Klosterfirmen heiß begehrt

Bei einer Tagung der kirchennahen Unternehmensberatung "Solidaris" in Erfurt schätzte der Experte für Ordensfirmen deren Mitarbeiterzahl auf bundesweit rund 100.000 in Krankenhäusern und Schulen, Hotels und Brauereien sowie land- und forstwirtschaftlichen Betrieben. Das Spektrum reicht von der Hostienbäckerei einer Klosterschwester bis zur Hospitalgesellschaft mit mehreren tausend Beschäftigten.
"Gutes aus dem Kloster" ist gefragter denn je, die Ordensschulen verzeichnen trotz des Missbrauchsskandals eine rege Nachfrage, und die Wartelisten der kirchlichen Pflegeheime sind lang, wie der frühere Ökonom der damaligen Bayerischen Franziskanerprovinz aufzählte. Rieger sprach gar von "idealen unternehmerischen Bedingungen" im Rahmen der Marktwirtschaft. Zudem wächst das Bewusstsein für eine moderne Öffentlichkeitsarbeit im Zeitalter von Facebook und Twitter, wie der Geschäftsführer der Münchner Don-Bosco-Medien GmbH, Salesianerpater Alfons Friedrich, betonte.
Große Handlungsspielräume trotz Nachwuchsprobleme
Dennoch konstatierte Rieger auch "lähmende Resignation und destruktive Lethargie" in manchen Gemeinschaften. Grund ist der anhaltend schwache Nachwuchs. In den vergangenen 90 Jahren sank die Zahl der Ordensfrauen in Deutschland von rund 70.000 auf 20.000, bei den Ordensmännern halbierte sie sich in diesem Zeitraum auf 4.700.
Weinlese im Benediktinerinnenkloster Eibingen bei Rüdesheim im Rheingau: Eine Schwester beim Ernten der Trauben.
Überdies ist mehr als die Hälfte von ihnen über 65 Jahre alt. So fragen sich viele Konvente, wie es auch mit ihren teilweise traditionsreichen ökonomischen Aktivitäten weitergeht. "Stürmische Zeiten für Ordensgemeinschaften?", lautete denn auch auch der Titel der Veranstaltung.
Trotz aller "Krisenstimmung" riet Rieger seinen über 200 Zuhörern dazu, "Bewährtes nicht vorschnell über Bord zu werfen". Auch unter den gegenwärtigen Bedingungen haben die Orden nach seiner Einschätzung noch "beträchtliche Handlungsspielräume" mit Blick auf ihre unternehmerischen Aktivitäten. Als Maßstäbe für eine Weiterführung führte er an, ob sie rentabel sowie mit der religiösen Zielsetzung der jeweiligen Ordensgemeinschaft vereinbar sind.
Externe Mitarbeiter auch auf Leitungsebene
In vielen Fällen haben Ordensunternehmen jedoch nur dann eine Zukunft, wenn sie externe Mitarbeiter auch auf der Leitungsebene akzeptieren, wie Regina Steinbiller betonte. Dann seien klare Vereinbarungen über Rechte und Pflichten von Geschäftsführung und Eigentümern notwendig, so die Geschäftsführerin der Wiener Unitas-Solidaris-Wirtschaftstreuhandgesellschaft.
Aus praktischer Erfahrung riet sie nachdrücklich dazu, mit professioneller Hilfe nach fachlich kompetentem Personal zu suchen, anstatt nur nach Kriterien wie langjähriger Bekanntschaft oder Sympathie zu entscheiden. Zudem entbinde ein Rückzug aus dem Tagesgeschäft die Eigentümer von Ordensunternehmen nicht von der Verantwortung für strategische Entscheidungen, schrieb sie ihren Zuhörern ins Stammbuch. "Wenn Sie davor zurückschrecken, rate ich Ihnen, ihr Unternehmen besser ganz aufzugeben", empfahl Steinbiller.
Ungeachtet der Trägerstrukturen warnte der Erfurter Altbischof Joachim Wanke vor "falscher Zurückhaltung" mit Blick auf das christliche Profil von Einrichtungen kirchlicher Träger. "Wenn die Situation danach ist", sollten die Mitarbeiter etwa konfessioneller Krankenhäuser "auf einfühlsame Weise Gott zur Sprache bringen", mahnte er. Bei der Prägung der Unternehmen könnten Mitarbeiter anderer christlicher Konfessionen und auch solche ohne religiöses Bekenntnis "Koalitionspartner" sein, zeigte sich der langjährige Bischof des Bistums Erfurt gewiss.
Von Gregor Krumpholz (KNA)