Standpunkt

Goldenstein: Wenn der Schutzraum der Klausur zur Bühne wird

Veröffentlicht am 08.12.2025 um 00:01 Uhr – Von Schwester Gabriela Zinkl – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der Skandal rund um die drei Ordensschwestern von Goldenstein schmerzt Schwester Maria Gabriela Zinkl. Sie hält am Prinzip des Gehorsams fest und sieht in den Entscheidungen der Ordensleitung Fürsorge – aber keinen Verrat.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Der Fall hat alles, was ein Kirchenkrimi braucht: ein Trio von Ordensfrauen, "Ausbruch" aus dem Gefängnis alias Pflegeheim, eine Schar empörter Unterstützer und auf der anderen Seite ein strenger Prior. Die Frage der angemessenen Fürsorge für drei betagte Augustiner-Chorfrauen, die letzten ihrer Gemeinschaft, ist längst zu einem öffentlichen Politikum geworden. Hinter all dem Lärm steht eine Frage, die kaum jemand stellt: Was bedeutet Ordensleben eigentlich – und was geschieht, wenn jahrzehntelang gelebter Gehorsam plötzlich zum Konfliktfeld wird?

Ordensgehorsam ist kein blindes Empfangen von Befehlen, sondern eine geistliche Haltung, die ein größeres Wir ermöglicht. Wer jahrzehntelang so gelebt hat, weiß: Entscheidungen der Oberen sind nicht immer angenehm, aber sie gehören zum gemeinsamen Unterwegssein in der Nachfolge Jesu. Ein Denken à la "Mein Wille ist mein Königreich" und ein Festklammern an den guten alten Zeiten sind dazu kontraproduktiv.

Gerade deshalb irritiert und schmerzt, was jetzt geschieht. Obere, die sich um eine angemessene Altersversorgung bemühten, geraten unter Entmündigungsverdacht. Die Schwestern, deren Kräfte sichtbar nachlassen, werden in mediale Erwartungen hineingezogen und unfreiwillig zu Stars eines Narrativs, das im Gegensatz zu ihrem einst frei gewählten Ordensleben steht: dort inszenieren sich Unterstützer als Anwälte der Entrechteten und machen aus dem Schutzraum der Klausur eine Bühne.

Dass ein Übergang ins Alters- und Pflegeheim schwierig sein kann, ist menschlich und keineswegs außergewöhnlich. Genauso wie Verantwortliche in Familien müssen auch Ordensleitungen bisweilen unpopuläre Entscheidungen treffen, wenn sie dem Wohl der Mitglieder dienen. Das ist Fürsorge, nicht Verrat an den gemeinsamen Idealen.

Die entscheidende Frage in diesem Fall bleibt, besonders auch für uns Ordensleute: Wie gestalten wir im Alter jene Bindung weiter, die wir einst versprochen haben? Wie halten wir die Spannung zwischen persönlichem Wunsch und gemeinschaftlicher Verantwortung aus?

Gute Altenpflege widerspricht dem Ordensleben nicht. Und Gehorsam ist kein überholtes Prinzip, sondern ein Raum, in dem Gemeinschaft auch im Alter tragfähig bleibt.

Von Schwester Gabriela Zinkl

Die Autorin

Schwester Dr. Gabriela Zinkl SMCB ist Ordensschwester bei den Borromäerinnen, promovierte Theologin (Kirchenrecht) und in der Ordensleitung in Kloster Grafschaft.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.