Friedrich Spee setzte sich für menschenrechtliche Prinzipien ein

Kämpfer gegen die Hexenverfolgungen

Veröffentlicht am 25.02.2016 um 00:01 Uhr – Von Michael Merten (KNA) – Lesedauer: 
Friedrich Spee, deutscher Dichter und Kritiker der Hexenprozesse. Ölbild von Martin Mendgen (1938) im Städtischen Museum Simeonstift Trier.
Bild: © KNA

Trier ‐ Friedrich Spee ist heute überwiegend für die von ihm gedichteten Kirchenlieder bekannt. Doch in Trier, einer Hochburg der Hexenverfolgungen, stellte sich der Jesuit vor allem mutig gegen Unrecht und Grausamkeiten.

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Das ausgehende 16. Jahrhundert war eine gefährliche Zeit – nicht nur für Frauen und Männer, die als vermeintliche Hexen angeklagt, gefoltert, verbrannt wurden. Sondern auch für jene Vordenker, die sich mutig gegen die grassierenden Hexenverfolgungen stellten. Dazu zählt der Jesuit, Kirchenlieddichter und Kämpfer gegen das Unrecht Friedrich Spee, der am 15. Februar 1591 geboren wurde.

Eine Hochburg der frühneuzeitlichen europäischen Hexenverfolgungen war das Kürfürstentum Trier, wo nach Schätzungen etwa 1.000 Frauen und Männer hingerichtet wurden. Unter den Opfern waren Angehörige aller Schichten, auch Wohlhabende aus der städtischen Oberschicht und sogar Geistliche. Auf dem Höhepunkt der Verfolgungswelle trat der in Trier lehrende niederländische katholische Theologe Cornelius Loos als einer der ersten gegen die Hexenjagden auf. Den Hexenglauben tat er 1591 als Verblendung, Unsinn und Albernheit ab, woraufhin er inhaftiert wurde. Nur durch Widerruf seiner Thesen konnte er seinen Kopf retten.

Bild: ©Matyas Rehak/Fotolia.com

Das Kürfürstentum Trier war im Mittelalter eine Hochburg der frühneuzeitlichen europäischen Hexenverfolgungen.

Im selben Jahr erblickte in Kaiserswerth am Rhein Friedrich Spee das Licht der Welt. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Köln studierte er zunächst an der philosophischen Fakultät der dortigen Universität, wo er 1609 den Grad eines Bakkalaureus erwarb. Zwischen 1610 und 1612 folgte ein Noviziat bei den Jesuiten in Trier. In diesen Jahren lag die ärgste Welle der Hexenverfolgungen im Trierer Land gerade einmal 20 Jahre zurück. "Ohne Zweifel war das ein Thema, über das man im Jesuitenkolleg gesprochen hat", mutmaßt die Trierer Historikerin Rita Voltmer, Vorsitzende der Friedrich-Spee-Gesellschaft, welche sich dem Gedenken des Jesuiten widmet.

Der Ausbruch der Pest zwang Spee, sein Studium in Würzburg und Mainz fortzusetzen, wo er 1622 zum Priester geweiht wurde. Anschließend wirkte er als Hochschullehrer für Philosophie und Moraltheologe in Paderborn. In dieser Zeit verfasste er auch die meisten seiner rund 130 Kirchenlieder. Lange Jahre arbeitete er an seiner "Trutz-Nachtigall", einer Sammlung geistlicher Lieder. "Spee gilt als einer der bedeutendsten katholischen Barockdichter", würdigt der Trierer Kirchenhistoriker Bernhard Schneider den Jesuiten.

Doch die weitaus größere Bekanntheit erreichte Spee nicht als Poet, sondern mit seiner Kritik an den Hexenverfolgungen. Aus diesem Grund verlor er 1630 sein Lehramt. Wissend um die Gefahr, in der er sich bewegte, veröffentlichte er 1631 unter Pseudonym die "Cautio Criminalis" (Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse). Die Verfolgung der Hexen war durch päpstliche Bullen, also von höchster kirchlicher Autorität gebilligt worden. Den Glauben an die Existenz von Hexen an sich anzuzweifeln, wäre Ketzerei gewesen und hätte Spee wohl vor Gericht gebracht. Ihm ging es daher um die Kritik an der zeitgenössischen Gerichtspraxis. "Die Folter war damals ein legales Mittel der Geständniserzwingung und wurde in fast allen Strafgerichtsprozessen angewandt", erklärt Voltmer.

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Eine Kanonenkugel und ein zertrümmertes Knie beim Ritterspross Ignatius von Loyola trug dazu bei, dass der größte Männerorden der Kirche gegründet wurde. Die Jesuiten kümmern sich verstärkt um Bildung.

Angeklagte galten vor Gericht als schuldig und mussten ihre Unschuld beweisen, etwa indem sie die Folter ungeständig überstanden. "Deutlich stellte Spee die Folter als grausames Vervielfältigungsinstrument heraus, das aus jedem Unschuldigen zwangsläufig eine 'Hexe' machen würde", so Voltmer. Zudem habe Spee seine Kritik an der Hexenjustiz "mit bis dahin kaum gekannter sprachlicher Brillanz und argumentativer Schärfe vorgebracht".

Die grundsätzliche Unschuldsvermutung, der Kampf gegen die Folter und für ein Recht auf Verteidigung – es sind menschenrechtliche Prinzipien, die Spee forderte. 1632 wurde er wieder nach Trier versetzt. Mitten im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), während Trier hart umkämpft wurde, wirkte er als Seelsorger und Pfleger von Verwundeten. Dabei infizierte er sich mit einer Seuche, an der er am 7. August 1635 starb. In einem Nachruf der Jesuiten heißt es, Spee sei "von eminent freiem religiösem Geist" gewesen. Die Historikerin Voltmer würdigt ihn als "mutigen, scharfsinnigen und unbeugsamen Gegner der Hexenverfolgungen".

Von Michael Merten (KNA)