21 Geistliche erhalten Kardinalswürde

Fußball-Seelsorger und Pfadfinder: "Fun Facts" zu den neuen Kardinälen

Veröffentlicht am 31.05.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Jetzt ist es öffentlich: 21 Kirchenmänner werden im August Kardinäle. Bei den Ernannten aus aller Welt sind einige die ersten Kardinäle ihres Landes. Auch sonst gibt es einige Besonderheiten bei den neuen Purpurträgern.

  • Teilen:

Am Sonntag hat Papst Franziskus 21 neue Kardinäle ernannt, die im August bei einem Konsistorium den Kardinalshut erhalten. Mit den neuen Purpurträgern aus allen Erdteilen wird Franziskus das Kardinalskollegium noch bunter machen und sein Anliegen einer Dezentralisierung der Kirche unterstreichen. Hinter jedem Namen verbirgt sich eine kirchliche Persönlichkeit, die auf ein interessantes Leben und eine lange Karriere zurückblickt. Katholisch.de hat sich die Biografien der neuen Kardinäle angeschaut und sieben "Fun Facts" zur jüngsten Ernennung gefunden.

Erstmals Kardinal in den 1970er-Jahren geboren

Mit den nun ernannten Purpurträgern wird es ab August einen neuen jüngsten Kardinal geben. Bischof Giorgio Marengo wird beim Konsistorium 48 Jahre alt sein und löst damit Erzbischof Dieudonné Nzapalainga (55) aus der Zentralafrikanischen Republik als jüngstes Mitglied des Kollegiums der Kardinäle ab. Marengos Ernennung stellt sogar einen weiteren Rekord auf: Erstmals wird es einen Kardinal geben, der in den 1970er-Jahren geboren wurde – 1974 ist das Geburtsjahr des italienischen Ordensmanns. Seit kurz nach seiner Priesterweihe 2001 ist Marengo in der Mongolei tätig und bekleidet seit 2020 das Amt des Apostolischen Präfekten von Ulaanbaatar, der Hauptstadt des zentralasiatischen Landes. Im gleichen Jahr wurde er von Kardinal Luis Antonio Tagle, dem Präfekten der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, zum Bischof geweiht. Eine Apostolische Präfektur ist kirchenrechtlich mit einer Diözese vergleichbar und wird in Missionsländern als Vorstufe vor der Erhebung eines Gebietes zu einem Bistum eingerichtet – sie stellt sozusagen eine Diözese auf Probe dar.

Erster Kardinal aus der Kaste der "Unberührbaren"

In Indien gilt vielerorts das Kastensystem: Menschen befinden sich aufgrund der Stellung ihrer Familie in einer bestimmten sozialen Schicht. Wer Glück hat, wird in eine der oberen Kasten geboren, wem das Schicksal nicht hold war, lebt als Angehöriger einer der unteren Schichten – und wer großes Pech hat, befindet sich außerhalb des Kastensystems. Diese Menschen gelten für gläubige Hindus, aber etwa auch für viele christliche Inder, als "Unberührbare". Sie werden mit dem Wort "Dalit" bezeichnet, das auf Sanskrit "mit Füßen getreten" bedeutet. Papst Franziskus hat nun erstmals einen Dalit zum Kardinal ernannt: Erzbischof Anthony Poola, seit 2020 Oberhirte von Hyderabad in Indien. Die katholischen Dalit setzen sich seit mehreren Jahrzehnten für ein Ende des Kastensystems in der Kirche ein. In der Vergangenheit drohten sie sogar damit, eine eigene katholische Kirche nach Dalit-Ritus zu gründen, sollte die Diskriminierung nicht aufhören. Nur etwas mehr als ein Dutzend der mehr als 200 Bischöfe Indiens gehört zu den Kastenlosen. Die Ernennung Poolas kann als Akt der Solidarität von Franziskus mit den Dalit gelten.

Bild: ©KNA/Vatican Media/Romano Siciliani

Giorgio Marengo beim Besuch bei Papst Franziskus im Vatikan.

Zwei Pfadfinder werden Kardinäle

Bei den meisten der aktuell 208 Kardinälen ist der Öffentlichkeit wohl nicht bekannt, ob sie in ihrer Kindheit oder in ihrem Dienst als Seelsorger bei einem kirchlichen Jugendverband Mitglied waren – ganz zu schweigen davon, ob es sich bei ihnen um Pfadfinder handelt. Doch nun hat Franziskus gleich zwei Purpurträger ernannt, die bei der Pfadfinderbewegung aktiv waren. Zum einen handelt es sich dabei um den schon erwähnten Bischof Giorgio Marengo. Während seiner Schulzeit in Turin war das heutige Mitglied der Gemeinschaft der Consolata-Missionare bei den Pfadfindern aktiv. Außerdem praktizierte er den Fechtsport. Zum anderen handelt es sich um Arrigo Miglio, den emeritierten Erzbischof von Cagliari. Miglio wird beim Konsistorium im August bereits 80 Jahre alt sein und gehört damit zu den zukünftigen Kardinälen, die bei einem Konklave nicht mehr den Papst wählen können. Der ehemalige Oberhirte der Hauptstadt Sardiniens war von 1990 bis 1997 der nationale Kurat des Verbands der katholischen Pfadfinderinnen und Pfadfinder in Italien. Der koedukative Verband hat heute etwa 170.000 Mitglieder und ist der größte Pfadfinderverband Italiens. In diesem Sinne: Gut Pfad!

