Jerusalem-Panorama erwartet zu Ostern wieder großen Andrang

Weltberühmt über Altötting hinaus

Veröffentlicht am 13.03.2016 um 12:50 Uhr – Von Barbara Just (KNA) – Lesedauer: 
Weltberühmt über Altötting hinaus
Bild: © KNA
Kultur

Altötting  ‐ Als es das Kino noch nicht gab, waren überdimensionale Rundbilder ein Hingucker. In Altötting findet sich das einzige in Deutschland erhaltene religiöse Exemplar: Das Jerusalem-Panorama zeigt die Kreuzigung Christi.

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Nur die wenigsten dürften wissen, dass das Alltagswort Panorama (stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie "allumfassender Rundblick") vor 325 Jahren für eine gerade neu eingeführte Kunst- und Darstellungsform erfunden wurde, wie sie sich in Altötting bewundern lässt.

Die rund eine Million Wallfahrer im Jahr zieht es gewöhnlich zuerst zur Schwarzen Madonna in die Gnadenkapelle. Nur ein paar Schritte vom Kapellplatz mit seinen großen Kirchen, der Schatzkammer und dem Wallfahrtsmuseum entfernt befindet sich das weit über 100 Jahre alte "Jerusalem-Panorama Kreuzigung Christi". Das Denkmal steht unter dem besonderen Schutz Bayerns und der Unesco.

Das Panorama hat etwa 20.000 Besucher im Jahr

Immerhin 20.000 Altötting-Besucher im Jahr lassen sich die einmalige Gelegenheit nicht entgehen. "Den meisten Andrang haben wir zur Passions- und Osterzeit", sagt Herbert Bauer von der Stiftung Panorama. Deshalb wird am Sonntag nachmittag um 15 Uhr eine besondere Veranstaltung mit religiöser Volksmusik angeboten.

Bild: ©Altöttinger Panorama

Das 1902 errichtet Altöttinger Panorama gehört zum Größentyp des Mittelstadtpanoramas mit einer Höhe von 15 und einem Durchmesser von 30 Metern.

Das zwölf Meter hohe Panoramabild ist in einem großen Kreis von 30 Metern Durchmesser um den Betrachter gespannt, der dadurch im Wortsinn "im Bilde" ist. Auf mehr als 1.000 Quadratmetern haben der Historienmaler Gebhard Fugel (1863-1939) und sein Team die Ereignisse detailgetreu wiedergegeben, die auf den 7. April des Jahres 30 nach Christus datiert werden. In Öl zeigt das Rundbild Jerusalem und jene aus der Bibel bekannten Orte, an denen sich das Leiden und Sterben Jesu ereignete.

Landschaftsmaler Josef Krieger (1848-1914) war dafür eigens ins Heilige Land gereist, um die karge Landschaft auf Glasplatten zu fotografieren und um die Kleidung und das Aussehen der Menschen zu erforschen. Den römischen Geschichtsschreiber Josephus Flavius studierten die Künstler ebenso wie die damals neuesten Ausgrabungsergebnisse.

Weltweit gibt es nur 43 erhaltene Panoramen

Mit ihrem Werk ermöglichten sie den Menschen eine Zeitreise in eine Gegend, in die vor dem Zeitalter des Massentourismus kein Normalbürger kam. Und sie boten zugleich ein spirituelles Erlebnis. Seit der Eröffnung im Jahre 1903 hebt Maria, unter dem Kreuz stehend, klagend die Arme zum Himmel, während die römischen Soldaten um das weiße Gewand Jesu würfeln.

Fugel legte damit sein Meisterwerk hin. Weltweit gibt es nur 43 erhaltene Panoramen. Der Künstler, der von einem oberschwäbischen Bauernhof stammte, hatte seine Ausbildung in Stuttgart erhalten und siedelte später nach München über. Er schuf viele Fresken und Altarbilder für Kirchen in Deutschland, der Schweiz, Italien, Österreich und den USA. Bekannt wurde er vor allem durch eine Serie von über 100 Bildern zur Bibel, die häufig nachgedruckt wurden.

Bild: ©KNA

Eine Detailaufnahme aus dem einzigartigen Kreuzigungs-Panorama in Altötting.

Das 20. Jahrhundert mit seinen zwei Weltkriegen überstand das Panorama ohne Schäden. Ausgerechnet an Heiligabend 2001 platzte ein Wasserrohr und sorgte für Nieselregen auf Golgotha. Mit Hilfe des Freistaats konnte der Schaden behoben werden.

Eintritt für Erwachsene beträgt 4,50 Euro

Übrigens: Fugel finanzierte mit dem Architekten Georg Völkl einst alles selbst. Die Kosten betrugen mindestens 60.000 Goldmark, der Eintritt kostete 50 Pfennig. Heute beträgt er für Erwachsene 4,50 Euro.

Beste Erinnerungen an das Panorama hat auch der Kabarettist Gerhard Polt, der mit seiner Mutter als kleiner Bub noch vor Kriegsende von München nach Altötting umzog. In seinem Büchlein "Hundskrüppel" erzählt er, wie er mit dem Ismeier Manfred eine sperrangelweite und unbewachte Tür des Gebäudes nutzte, um ein paar Hühnern vom Hof seines Freundes einen Ausflug zu ermöglichen. "Den Viechern hat es richtig getaugt", schreibt Polt. Die Besucher sollen darüber weniger begeistert gewesen sein. Dabei seien Hühner doch ein einmaliges Phänomen und "für den Wallfahrer ist ein Wunder doch auch was Schönes".

Von Barbara Just (KNA)