Höchstes Gremium der syro-malabarischen Kirche einberufen

Großerzbischof will Liturgiestreit mit Sondersynode beilegen

Veröffentlicht am 04.06.2024 um 15:34 Uhr – Lesedauer: 

Kochi ‐ In den verfahrenen syro-malabarischen Konflikt um die Form der heiligen Messe kommt Bewegung: Großerzbischof Raphael Thatill hat eine Sondersitzung der Synode einberufen. Einziges Thema: der Liturgiestreit.

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Der syro-malabarische Großerzbischof Raphael Thatill hat die Synode seiner Kirche zu einer Sondersitzung zur Beratung über den Streit um die Liturgieform einberufen. Die Bischöfe wurden gestern von Thatill über die Einberufung der Synode am 14. Juni informiert, teilte die syro-malabarische Kirche am Dienstag mit. Einziges Thema des auf zwei Stunden angesetzten Treffens seien "Fragen im Zusammenhang mit der Durchführung der Einheitlichen Heiligen Messe in der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly". In der Erzdiözese gibt es seit Jahren teils gewalttätige Proteste gegen die von der Synode beschlossene Liturgieform. Weitere Informationen zu den geplanten Beratungen teilte die katholische Ostkirche nicht mit.

Trotz der Proteste zeigte sich Thatill zuletzt optimistisch, dass der Streit um die Liturgie der syro-malabarischen Kirche durch gütliche Gespräche und freundschaftliche Annäherung zwischen den Streitparteien beigelegt werden kann. Die Kontroverse sei vor allem in den Medien übertrieben hochgekocht worden, sagte er vor zwei Wochen in einem Interview. Die Konflikte seien aus einer Mischung von Egoismus und Emotionen entstanden, hielten sich aber in Grenzen: "Wir haben 35 Diözesen und niemand erwähnt, dass 34 Diözesen dieser Entscheidung gefolgt sind. Es gibt ein paar Schwierigkeiten bei der Umsetzung in der Erzdiözese Ernakulam, der größten Diözese und der wichtigsten Stadt von Kerala."

Synode ist höchstes beschlussfassendes Organ

Anders als die Westkirche werden die katholischen Ostkirchen in der Regel nicht durch ihren obersten Bischof allein, sondern durch Synoden geleitet, deren Beschlüsse verbindlich sind. Der Synode der syro-malabarischen Kirche gehören die Bischöfe ihrer 35 Diözesen an. Der Liturgiestreit spaltet die syro-malabarische Kirche seit Jahrzehnten und ist seit dem Beschluss der Synode im Jahr 2021, eine einheitliche Liturgie einzuführen, noch weiter eskaliert. Die Gegner der Liturgiereform wollen eine durchgehende Feier versus populum, also dem Volk zugewandt. Die einheitliche Form sieht vor, dass der Wortgottesdienst dem Volk zugewandt und der eucharistische Gottesdienst zum Altar hin gefeiert wird.

Laut den protestierenden Priestern würde eine Veränderung der seit 50 Jahren etablierten Liturgie in ihren Gemeinden nicht akzeptiert. Die Gegner der Liturgiereform haben jüngst den Vorschlag eingebracht, das Großerzbistum Ernakulam-Angamaly vom Rest der syro-malabarischen Kirche abzutrennen und es als neue mit Rom verbundene Kirche eigenen Rechts zu errichten. Mehrmals hat Papst Franziskus die protestierenden Gläubigen zum Einlenken und zu Gehorsam und Gemeinschaft mit der Kirche aufgefordert, zuletzt Mitte Mai anlässlich des Besuchs einer syro-malabarischen Delegation unter Leitung des Großerzbischofs im Vatikan.

Die syro-malabarische Kirche im Südwesten Indiens ist die größte der heutigen Kirchen und Gemeinschaften der Thomaschristen, die im 1. Jahrhundert durch den Apostel Thomas auf seinen Missionsreisen gegründet worden sein soll. Durch Verbindungen zur Assyrischen Kirche des Ostens feiert sie ihre Liturgie im ostsyrischen Ritus. Im Zuge der portugiesischen Kolonialisierung wurden die Thomaschristen zur Übernahme westlicher Formen und Hierarchien gezwungen und zerbrachen in mehrere Kirchen. (fxn)