Die Kutte macht weder Mönch noch Nonne

Mönche und andere Ordensleute: Warum Leo kein Augustinermönch ist

Veröffentlicht am 22.05.2025 um 00:01 Uhr – Von Felix Neumann – Lesedauer: 

Bonn/Kornelimünster ‐ Die Welt der Orden ist bunt: Es gibt Benediktiner, Augustiner, Jesuiten und viele weitere Gemeinschaften. Alle sind Ordensleute – doch ob unter der Kutte tatsächlich ein Mönch oder eine Nonne steckt, ist nicht immer ganz einfach herauszufinden.

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"Mönchlein, Mönchlein, du gehst einen schweren Gang", soll der Landsknechtführer Georg von Frundsberg Martin Luther beim Reichstag zu Worms zugerufen haben – der Satz ist sprichwörtlich geworden. Vor Papst Leo XIV. dürfte Luther der bekannteste Augustiner gewesen sein. Und wahrscheinlich liegt es auch an Luther, der immer wieder so bezeichnet wurde, dass nach der Papstwahl in vielen Medien vom "Augustinermönch" Leo zu lesen war. Nur: Mönche waren weder Luther noch Leo. "Das war damals wie heute eine umgangssprachliche Bezeichnung", erläutert Frater Daniel Tibi, der als Benediktiner tatsächlich Mönch ist. Der Augustinerorden ist ein Bettelorden. "Angehörige von Bettelorden sind ganz klar keine Mönche", betont Tibi, der an der Universität Bonn Kirchenrecht lehrt und zum Ordensrecht forscht.

Denn nicht alle Ordensleute sind Mönche, selbst wenn sie in ihrem Ordensgewand Mönchen ganz ähnlich sehen: Den schwarzen Augustinerhabit, den der heutige Papst als Pater Robert Prevost getragen hat, kann man leicht mit dem schwarzen Benediktinerhabit verwechseln, den Frater Daniel trägt. Hier stimmt das Sprichwort: Die Kutte macht nicht den Mönch. Aber was dann? "Ein Mönch ist ein männlicher Religiose, der Mitglied eines monastischen Ordens ist", erklärt Tibi. "Religiose" ist der Oberbegriff für Ordensleute. Monastische Orden sind vor allem die Orden der benediktinischen Familie. Das Wort "monastisch" leitet sich vom griechischen Wort für "Mönch" ab, "monasterium" ist das lateinische Wort für Kloster. "Monastische Orden" sind also wörtlich "Mönchsorden". Neben den Benediktinern selbst gehören zur benediktinischen Familie etwa Zisterzienser und Trappisten sowie kleinere Orden wie die Kamaldulenser.

Frater Daniel Tibi im schwarzen Benediktiner-Habit
Bild: ©Abtei Kornelimüster (Archivbild)

Frater Daniel Tibi ist Benediktiner der Abtei Kornelimünster und damit Mönch. Der Kirchenrechtler vertritt den Lehrstuhl für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn.

Dazu kommen Orden, die andere Regeln anwenden wie die Kartäuser mit einer eigenen Regel und die Hieronymiten, die die Augustinus-Regel anwenden – wie der Orden Leos: Die Ordensregel des Augustinus ist eine Regel, die von ganz verschiedenen Gemeinschaften angewandt wird. Neben den Bettelorden der Augustiner, dem der jetzige Papst angehört, und den Dominikanern, gilt die Augustinus-Regel etwa auch bei den Augustiner-Chorherren, die weder ein Mönchsorden noch ein Bettelorden sind, sondern eine Gemeinschaft von Regularkanonikern.

Der Orden macht den Mönch

Das Mönchtum ist eine der ältesten Formen des christlichen Lebens in Gemeinschaft. Neben den Mönchen, die in monastischen Klöstern lebten und in der Regel keine Priester waren, gab es Gemeinschaften von Priestern, die nach bestimmten Regeln zusammenlebten und daher regulierte Chorherren genannt werden. Von "Orden" spricht man erst relativ spät in der Kirchengeschichte, etwa ab dem 11. Jahrhundert. Im 13. Jahrhundert kamen die Bettelorden – neben den Augustinern etwa die Franziskaner und Dominikaner – dazu, noch später, etwa ab dem 16. Jahrhundert, dann die Regularkleriker, insbesondere die Jesuiten. "Als Mönche wurden und werden aber durchgängig nur die Mitglieder der monastischen Orden bezeichnet", betont Tibi.

Gruppenbild der Provinzleitung der deutschen Augustinerprovinz, 2007
Bild: ©Provinzarchiv der deutschen Augustiner, Würzburg (Archivbild)

In ihrem schwarzen Habit könnte man die Augustiner mit Benediktinern verwechseln. (Hier die 2007 gewählte Povinzleitung der deutschen Augustinerprovinz mit dem damaligen Generalprior Robert Prevost in der Mitte.) Die Augustiner sind aber ein Bettelorden, seine Mitglieder daher keine Mönche.

Obwohl Mönchsorden eher ältere Gemeinschaften sind, können auch heute noch neue monastische Gemeinschaften entstehen – und zwar nicht nur durch die Gründung neuer Klöster alter Orden. Auch völlig neue Ordensregeln wären möglich, sagt Tibi. Wenn sich ein solcher Orden in seinen Konstitutionen als monastisch beschreibt und seine Mitglieder damit als Mönche, dann handelte es sich auch ganz offiziell und kirchenamtlich um Mönche: "Ein solcher Orden mit seiner Regel müsste kirchlich anerkannt werden, zunächst vom Diözesanbischof, und wenn der Orden wächst, gegebenenfalls vom Apostolischen Stuhl – und wenn eine Regel kirchlich anerkannt wird, in dem die Ordensangehörigen als Mönche bezeichnet werden, dann sind es Mönche."

