Schwester Yvonne Reungoat nennt Kriterien für gute Hirten

Neue Frau im Bischofsdikasterium erwartet von Bischöfen Synodalität

Veröffentlicht am 14.07.2022 um 11:55 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Die französische Don-Bosco-Schwester Yvonne Reungoat ist eine der drei Frauen, die erstmals in das Bischofsdikasterium berufen wurden. Sie spricht über ihre Anforderungen an Bischöfe – und verrät, wie sie von ihrem neuen Amt erfahren hat.

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Die neu in das Bischofsdikasterium berufene Schwester Yvonne Reungoat erwartet von neuen Bischöfen missionarischen Geist und große Offenheit. In einem Interview mit "Vatican News" sagte die Ordensfrau am Donnerstag nach ihrer überraschenden Ernennung am Vortag, dass ein Bischof "ein Seelsorger, ein Priester, der in seiner Lebensweise die Fähigkeit zeigt, den Menschen nahe zu sein, zuzuhören, sie zu begleiten und alle Berufungen in seiner Ortskirche einzubeziehen", sein müsse. Daher halte sie auch den Weg der Synodalität, den die Kirche eingeschlagen hat, für besonders wichtig: "Ein Hirte ist sich seiner Verantwortung bewusst, aber gleichzeitig hört er auch auf die Welt außerhalb der Kirche. Denn die Kirche existiert nicht für sich selbst, sie existiert für die Welt, für alle Menschen guten Willens. Er muss also einen missionarischen Geist haben, der von großer Offenheit geprägt ist", so Reungoat.

Wichtig sei ihr das gegenseitige Zuhören. "Wir bilden uns sogar gegenseitig aus. Ich denke, man kann kein Hirte sein, ohne zuerst zuzuhören und sich, ich würde sagen, von den Menschen, von der Basis lehren und führen zu lassen", betonte die Ordensfrau. Ohne diese Grundeinstellung bestehe die Gefahr, "dass man die Gebäude von oben nach unten baut und nicht das Fundament für die Evangelisierung legt". Reungoat würdigte die an Pfingsten in Kraft getretene Kurienreform und die Möglichkeit für Frauen und Laien, Führungsverantwortung an der Kurie zu übernehmen, als Zeichen einer Mentalität und eines Geistes, "der den Papst im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils leitet und der sich allmählich verwirklicht".

Überrascht von der Berufung

Reungoat gehört zu den drei Frauen, die am Mittwoch von Papst Franziskus als erste weibliche Mitglieder des Bischofsdikasteriums berufen wurden, und wird daher künftig an der Auswahl neuer Bischöfe mitwirken. Die Don-Bosco-Schwester sei von ihrer Ernennung überrascht worden und habe durch erste Glückwünsche zu ihrer Berufung davon erfahren. "Ich hatte gesehen, dass der Papst von dieser Absicht sprach und hielt dies für eine gute Nachricht, aber ich hatte überhaupt nicht daran gedacht, dass ich dabei sein könnte", berichtete sie.

Die 77-jährige Französin ist seit 2018 Vorsitzende der italienischen Ordensoberinnenkonferenz, von 2008 bis 2019 war sie Generaloberin der Don-Bosco-Schwestern. Im Orden war sie zunächst Lehrerin an einer Berufsschule. Anschließend übernahm sie verschiedene Leitungsämter im Orden und leitete von 1983 bis 1989 die französische Provinz "Sacro Cuore" sowie in den 1990er-Jahren als erste Provinzoberin die neugegründete Provinz "Madre di Dio" mit Sitz in der Republik Côte d’Ivoire. 2019 wurde sie zum Mitglied des heutigen Ordensdikasteriums berufen.

Zusammen mit Reungoat wurden die Franziskanerin Raffaella Petrini und die Präsidentin der Weltunion katholischer Frauenverbände (WUCWO), Maria Lia Zervino, als Mitglieder des Bischofsdikasteriums berufen. Das Dikasterium für die Bischöfe ist zuständig für alle Angelegenheiten, die Bischöfe betreffen. Dazu gehört auch die Beratung des Papstes bei der Ernennung neuer Bischöfe. Der Behörde steht seit 2010 der kanadische Kurienkardinal Marc Ouellet vor. (fxn)