Erste Kardinäle für mehrere Länder

Die Kardinalsernennungen von Papst Franziskus sind durch eine große Internationalität gekennzeichnet. Viele Länder erhalten Dank des argentinischen Kirchenoberhaupts den ersten Kardinal in ihrer Geschichte. Auch bei den jüngsten Nominierungen ist sich Franziskus in diesem Punkt treu geblieben. So kann sich das südamerikanischen Land Paraguay mit der Ernennung von Adalberto Martínez Flores über den ersten Purpurträger freuen. Der Erzbischof der Hauptstadt Asunción und Vorsitzende der Paraguayischen Bischofskonferenz wurde nach eigenen Angaben von der Ehrung überrascht. Doch Martínez nahm sie als "Anerkennung für den Glauben unseres katholischen Volkes" an. Genau genommen gab es jedoch schon seit 2019 einen Kardinal mit paraguayischer Staatsbürgerschaft. Es handelt sich um den spanischen Kardinal Cristóbal López Romero, der seit 2019 Erzbischof von Rabat in Marokko ist. López hatte zuvor mehrere Jahre in Paraguay gelebt und deshalb die Staatsangehörigkeit des Landes angenommen. In diesem Jahr freut sich auch Singapur über den ersten eigenen Kardinal: Mit Erzbischof William Goh Seng Chye steigt erstmals ein Singapurer in den Senat der Kirche auf. Gleiches gilt für Osttimor: Mit Erzbischof Virgílio do Carmo da Silva wird zum ersten Mal in der Geschichte des Inselstaats ein Einwohner des Landes zum Kardinal erhoben. Die Freude im Hauptstadt-Erzbistum Dili wird sicher nicht gering sein.

Ein Fußball-Seelsorger wird Kardinal

Papst Franziskus gilt als Fußball-Fan. Auch wenn das Kirchenoberhaupt die Spiele seiner Lieblingsmannschaft Atlético San Lorenzo de Almagro aus seiner Heimat nicht am Fernsehen verfolgt, so ist er doch stets gut über die Ergebnisse des Clubs informiert. Unter den neuen Purpurträgern befindet sich nun mit Fortunato Frezza der Vereinsseelsorger des AS Rom, der in dieser Woche die erstmals ausgetragene Conference League der UEFA gewann. Der 80-Jährige gehört als Kanoniker dem Kapitel von Sankt Peter an und ist damit ein Priester des Petersdoms. Frezza ist einer der beiden zukünftigen Kardinäle, die nicht die Bischofsweihe erhalten haben. In der Regel empfangen diese Priester aus Anlass ihrer Kardinalskreierung die letzte Stufe des Weihesakraments. Der AS Rom wird damit in Zukunft wohl einen Bischof zum Vereinsseelsorger haben.

Bild: ©KNA/Thomas Milz

Leonardo Ulrich Steiner, Erzbischof im brasilianischen Manaus, besitzt deutschstämmige Vorfahren.

Kein Deutscher unter den neuen Kardinälen – aber fast…

Auch wenn sich unter den neu ernannten Kardinälen kein Deutscher befindet, so gibt es doch einen zukünftigen Purpurträger, der eine sehr enge Beziehung zum deutschsprachigen Raum hat: Leonardo Ulrich Steiner, Erzbischof im brasilianischen Manaus, besitzt deutschstämmige Vorfahren. Das 13. von 16 Kindern einer Einwandererfamilie aus Deutschland gehört dem Franziskanerorden an – so wie sein Onkel Kardinal Paulo Evaristo Arns, der Erzbischof von Sao Paulo war. Dieser spendete ihm auch 2005 die Bischofsweihe. 2019 ernannte Papst Franziskus Steiner zum Oberhirten von Manaus in der Amazonasregion. Obwohl er Brasilianer ist, kennt Steiner Deutschland sehr gut: Seit 1997 übernahm er immer wieder Urlaubsvertretungen im Oldenburger Münsterland. Auf Vermittlung des späteren Amazonasbischofs Johannes Bahlmann kümmerte er sich bis 2003 mehrere Jahre in den Sommermonaten um Kirchengemeinden im Offizialatsbezirk Vechta, der zum Bistum Münster gehört. Noch heute hält Steiner Kontakt nach Deutschland, etwa zum damaligen Weihbischof in Vechta und heutigen Oberhirten von Dresden-Meißen, Bischof Heinrich Timmerevers.

Ein "Eiskunstläufer" als künftiger Kardinal?

Wer hätte das gedacht: Der Präfekt der vatikanischen Gottesdienstkongregation und künftige Kardinal Erzbischof Arthur Roche war in seiner Jugend ein erfolgreicher Eiskunstläufer. Das konnte man jedenfalls bis vor kurzem im englischsprachigen Wikipedia-Eintrag zu Roche lesen. Auch wenn natürlich ein Kurienerzbischof eine bewegte Vergangenheit mit ungewöhnlichen Hobbys haben kann, stellt sich doch die Frage, ob diese Angabe wirklich zutreffend ist. Einer näheren Überprüfung hält die für einen späteren Kardinal doch sehr ausgefallene Sportart jedenfalls nicht Stand. Der englische Journalist Damian Thompson scheint Roches Karriere als Eiskunstläufer vor einigen Jahren kurzerhand erfunden zu haben, um sich über den heutzutage eher behäbig wirkenden Erzbischof lustig zu machen. Im Hintergrund stehen wohl Auseinandersetzungen um die überlieferte Form des lateinischen Ritus, die sogenannte "Alte Messe". Nach seiner Ernennung zum Präfekten der Gottesdienstkongregation im vergangenen Jahr setzte sich der aus Großbritannien stammende Erzbischof tatsächlich für die weitgehende Einschränkung der tridentinischen Liturgie ein.

Von Roland Müller

31.05.2022, 19 Uhr: Ergänzt um weitere Informationen zu Kardinal López und den Wikipedia-Eintrag von Erzbischof Roche.