Das Kirchenrecht definiert nicht mehr, wer Nonne ist

Weit komplizierter als bei den männlichen Ordensleuten ist es bei den weiblichen: Die Bezeichnung "Nonne" ist zwar grundsätzlich das weibliche Gegenstück zum Mönch. Ob eine Ordensfrau eine Nonne ist, ist aber nicht so eindeutig wie bei den Männern. Während alle Benediktiner Mönche sind, sind nicht alle Benediktinerinnen Nonnen – und obwohl kein Dominikaner Mönch ist, gibt es viele Dominikanerinnen (aber eben nicht alle), die Nonnen sind. Genaue Zahlenverhältnisse dazu festzustellen, ist schwierig. Die amerikanische Kirchenrechtlerin Nancy Bauer, eine Benediktinerin, geht in einem Artikel von 2019 davon aus, dass von den Benediktinerinnen 40 Prozent Nonnen und 60 Prozent Schwestern sind.

Im Kirchenrecht gibt es klare – und sehr strenge – Vorgaben, die für Nonnen und Nonnenklöster gelten. Die 2018 von Papst Franziskus (2013-2025) in Kraft gesetzten neuen Regeln für Nonnenklöster stehen deshalb stark in der Kritik. Was in der Instruktion "Cor orans" aber ebenso wie im allgemeinen Kirchenrecht fehlt, ist eine eindeutige und rechtlich verbindliche Regelung, wer Nonne ist – und damit, wer die strengen Regeln erfüllen muss. In dem Dokument heißt es, der Begriff "Nonnen" umfasse "neben den Ordensfrauen mit feierlichem Gelübde auch diejenigen, die in Klöstern einfache Gelübde ablegen, sowohl ewige als auch zeitliche", Nonnen seien "eine das Offizium im Chor betende Gemeinschaft", also eine Gemeinschaft, die zusammen das Stundengebet betet. Zugleich stehe "der rechtmäßige Begriff Nonne" aber weder im Widerspruch zu lediglich einfach abgelegten Gelübden noch zu apostolischer Tätigkeit – was wie eine Definition aussieht, bietet also keine trennscharfe Unterscheidung.

Wer ist Nonne? Es kommt drauf an

Das war nicht immer so, erklärt Tibi: "Im Codex Iuris Canonici von 1917 gab es noch eine Definition: Eine Nonne ist eine Religiose mit feierlichen Gelübden." Feierliche Gelübde legen Ordensleute in monastischen Orden, Bettelorden, bei Regularkanonikern und den Jesuiten ab. Trotz der Bezeichnung ist nicht die Form, in der sie abgelegt werden, besonders feierlich. Stattdessen wurden an feierliche Gelübde andere Rechtsfolgen als an einfache geknüpft, etwa hinsichtlich ihrer Bedeutung als Ehehindernis.

Karmelitinnen in Hamburg
Bild: ©KNA/Michael Althaus (Archivbild)

Wer Nonne ist, ist im heutigen Kirchenrecht nicht klar definiert. Die Unbeschuhten Karmelitinnen sind ein kontemplativer Orden, in dem feierliche Gelübde abgelegt werden – bei ihnen handelt es sich um Nonnen.

Mit der Reform des Kirchenrechts 1983 wurde die Unterscheidung von feierlichen und einfachen Gelübden aber weitgehend abgeschafft. Vor allem wird im neuen Kirchenrecht definiert, dass feierliche Gelübde solche sind, die von der Kirche als feierlich anerkannt sind, eine grundsätzlich rein begriffliche Unterscheidung. Der Begriff der "feierlichen Gelübde" kann damit zwar noch im Eigenrecht von Orden auftauchen, hat aber fast keine allgemeine rechtliche Bedeutung mehr: "Die alte Definition würde also ins Leere laufen." Tibi verweist auf einen Definitionsversuch, die der heutige Osnabrücker Bischof Dominicus Meier, wie Tibi Benediktiner und Kirchenrechtler, entwickelt hat: "Er schlägt vor, dass Nonnen weibliche Religiose sind, die einem monastischen Orden angehören oder zumindest einem Orden angehören, der eine Form von 'stabilitas loci' hat." Damit sind auch die Klarissen erfasst, die als Bettelorden zwar keinem monastischen Orden angehören, aber sich mit ihrer Ordensprofess an ein bestimmtes Kloster binden, dem sie ein Leben lang angehören. Ein weiteres Merkmal, das Nonnen auszeichnet, ist eine kontemplative Lebensform – allerdings ohne ein apostolisches Wirken in der Welt völlig auszuschließen. "Damit können sowohl Kartäuserinnen, die tatsächlich ein rein kontemplatives Leben führen, als auch Benediktinerinnen, die außerhalb ihres Klosters wirken, Nonnen sein", so Tibi weiter.

Trotz der fehlenden rechtlichen Definition, welche Ordensfrauen Nonnen sind, gibt es laut Tibi in der Praxis keine Unklarheiten – auch wenn es von außen oft schwierig ist, herauszufinden, ob eine Dominikanerin oder eine Benediktinerin Nonne ist oder nicht. "Im Grunde muss man immer das einzelne Ordensinstitut, den einzelnen Orden anschauen und nachlesen, was in den Konstitutionen geregelt ist. Entweder dort steht ausdrücklich, dass es sich in dem Orden um Nonnen handelt, oder man muss aus der Lebensweise und dem Selbstverständnis schließen, ob es sich um Nonnen handelt", empfiehlt der Benediktiner zur Unterscheidung.

Von Felix Neumann