Motivationen von Pilgern wandeln sich

Seelsorger: Wallfahrten haben nicht unter Kirchen-Skandalen gelitten

Veröffentlicht am 05.05.2022 um 16:07 Uhr – Lesedauer: 

Telgte ‐ Die Kirche kommt von einem Skandal in den nächsten – dennoch werden Wallfahrtsorte gerne besucht. Das sagt der Seelsorger des Wallfahrtortes Telgte im Münsterland, Richard Schu-Schätter. Er sieht einen Unterschied zwischen Glaube und Kirche.

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Die gesellschaftliche Wahrnehmung von Wallfahrten hat nach Einschätzung des Telgter Wallfahrtsseelsorgers trotz kirchlicher Skandale nicht gelitten. "Die Wallfahrt ist nicht in das Loch der Kirchenkrise gefallen", sagte Pastoralreferent Richard Schu-Schätter dem Nachrichtenportal "Kirche und Leben" aus Münster. Bei einer Wallfahrt stehe der persönliche Ausdruck des Glaubens im Mittelpunkt, so der 49-Jährige. "Die Kirche als Mittler ist hier nicht notwendig."

Auch während der Corona-Pandemie seien in Telgte viele Pilger begrüßt worden, so Schu-Schätter weiter. Die großen Wallfahrten seien wegen der Kontaktbeschränkungen nicht möglich gewesen, aber Einzelpersonen oder kleinere Gruppen hätten sich auf den Weg zum Marienwallfahrtsort im Münsterland gemacht.

Veränderungen der Wallfahrt

Schu-Schätter, der seit Februar als Pastoralreferent für die Weiterbildung und Gestaltung der Wallfahrtsseelsorge in Telgte zuständig ist, habe zudem eine Veränderung bei der Motivation der Wallfahrer wahrgenommen. Die Wallfahrt nach Telgte entwickele sich immer mehr zu einem Glaubenserlebnis, das außerhalb der klassischen Pfarrgemeinde- oder Verbandsstrukturen stattfinde. "Ein einzelner Jakobspilger macht hier ganz anders Station als ein Teilnehmer an der Osnabrücker Wallfahrt, der mit mehreren Tausend gemeinsam hierherkommt." Der Wallfahrtsseelsorger betonte, dass alle Pilger ungeachtet ihrer Beweggründe und Vorstellungen in Telgte willkommen seien: "Egal, ob sie zuerst das Schnitzel essen oder eine Kerze anzünden." Telgte sei ein "Kraftort nicht nur für Christen".

Ziel der Wallfahrer nach Telgte ist ein Marienbild, das aus dem Jahr 1370 stammt. Es ist eine Darstellung der sogenannten "Pietà", zeigt also die Gottesmutter Maria mit dem vom Kreuz abgenommenen Leichnam ihres Sohnes Jesus auf ihrem Schoß. An der großen Osnabrücker Wallfahrt zum Gnadenbild der schmerzhaften Muttergottes nehmen jährlich bis zu 7.500 Menschen teil. (ldr)