Kampf ums T-Wort

Nun ist ein "Tatort" zum Thema Tod in etwa so originell wie Herzschmerz in den Büchern von Rosamunde Pilcher. Darum muss es schon etwas mehr sein. Die Krebserkrankung der Drogenfahnderin Melissa Meinhard ist das gemeinsame Geheimnis der Polizistin und des Zuschauers. Sonst soll es niemand erfahren, weder die Kollegen der Mordkommission noch die eigenen Töchter. Erst als Meinhard ihren nahenden Tod nicht mehr verheimlichen kann, offenbart sie sich ihrem Umfeld. Das Wort "Tod" kommt ihr aber auch dann nicht über die Lippen.
"Leben mit dem Tod" hießt in diesem "Tatort", möglichst wenig substanziell über ihn zu reden und sich mit einem Wirrwarr von Stammtisch-Philosophie und Westentaschen-Psychologie durch das Thema zu lavieren. Gleichsam wie das Morphiumpflaster die Schmerzen, betäubt der Redefluss die Unsicherheit der Figuren. Emotional stark sind die Szenen, in denen geschwiegen wird, wenn sich Mutter und Töchter in den Armen liegen oder Meinhard sich als ihre eigene Nachlassverwalterin um Geschenke für ihre Kinder kümmert.
Und dann ist da ja noch die Schampoo-Droge "Heaven". Die spielt im Verlauf der Handlung immer weniger eine Rolle. Der Fall verkommt zur fahlen Kulisse für das Schicksal der dem Tode geweihten Polizistin und alleinerziehenden Mutter. Am Ende bleibt nicht nur das mäßige Erlebnis einer dünnen und wenig spannenden Krimi-Handlung. Viel schwerer wiegt das ethische Defizit des Films. Darf eine todkranke Polizistin Recht und Moral in die eigene Hand nehmen? Natürlich nicht. Und dürfen ihre Kollegen das auch noch protegieren? Erst recht nicht.
"Sie werden sterben. Lasst uns darüber reden." Mit diesem Slogan wirbt die ARD in TV-Spots, auf Plakaten und in Anzeigen für die Tod-Themenwoche. Schade, dass dieses Versprechen im "Tatort" nicht eingelöst wurde.
Von Christoph Meurer