Wie ein riesiger Schneeball

Dass bei diesem besonderen Zeitpunkt der Gedanke an den Stern von Bethlehem naheliegt, können sogar Experten verstehen. "Ein großer Komet ist einfach etwas Besonderes", findet Pater Christoph Gerhard, Mitglied in der fränkischen Abtei Münsterschwarzach und begeisterter Hobby-Astronom. Er beobachtet in der von vorweihnachtlicher Stimmung beseelten Gesellschaft ein gewisses "romantisches Interesse" an dem Schweifstern. Ähnlich sieht das Sabine Hüttemeister, Astronomieprofessorin an der Universität Bochum und Leiterin des Planetariums in der Stadt. "Ein Weihnachtsstern zieht immer. Und wenn er dann noch einen Schweif hat…", seufzt sie.
Die Heiligen Drei Könige folgen dem Stern: Auschnitt aus einem Sammelbildchen aus Frankreich um 1900.
Aus dem Kühlschrank des Universums
Dabei ist Lovejoy – benannt nach dem Nachnamen seines Entdeckers, eines australischen Astronomen – eigentlich nur ein Lückenbüßer. Schließlich hatten die Sternengucker zu Weihnachten auf "Ison" gehofft, einen deutlich helleren Stern, den man sogar mit bloßem Auge hätte sehen können. Doch der machte Ende November den Fehler, zu nahe an die Sonne zu kommen – und schmolz buchstäblich dahin.
Dennoch ist aus wissenschaftlicher Sicht auch Lovejoy interessant. Kometen, so berichtet Pater Christoph, sind eigentlich nichts als riesige dreckige Schneebälle – nur eben mit einem Durchmesser von Kilometern. Sie stammten aus dem "Kühlschrank des Universums", vom Rand des Sonnensystems, weit weg von der Sonne und seien oft Milliarden Jahre alt. Für die Astronomen ist besonders der "Dreck" wertvoll. Es handelt sich dabei um konservierten Staub, der Aufschluss geben könnte über die Entstehung des Sonnensystems.
Lovejoy ist auch in der Weihnachtsnacht zu sehen
Sabine Hüttemeister hat am Computer sogar die Zeit des Auf- und Untergangs von Lovejoy in der Weihnachtsnacht errechnet: Danach wird er am 25. Dezember je nach Standort des Beobachters etwa ab 3:31 Uhr bis zur Morgendämmerung zu sehen sein.
Mit dem Stern von Bethlehem kann Lovejoy aber dennoch nicht mithalten: Der hätte nach Angaben von Sabine Hüttemeister viel heller sein müssen – wenn es den Kometen, den der Evangelist Mätthäus in seiner Weihnachtgeschichte beschreibt, denn überhaupt gab. Das ist wissenschaftlich nämlich nicht erwiesen. Für Pater Christoph ist diese Frage sowieso zweitrangig: "Schließlich ist das Matthäus-Evangelium kein wissenschaftlicher Bericht und will das auch gar nicht sein", erklärt er. Vielmehr habe der Evangelist mit seiner Version der Weihnachtsgeschichte, in der sich die Heiligen Drei Könige von einem Stern zur Krippe leiten lassen, vor allem etwas über die Bedeutung des Jesuskindes aussagen wollen. "Es heißt schon etwas, wenn sich die Könige, Heiden und angesehene Sternendeuter ihrer Zeit, zu einem kleinen Kind im Stall leiten lassen – und den dann als Gläubige wieder verlassen."
Von Gabriele Höfling