Leo XIV. vor Papstwahl: Franziskus hinterließ reiches Erbe
Wenige Tage vor seiner Wahl zum Papst und unmittelbar nach dem Tod von Franziskus hat Leo XIV. in einem Interview seine tiefe persönliche Wertschätzung für seinen Vorgänger ausgedrückt. Kardinal Robert Francis Prevost, vormals Leiter des vatikanischen Bischofsdikasterium, würdigte darin das geistliche Erbe von Franziskus, seine pastorale Nähe zu den Armen und seine unermüdliche Hingabe an die Kirche, wie aus einem in der spanischsprachigen Seite des Portals "Vatican News" veröffentlichten Bericht (Donnerstagabend) hervorgeht.
Erstmals begegnet war Prevost dem damaligen Erzbischof Jorge Mario Bergoglio demnach kurz nach der Jahrhundertwende; er selbst war damals Generalprior des Augustinerordens. "Ich hatte immer den Eindruck, es mit einem Mann zu tun zu haben, der das Evangelium authentisch und konsequent leben wollte", erklärte der neue Papst. Der Kontakt zwischen den beiden intensivierte sich mit der Papstwahl Bergoglios 2013.
Franziskus erinnerte sich und kam
Noch im selben Jahr lud Prevost als Generalprior Franziskus ein, die Eröffnungsmesse des Generalkapitels der Augustiner am 28. August zu feiern. "Zur Überraschung aller" habe der Papst die Einladung angenommen. Ein zentrales Thema der Erinnerungen Prevosts an Franziskus war die "Nähe des Papstes zu den Armen und Leidenden". Als Bischof von Chiclayo in Peru habe er regelmäßig Audienzen mit ihm gehabt. "Er fragte mich: 'Wie geht es dir? Wie laufen die Dinge?'" Franziskus habe sich stets um die Menschen in Peru gesorgt.
Besonders bewegend sei eine Begegnung während seiner Peru-Reise 2018 gewesen, als eine 99-jährige blinde Frau aus Prevosts Diözese eigens nach Trujillo reiste, um Franziskus zu erleben. "Er stieg aus dem Wagen und begrüßte sie." Für Prevost zeigten solche Gesten, "in seiner wunderschönen Menschlichkeit", dass der verstorbene Papst das Evangelium nicht nur verkünden, sondern "leben und weitergeben" wollte. Die Freude des Evangeliums sei ein Leitmotiv der Amtszeit von Franziskus gewesen.
Notwendigkeit, die Kirche immer zu erneuern
Auch das Engagement von Franziskus' für Migranten hob Prevost hervor. Vom ersten Besuch in Lampedusa bis hin zu seinem letzten Brief an die US-Bischöfe im Februar über die Notwendigkeit, "den Leidenden nahe zu sein und das Herz Jesu Christi zu haben", habe Franziskus kontinuierlich Zeichen der Solidarität gesetzt. Besonders eindrucksvoll sei sein letzter Besuch im Gefängnis Regina Coeli am Gründonnerstag gewesen – trotz gesundheitlicher Probleme. "Ein Geste, die alles sagt: sein Wunsch, auch unter Schmerzen, bei den Gefangenen zu sein, ihnen Nähe und Liebe zu zeigen."
Franziskus habe ihn oft mit einem Lächeln erinnert: "Verliere nicht den Sinn für Humor, du musst lächeln." Wiederholt habe er auf ein Gebet des heiligen Thomas Morus verwiesen, um Mut und Zuversicht in Zeiten großer Verantwortung zu vermitteln. Auch das Thema der Kirchenreform war für Prevost zentral im Verständnis von Franziskus' Pontifikat: "Er hat uns allen diesen Geist vermittelt, weiterzumachen mit dem, was mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil begann – die Notwendigkeit, die Kirche immer zu erneuern." Die Kirche dürfe sich nicht zurücklehnen, nicht stehen bleiben. (KNA)