Theologe Stuflesser: Kirche muss auf ihre eigenen Signale hören
Die Kirche müsse lernen, ihre eigenen Signale zu hören und Synodalität als geistlichen Weg verstehen. Das betonte der Würzburger Liturgiewissenschaftler Martin Stuflesser anlässlich des 60. Jahrestags des Abschlusses des Zweiten Vatikanischen Konzils und des 50. Jahrestags des Abschlusses der Würzburger Synode in einem auf der Internetseite des Bistums Würzburg veröffentlichten Interview. Er habe sich dabei vor allem auf die Erfahrungen von Konzil und Würzburger Synode sowie das Abschlussdokument zur Weltsynode bezogen. "Also das Miteinander-eine-Frage-bearbeiten, aufeinander zu hören, die Argumente des anderen auch wirklich verstehen zu wollen, sich dafür Zeit zu lassen. Auch einmal Phasen der Stille und Beratungspausen bewusst einzuplanen."
Das alles seien Dinge, die "Standard wissenschaftlicher Kommunikation sind, wie ich sie etwa an der Uni erlebe, oder auch eigentlich Standard der mitteleuropäischen Höflichkeit", so Stuflesser weiter. Derzeit komme es vermehrt dazu, dass solche Regeln der Kommunikation und Konsensfindung in Staat und Gesellschaft "zunehmend abhanden zu kommen scheinen". Synodalität aber bedeute, so Stuflesser, Zuhören, Zeit für Beratung und Stille – "mehr Theologie, nicht weniger". Kritische Stimmen aus der Gesellschaft seien in dieser Hinsicht oft ein Spiegel der eigenen kirchlicher Botschaften: "Wir sollten einfach genauer überlegen und darauf achten: Welche Signale senden wir als Kirche eigentlich aus?"
Positive Haltung
Stuflesser hob zudem hervor, die Konzilstexte böten auch heute "spannende Impulse für das Christsein". Die neue positive Haltung etwa sei ein solcher Impuls: "Eine positiv wertschätzende Haltung schließt mit ein, dass eben da, wo besagte Zeichen der Zeit es erforderlich erscheinen lassen, die Kirche den Auftrag hat, prophetisch ihre Stimme zu erheben. Wie dies etwa Papst Leo unlängst getan hat angesichts der Deportation von Einwanderern durch die Trump-Administration in den USA", so der Würzburger Liturgiewissenschaftler.
In der Liturgie zeige sich unterdessen das Kirchenbild. Diese müsste auf Augenhöhe und mit klarer Unterscheidung der verschiedenen Aufgaben und Dienste gefeiert werden, mit Betonung auf dem Miteinander, so Stuflesser. Die Kirche wäre viel weiter, was eine einer synodalen Kirche angemessenen Feier der Liturgie betreffe, wenn es gelingen würde, in den liturgischen Räumen und in den Feiern zu zeigen, dass sich "hier wirklich zunächst einmal Gottes Volk als Gemeinschaft der Getauften versammelt". Ebenso brauche es in dieser Versammlung auch verschiedene Aufgaben, von liturgischer Leitung, Predigt, musikalischer Gestaltung, Vortrag von Lesungen bis zum Gebet. (mtr)
