Religiöse Anspielungen in Liedtexten

Von Plagen und Judas' Verrat: Songs mit (versteckten) Bibel-Bezügen

Veröffentlicht am 16.04.2023 um 12:00 Uhr – Von Matthias Altmann – Lesedauer: 

Bonn ‐ Was haben Metallica, U2 und Lenny Kravitz gemeinsam? Es sind nicht nur Rock-Legenden – sie haben auch die Heilige Schrift als Inspirationsquelle für einige ihrer Songs benutzt oder spielen darin auf Themen des christlichen Glaubens an. Katholisch.de präsentiert eine kleine Auswahl.

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"Halleluja" von Leonard Cohen oder "Turn! Turn! Turn!" von den Byrds: Der religiöse beziehungsweise biblische Bezug dieser Welthits ist hinlänglich bekannt. Doch darüber hinaus gibt es auch von anderen Rock- und Pop-Schwergewichten Songs, die mit biblischen Bezügen spielen – was sich oft erst bei genauerem Hinhören feststellen lässt. Wir haben eine Auswahl solcher Songs zusammengestellt, die – zugegebenermaßen – sehr vom Musikgeschmack des Autors beeinflusst ist.

"Creeping Death" – Metallica

Heavy-Metal-Bands haben eine Vorliebe für religiöse oder biblische Bezüge. Metallica liefert genügend Beweise für diese These. So handelt beispielsweise ihr Song „Creeping Death“ aus dem Album „Ride the Lightning“ (1984) von den zehn Plagen, die laut dem Buch Exodus das Land Ägypten heimsuchten, damit der Pharao das israelitische Volk in die Freiheit entlässt. Die Inspiration für dieses Lied holte sich die Band, als sie sich gemeinsam den Spielfilm-Klassiker „Die zehn Gebote“ ansah. Während einer Szene sagte der Bassist Cliff Burton: „Wow, it’s like creeping death!“ („Wow, das ist wie der schleichende Tod!“). Der Titel des Songs bezeichnet die zehnte Plage, in der der Tod jedes erstgeborenen Sohnes angeordnet wird. Im Text werden die erste und die neunte Plage explizit erwähnt: Die erste Plage verwandelte das Wasser des Nil in Blut (Ex 7,20), die neunte Plage brachte drei Tage Dunkelheit (Ex 10,21).

"Slaves, Hebrews, born to serve the pharaoh / Heed to his every word, live in fear / So let it be written, so let it be done / To kill the first-born pharaoh son / I'm Creeping Death." (Übersetzt etwa: Sklaven, Hebräer, geboren, um dem Pharao zu dienen / Hört auf sein Wort, lebt in Angst / So sei es geschrieben, so geschehe es / Den erstgeborenen Pharao-Sohn zu töten / Ich bin der schleichende Tod.)

Bild: ©picture alliance / Photoshot (Archivbild)

Die Metal-Band Metallica mit Frontmann James Hetfield.

"Take Up Thy Stethoscope and Walk" – Pink Floyd

Ein psychodelischer Rock-Song der späten 1960er Jahre mit ziemlich wenig Text: Das ist "Take Up Thy Stethoscope and Walk" (englisch für "Nimm dein Stethoskop und geh") von Pink Floyd. Das Lied erschien auf ihrem ersten Studioalbum "The Piper at the Gates of Dawn aus dem Jahr 1967. Es handelt von einem bettlägerigen Patienten, der zu seinem Arzt spricht und über Schmerzen klagt. Der Titel ist an eine Textstelle aus dem Johannesevangelium angelehnt, in der Jesus einen Kranken heilt: "Da sagte Jesus zu ihm: Steh auf, nimm deine Bahre und geh!" (im Englischen: "Jesus saith, Rise, take up thy bed, and walk"; Joh 5,8).

"The Calling" – The Killers

Die US-Band The Killers war gerade im Studio am Werk, als Frontmann Brandon Flowers vom Hineinlehnen ins Licht ("leaning into the light") sprach. Bassist Mark Stoermer fiel dazu sofort das Caravaggio-Gemälde "Die Berufung des heiligen Matthäus" ein, das er sich einige Tage davor angesehen hatte. Das Barock-Werk ist vor allem wegen seiner Lichtführung weltberühmt: Caravaggio lässt einen Lichtstrahl direkt auf Matthäus fallen, um damit seine Berufung durch Jesus zu verdeutlichen. So wurde das Bild zum Ausgangspunkt für das Lied "The Calling" (Die Berufung"), das auf dem Album "Wonderful World" (2017) veröffentlicht wurde. Am Beginn liest Schauspieler Woody Harrelson sogar die entsprechende Stelle aus dem Matthäus-Evangelium vor (Mt 9,10-12). Und auch die Zeile "leaning into the light" hat es in den Text geschafft.

