Nicht nur altbekannte Positionen wiederholen

Theologe: Kirche muss sich mit moderner Welt auseinandersetzen

Veröffentlicht am 06.10.2025 um 11:20 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Kirche und die moderne Welt – das ist ein Verhältnis voller Spannungen. Der Pastoraltheologe Rainer Bucher fordert aber nun: Diesen Fragen muss sich die Theologie stellen – sonst hat sie keine Zukunft.

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Der emeritierte Grazer Pastoraltheologe Rainer Bucher fordert von Kirche und Theologie eine Auseinandersetzung mit der sich ändernden Welt. "Ohne die nachholende Entwicklung in Sachen Gewaltenteilung, Sexualmoral, Klerikalismus und Geschlechtergerechtigkeit wird es keine relevante Zukunft der katholischen Kirche geben und der katholischen Theologie auch nicht", schreibt er in einem Beitrag für das Portal "Feinschwarz" am Freitag. Da etwa Menschenrechte als säkulare Varianten grundlegender christlicher Prinzipien gedeutet werden können, zerbreche die kirchliche Glaubwürdigkeit in strukturellen Selbstwidersprüchen, "wenn die Kirche menschenrechtlich massiv problematische Identitätsmarker wie die Abwertung von Frauen oder Homosexuellen oder ihren eigenen innerkirchlichen Absolutismus geradezu demonstrativ weiterführt, ja ausstellt".

In einer solchen Umbruchphase liefere eine kritische Theologie "die notwendigen Brückenargumentationen vom Bisherigen zum Zukünftigen", so Bucher weiter. Deshalb dürfe sie vor den Herausforderungen der Gegenwart nicht immer nur Bekanntes anführen. Deshalb müsse sie sich mit der Frage auseinandersetzen, "wie die Glaubensaussagen der Tradition in den heutigen, so ganz anderen Lebenszu­sammen­hängen noch Sinn und Bedeutung entwickeln können und wie umgekehrt der anonyme christliche Gehalt eben dieser spätmodernen Lebenszusammenhänge und ihrer normativen Grundlagen, etwa der Menschenrechte, identifiziert und markiert werden kann".

Nicht nur historische Akzeptanz

Es gehe um eine "sachliche und nicht nur historische Akzeptanz gesellschaftlicher Demokratisierung und Pluralisierung". Denn etwa Papst Johannes Paul II. habe die Legitimation einer Verfassungsordnung an ihrer Übereinstimmung mit der katholischen Lehre bemessen und sein Nachfolger Benedikt XVI. angesichts der modernen Gesellschaft von einer "Diktatur des Relativismus" gesprochen. Angesichts vielfältiger Bedrohungen von Freiheit und Demokratie sei die Frage relevant, wie ein "nicht nur taktisch, sondern inhaltlich vollzogener Ausgleich mit der liberalen Demokratie, ihren Freiheitsprinzipien und Menschenrechtsnormen, ihren post­traditionalen Lebensformen und ihren riskanten Existenzweisen aussehen" würde.

Ebenso müsste sich die Theologie mit den Dynamiken neuer Medien, Künstlicher Intelligenz sowie dem Kapitalismus auseinandersetzen, denn dessen "Ungerechtigkeits- und Verelendungsfolgen für jene, die auf dem Markt nicht bestehen können oder daran gehindert werden, sind wie allzu bekannt dramatisch, seine ökologischen Effekte gar potentiell apokalyptisch", so Bucher. (cph)