Christen sollten sich auf den Reichtum im eigenen Haus besinnen

Steffensky: Kirche braucht keine Arroganz, aber sie braucht Stolz

Veröffentlicht am 26.11.2023 um 09:00 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ "Wäre ich jünger, viel jünger, würde ich diesen Befund als Chance nehmen": Der Theologe Fulbert Steffensky sieht den gesunkenen Einfluss der Kirchen gelassen. Mit Blick auf den Missbrauch in der Kirche plädiert er für eine differenzierte Sicht.

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Der Theologe und Religionspädagoge Fulbert Steffensky sieht den gesunkenen Einfluss der Kirchen gelassen. "Wäre ich jünger, viel jünger, würde ich diesen Befund als Chance nehmen, als Gnade, sich auf seine Wurzeln zu besinnen", sagte Steffensky in einem am Wochenende veröffentlichten Interview der "taz".  Es sei an der Zeit, dass Christinnen und Christen sich "auf die Schönheit und den Reichtum im eigenen Haus" besännen. Es gebe nicht viele Gruppen, die so etwas wie die Bergpredigt im Gepäck hätten. "Diese Kirche braucht keine Arroganz, aber sie braucht Stolz", sagte der Theologe.

Mit Blick auf den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche warb Steffensky für eine differenzierte Sicht: "Alle Untaten müssen aus dem Zwielicht ins Licht gerückt werden. Aber meine Sorge ist, dass vor allem der Katholizismus nur noch mit Missbrauch verbunden wird." Der Katholizismus sei reich an Symbolen, Geschichten, an Gesten und gemeinschaftsstiftenden Bildern – "das soll nicht unterschlagen werden".

"Wünsche mir Kirche, die Einfluss will, aber auf Macht verzichtet"

Auf die Frage, welche Kirche er sich selbst wünsche, sagte Steffensky in dem Interview: "Keine, aus der heraus ein Petersdom geschaffen würde." Er wünsche sich eine Kirche, "die Einfluss will, aber auf Macht verzichtet, eine Kirche, die sich nicht gegen andere positioniert, sondern die Mitspielerin sei im großen Spiel um die Gerechtigkeit und Freiheit; eine Kirche, die fähig ist, den Namen Gottes zu nennen und auszulegen".

Steffensky wurde 1933 in Rehlingen im Saarland geboren. Nach der Schule studierte er katholische und evangelische Theologie und lebte ab 1954 als Benediktinermönch in der Abtei Maria Laach. 1966 lernte er seine spätere Frau, die evangelische Theologin Dorothee Sölle (1929-2003) kennen, verließ das Kloster und trat 1969 in die evangelische Kirche über. Von 1975 bis zu seiner Emeritierung 1998 war Steffensky Professor für Religionspädagogik in Hamburg. Heute lebt er mit seiner zweiten Frau, der katholischen Theologin Li Hangartner, in der Schweiz. 2013 erhielt er den ökumenischen Predigtpreis für sein Lebenswerk. (stz)