Der Song selbst dreht sich jedoch um ein anderes Thema: Es geht um einen Sohn, der in seine Heimatstadt zurückkehrt, um seinen Vater zurechtzuweisen. Doch in der ersten Strophe betont der Protagonist, er habe "die letzten beiden Kapitel von Matthäus in der Hand". Im deutschen Sprachgebrauch könnte man sagen, für ihn ist "Matthäi am letzten": Seine Geduld – mit dem Vater – ist zu Ende.

"Until the End of the World" – U2

Dass U2 – eine Band aus dem katholischen Irland – in ihren Liedern regelmäßig christliche Bezüge mehr oder weniger offensichtlich durchscheinen lässt, ist allgemein bekannt. In "Until the End of The World" aus dem Album "Achtung Baby" (1991) wagt sich Frontmann Bono an die Beziehung zwischen Jesus und Judas Iskariot. Der Text ist eine Art Monolog von Judas. In der ersten Strophe geht es um das Letzte Abendmahl: “We ate the food, we drank the wine / Everybody having a good time / Except you / You were talking about the end of the world” (Wir aßen das Essen, wir tranken den Wein / Alle hatten eine gute Zeit / Außer dir / Du hast über das Ende der Welt geredet). In der zweiten Strophe geht es um den Kuss-Verrat im Garten Getsemani: "I kissed your lips and broke your heart / You / You were acting like it was the end of the world" (Ich habe deine Lippen geküsst und dein Herz gebrochen / Du / Du hast so getan, als wäre es das Ende der Welt). In der dritten und letzten Strophe geht es schließlich um Judas' Selbstmord, nachdem er von Schuldgefühlen und Traurigkeit überwältigt worden ist: "I reached out for the one I tried to destroy / You, you said you'd wait / 'Til the end of the world” (Ich griff nach dem, den ich zu zerstören versuchte / Du, du sagtest, du würdest warten / Bis zum Ende der Welt).

Bild: ©picture-alliance / akg-images / Rabatti - Domingie

Das Gemälde "Berufung des Matthäus" des berühmten Barock-Künstlers Caravaggio inspitierte die US-Band "The Killers" zu einem Song.

"The Writing on the Wall" – Iron Maiden

Im Englischen steht der Ausdruck "Writing on the Wall" (Schrift an der Wand) für eine Vorahnung von Unheil oder Unglück. Er geht zurück auf die Geschichte vom Gastmahl des Belsazar im Buch Daniel (Dan 5): Belsazar, König von Babylon, feierte ein rauschendes Fest, wobei er Gefäße auffahren ließ, die sein Vater Nebukadnezar aus dem Tempel von Jerusalem geraubt hatte. Eine geheimnisvolle Schrift an der Wand seines Palastes kündigt ihm seinen nahen Tod und den Untergang seines Reichs an. Dieses Motiv greifen die englischen Heavy-Metal-Legenden Iron Maiden in ihrem Song "The Writing on the Wall" aus dem Jahr 2021 auf. In dem Song geht es um globale Krisen, die für die Zukunft der Welt nicht Gutes verheißen. Im Refrain heißt es: "Have you seen the writing on the wall?"

"Are You Gonna Go My Way"– Lenny Kravitz

"I was born long ago / I am the chosen, I’m the one/ I have come to save the day / And I won’t leave until I’m done" (Ich bin vor langer Zeit geboren / Ich bin der Auserwählte, Ich bin der Eine / Ich bin gekommen, um euch zu retten / Und werde nicht gehen, bevor ich fertig bin).

Jesus ist "der ultimative Rockstar", sagte Lenny Kravitz einst. In "Are You Gonna Go My Way" (Willst du meinen Weg gehen?), dem ersten veröffentlichten Song aus seinen gleichnamigen dritten Studioalbum (1993), singt Kravitz aus der Perspektive Jesu, der gewissermaßen nach Jüngern oder Nachahmern sucht, die ihn auf seinem Weg der Liebe begleiten: "But what I really want to know is / Are you gonna go my way? / And I got to, got to know“ (Was ich aber wirklich wissen möchte ist: / Wirst Du mich auf meinem Weg begleiten? / Ich muss es wirklich wissen).

In vielen Pop- und Rocksongs steckt eine Botschaft, manchmal sogar eine sehr biblische. Denn das Buch der Bücher ist nicht nur Richtschnur für Gläubige, sondern auch eine große Inspirationsquelle für Künstler aller Art. Ihre Sprach- und Bilderwelt ist ein großer Schatz, den auch Musiker immer wieder versuchen, zu heben.

Von Matthias Altmann