Kluges und Nachdenkliches

Sie wollten hören, was die katholischen und evangelischen CSU-Urgesteine auf Einladung der Fraktion zu sagen hatten - das war Kluges und Nachdenkliches. Bis 2008 hatte Glück über 30 Jahre dem Landtag angehört, unter anderem als Fraktionsvorsitzender und Präsident. Vordenker seiner Partei wurde er genannt. Einer, der sich Gedanken über den Tag hinaus macht, ist der 73-Jährige auch als Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) geblieben.
Alois Glück zitiert Papst Franziskus
Reine Idealisten sind ihm suspekt, doch politisches Handeln macht für ihn einen wesentlichen Teil der christlichen Existenz aus. "Geht hinaus an die Ränder", zitierte Glück Papst Franziskus. Das gelte gerade für eine säkulare und offene Gesellschaft.
ZdK-Präsident Alois Glück.
Als Rüstzeug brauche ein Politiker neben einem inneren Kompass wie der christlichen Spiritualität auch Sachkompetenz, so Glück. Nur mit guten Argumenten ließen sich selbst Menschen, die keinen persönlichen Zugang mehr zu Religiösem hätten, vom christlichen Menschenbild überzeugen. Christen müssten "sachkompetente Anwälte der Würde des Menschen sein", so der CSU-Mann. Was ein Politiker aber auf alle Fälle benötige, sei Kompromissbereitschaft: "Politisches Handeln ist immer eine Abwägung." Nicht jeder Wunsch lasse sich erfüllen.
All dies konnte der Protestant Beckstein nur unterstreichen. Nach 29 Jahren wird auch er im Herbst nicht mehr für den Landtag kandidieren. Der einstige bayerische Innenminister und Ministerpräsident widmet sich dann ganz als Vizepräsident der 11. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Dabei konnte er sich einen Seitenhieb auf seine aus Wahlkampfgründen derzeit pausierende, aber durchaus geschätzte Synodenpräsidentin Kathrin Göring-Eckardt nicht verkneifen. Die Farbenlehre der EKD sei zuletzt "rosarot bis dunkelrot, pastellgrün bis tiefgrün" gewesen. "Weiß-blau war bisher ein Fremdwort."
"Evangelische Kirche stärker vom Zeitgeist geprägt"
Die evangelische Kirche sei nun einmal stärker vom Zeitgeist geprägt, betonte Beckstein. Sie mische sich ein bei Themen wie Bildung, Arbeit oder Wirtschaft. Die "soziale Marktwirtschaft" hätte es in Deutschland ohne das Gedankengut der Kirchen nicht gegeben. Überhaupt sei die erste große ökumenische Tat gewesen, dass sich in der Bundesrepublik nach dem Krieg die Unionsparteien gegründet hätten.
Erste Gespräche darüber hätten noch zu Kriegszeiten in Kloster Ettal der später von den Nazis ermordete Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer und der CSU-Begründer Josef Müller, genannt Ochsensepp, geführt.
Günther Beckstein, Vizepräses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und ehemaliger bayerischer Ministerpräsident (CSU).
"Ich bin überzeugt, Bonhoeffer wäre Gründungsmitglied der CSU geworden", sagte Beckstein, "ich weiß aber nicht, wie lange er geblieben wäre." So sehr dem überzeugten Protestanten der gesellschaftliche Einsatz seiner Kirche wichtig ist, warnt Beckstein davor, das Christsein auf die Empfehlung von Energiesparlampen zu reduzieren. Wer Freude habe am politischen Gestalten, müsse in eine Partei gehen. "Kluge Synodalbeschlüsse" könnten das nicht ersetzen. Die Kirchen sollten daher jungen Leuten Mut machen, sich parteipolitisch zu engagieren.
Glück brach eine Lanze für den Bundestag
Politik sei nicht so schmutzig, wie immer geredet werde, fügte der Franke hinzu. Auch die Wirtschaft könne schmutzig sein. "Selbst im Bereich der Kirche sind die Heiligen nur selten präsent." Glück brach eine Lanze für den Bundestag. Es gebe kein Parlament in Europa, wo der Lebensschutz so intensiv diskutiert werde wie in Deutschland. Doch gäbe es für Christen in der Politik noch viel zu tun, angesichts weltweiter Herausforderungen.
Vor- und Mitdenker wie Beckstein und Glück werden der Politik fehlen, wurde an diesem Abend klar. Umso deutlicher stellte sich dem Publikum die Frage, wer von der nachfolgenden Politikergeneration das "C" mit Leben füllt.
Von Barbara Just (KNA)