatte der 94-Jährige betont (oder betonen lassen), seine Erinnerung an Jahrzehnte zurückliegende Sachverhalte sei auch noch heute sehr gut. Aber schon kurz darauf war offensichtlich: Eine Behauptung konnte nicht stimmen. Er musste zurückrudern. Der Hinweis auf einen Fehler wegen "redaktioneller Bearbeitung" wirkt wenig überzeugend.

Einige Bischöfe haben zu Recht eine Stellungnahme Joseph Ratzingers eingefordert. Es ist tragisch, dass auf seine Verdienste für die Kirche, als Papst und als Theologieprofessor, jetzt ein tiefer Schatten fällt, hervorgerufen auch durch eigene Rechthaberei.

Die Folgen dieses Verhaltens baden andere aus – jene, die wegen steigender Kirchenaustritte zu Einsparungen gezwungen sind oder sich den Frust über ihre Kirche anhören müssen. Es trifft gerade die Engagierten, die als Ehren- und Hauptamtliche wertvolle Arbeit leisten. Christen, die von der menschenfreundlichen Botschaft des Evangeliums nach wie vor und oft genug den traurigen Realitäten zum Trotz überzeugt sind.

Umso wichtiger ist jetzt neben der Aufarbeitung der Missbrauchsskandale eine Umkehr und Erneuerung. Dazu gehört eine Sexualmoral, die davon bestimmt ist, dass Gott die Menschen liebt und ihm nicht daran gelegen ist, erst einmal auszuschließen. Was das heißt, haben die Aussagen in der sensiblen, von leisen Tönen bestimmten TV-Dokumentation "Wie Gott uns schuf" klargemacht. Sie belegte auch, dass queere Mitarbeiter*innen weiterhin gern in ihrer Kirche tätig sein wollen.

Zumindest einige Bischöfe haben sich nach der Sendung für Reformen des kirchlichen Arbeitsrechts ausgesprochen. Und der Aachener Bischof Helmut Dieser hat ein Schuldbekenntnis gegenüber Homosexuellen gefordert. Das ist ein Anfang. Aus manchen Diözesen war als Reaktion dagegen nur ein dröhnendes Schweigen zu vernehmen – leider.

Von Christof Haverkamp

Der Autor

Christof Haverkamp ist Pressesprecher und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der katholischen Kirche in Bremen und Senderbeauftragter der katholischen Kirche bei Radio Bremen.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.