Klostervorsteher: Keine Denkverbote bei Kirchenreformen
Der Vorsteher des bayerisch-schwäbischen Klosters Roggenburg ist gegen Denkverbote in Sachen Kirchenreformen. Es brauche Mut, liebgewonnene Traditionen zu hinterfragen, wenn sie nicht mehr tragfähig seien, sagte Pater Stefan Kling im ebenfalls schwäbischen Ursberg. Der Prior des Roggenburger Prämonstratenser-Klosters äußerte sich am Donnerstag im Rahmen eines Gottesdienstes zum Gedenktag seines Ordensgründers, des heiligen Norbert von Xanten. Das teilte das in Ursberg ansässige katholische Dominikus-Ringeisen-Werk am Dienstag mit.
Denkverbote dürfe es etwa im Hinblick auf den Zölibat oder neue Formen der Eucharistiefeier nicht geben, so Kling demnach weiter. Die Kirche stehe vor bedrohlich wirkenden Herausforderungen. Es gebe schrumpfende Gemeinden, Priestermangel und finanzielle Engpässe. Doch diese Herausforderungen seien eine Chance. "Sie fordern uns heraus, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Es ist nicht unsere wichtigste Aufgabe, Gebäude zu erhalten oder zu verschönern. Wir müssen 'lebendige Steine' sein", sagte der Prior.
Der Pater rief zudem zu einem dialogbereiten Umgang mit den aktuellen Herausforderungen auf. Nicht Spaltung, sondern Brückenbauen sei gefragt – im Gebet, im offenen Gespräch und im gegenseitigen Respekt. "Beteiligen wir uns als Christen bitte nicht an gegenseitigen Ausgrenzungen. Sprechen wir innerhalb der Kirche einander nicht den Glauben ab." Und weiter: "Nur gemeinsam können wir die Herausforderungen meistern, vor denen wir stehen."
Radikaler Wandel nach Blitzschlag
Kling fügte hinzu, der heilige Norbert habe nach einer Grenzerfahrung durch einen Blitzschlag sein Leben radikal geändert und sich von der macht- und besitzorientierten Amtskirche seiner Zeit distanziert. Norbert habe sich gegen kirchliche Strukturen gestellt, die mehr dem Machterhalt als dem Glauben gedient hätten.
Der Prämonstratenser übergab in dem Gottesdienst einen Knochensplitter des heiligen Norbert an die in Ursberg ansässigen Ordensschwestern der St. Josefskongregation. In Ursberg entstand 1125 die erste Niederlassung der Prämonstratenser in Süddeutschland. Wenige Jahre später wurde von dort aus das Kloster Roggenburg gegründet. Beide Klöster fielen im 19. Jahrhundert der Säkularisation zum Opfer. 1897 belebte der Priester Dominikus Ringeisen die klösterliche Tradition in Ursberg mit der Gründung der St. Josefskongregation neu; 1982 kehrten die Prämonstratenser nach Roggenburg zurück.
Das nach dem Priester benannte Dominikus-Ringeisen-Werk in Ursberg ist eine der größten Einrichtungen für Menschen mit Behinderung in Süddeutschland. Kloster Roggenburg ist ein Priorat, also eine Zweigstelle, der Prämonstratenser-Chorherren aus dem niederbayerischen Windberg. Der Roggenburger Konvent besteht aus zehn Ordensmännern. (KNA)