Scheidender Chef von "Biblische Reisen" im Interview

"Suchende Reisende mitnehmen"

Veröffentlicht am 31.01.2016 um 14:00 Uhr – Von Michael Jacquemain (KNA) – Lesedauer: 
Reisen

Stuttgart  ‐ Georg Röwekamp hat 15 Jahre lang das Unternehmen "Biblische Reisen" geleitet. Zum Abschied spricht er im Interview über US-Amerikaner, die Martin Luther kennelernen wollen, und Reisen auf den Spuren des heiligen Franziskus.

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Frage: Herr Röwekamp, Ende dieser Woche scheiden Sie bei Biblische Reisen aus. Wie steht es um das Unternehmen?

Röwekamp: Natürlich bleiben die Entwicklungen im Nahen Osten für Biblische Reisen nicht folgenlos. Dennoch machen wir mit etwa 15.000 Reisenden einen Jahresumsatz von rund 25 Millionen Euro. 70 Prozent davon sind Gruppenreisen, etwa für Gemeinden, Verbände und Chöre, 20 Prozent machen die Katalogangebote für Einzelreisende aus, 10 Prozent entfallen auf Kreuzfahrten.

Frage: Wo hat sich für Sie etwas in diesem Markt verändert?

Röwekamp: Eine Herausforderung ist es, Leiter für Gruppenreisen zu finden. Das klassische Modell, bei dem der Pfarrer für seine Gemeinden eine Fahrt organisiert, funktioniert immer seltener. Den hauptamtlichen Seelsorgern fehlt es schlicht an Zeit.

Innovative Ideen kommen gut an: Wanderungen beleben die klassische Studienreise oder ermöglichen ganz neue Reisekonzepte, etwa auf den Spuren des heiligen Franziskus in Umbrien. Hinzu kommen Reisen für spezielle Zielgruppen, zum Beispiel Menschen, die gerne singen, oder Themenreisen. Unvergessen ist der Erfolg unserer Reise 'Kohlenpott und Fußballgott'. Die Älteren sind für uns als Zielgruppe nach wie vor sehr wichtig, aber angesichts der Veränderungen beim klassischen Bildungsbürgertum müssen auch andere Zielgruppen erreicht werden.

Bild: ©KNA

Georg Röwekamp war seit 1998 Theologischer Leiter und seit 2001 Geschäftsführer von "Biblische Reisen" in Stuttgart. Nun geht er als Repräsentant des Deutschen Vereins vom Heiligen Land nach Jerusalem.

Frage: Biblische Reisen machen also nach wie vor Sinn?

Röwekamp: Auf jeden Fall. Kunst und Reisen sind die Punkte, an denen Religion noch mal neu und anders in Gespräch gebracht werden kann - auch bei denen, die glauben, sie hätten mit dem Thema abgeschlossen. Es gilt, den suchenden Reisenden mitzunehmen.

Frage: Was machen Sie anders als andere?

Röwekamp: Ein Beispiel: Unsere Kreuzfahrten bezeichne ich gerne als Gesamtkunstwerk. Das beginnt mit einem geistlichen Morgenimpuls, die Ausflüge sind inhaltlich stark ausgefüllt, und wir haben kompetente Reiseleiter und Gesprächspartner an Bord.

Frage: Stark betroffen ist das Unternehmen seit Jahren durch den Nahost-Konflikt...

Röwekamp: ... und so mussten wir zwangsläufig unser Länderspektrum ändern. Nachdem Tunesien, Ägypten, Libanon und - das zweitwichtigste Reiseland - Syrien als Ziele weitgehend weggefallen sind, haben wir etwa Armenien und Iran stärker in den Blick genommen. Und wir bespielen einen für uns ganz neuen Markt: die Begleitung ausländischer Gruppen in Deutschland. Ein Thema da ist zum Beispiel das Reformationsgedenken 2017, wo etwa US-Amerikaner auf den Spuren Martin Luthers reisen wollen. Unser Know-how als Reiseplaner in diesem verwandten, aber doch anderen Bereich wird zunehmend gefragt.

„Kunst und Reisen sind die Punkte, an denen Religion noch mal neu und anders in Gespräch gebracht werden kann.“

—  Zitat: Georg Röwekamp

Frage: Welche Auswirkungen hatte der Hype, den Hape Kerkeling mit seinem Pilgerbuch zum Jakobsweg ausgelöst hat, für Ihre Reise-Angebote?

Röwekamp: Eher indirekte. Zwar ist das Pilgern jetzt sein Image als verstaubte kirchliche Angelegenheit los, aber das Pilgern in Form der Gruppenreise gilt seitdem als wenig authentisch. Da ist eher das Individuelle gefragt.

Frage: Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf bei Biblische Reisen?

Röwekamp: Wir sind ein sehr gut funktionierendes ökumenisches Unternehmen, aber wir müssen unser Image 'gut, aber teuer' nachhaltig verändern. Dabei ist der Name Segen und Fluch zugleich. Mit einem offensiveren Marketing müssen wir auch ein anderes Publikum zu erreichen versuchen.

Frage: Was wird Ihre neue Aufgabe als Repräsentant des Deutschen Vereins vom Heiligen Land in Jerusalem ausmachen?

Röwekamp: Der Verein ist in einer sehr spannenden Region Träger einer Schule mit 500 palästinensischen Mädchen und eines Altenheims, ihm gehören zwei Klöster und zwei Gästehäuser. Da gibt es viel zu tun. Für mich erfüllt sich ein Traum, und es schließt sich ein Kreis: Ich kann da arbeiten, wo ich schon als Student gerne gelebt habe.

Von Michael Jacquemain (KNA)