Wie soll das funktionieren, Herr Söder?

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Sehr geehrter Herr Staatsminister Söder.
Als privat wie beruflich aktiver Christ will ich Ihnen danken: Es ist gut und wichtig, dass Sie engagiert um eine angemessene Rolle der christlichen Kirchen in unserem Land streiten!
Ich muss Ihnen jedoch auch widersprechen. Sie sagen, die Kirche solle sich auf die Spiritualität konzentrieren und aus der Politik heraushalten. Ich frage Sie: Wie soll das funktionieren? Der Glaube ist ja kein Umhang, den man an der Garderobe abgibt, bevor man das Wahllokal oder gar den Plenarsaal betritt. Zumindest sollte er es nicht sein. Der Anschein, den auch manch einer Ihrer Parteifreunde zuweilen erweckt, trügt.
Nun warnen Sie die Kirche gar davor, "Ersatzpartei" zu werden. Damit erinnern Sie an eine nicht sehr glückliche Epoche deutscher Geschichte, in der es mit dem Zentrum tatsächlich eine quasikirchliche Partei gab. Im Kulturkampf versuchte die Kirche, sich so der massiven Repression durch den Staat zu erwehren. Ich wünsche mir diese Zeiten nicht zurück, Sie sicher auch nicht. Warum also dieser sprachliche Rückgriff auf das 19. Jahrhundert, Herr Staatsminister?
Andererseits würde es Ihnen – und manchem Ihrer Parteifreunde – gewiss nicht schaden, sich ein wenig mehr an den Altvordern zu orientieren. Denn ich kann mir kaum vorstellen, dass sich gerade die Vertreter Ihrer Partei zu vergleichbaren Maßregelungen der Kirche hätten hinreißen lassen.
Ich muss schließlich noch ein Ärgernis benennen: Die CSU sei die barmherzigste unter den deutschen Parteien, sagen Sie; jedenfalls in der Flüchtlingspolitik. Das, Herr Staatsminister, zeugt entweder von einer fragwürdigen Selbstwahrnehmung oder von einem zweifelhaften Verständnis des Begriffs der "Barmherzigkeit". In Obergrenzen für Flüchtlingshilfe, Abschiebeflügen nach Afghanistan oder der populistischen Anbiederung an den rechten Rand des Wählervolkes kann ich jedenfalls wenig Barmherziges finden!
Am Ende, Herr Staatsminister, lassen solche Worte nur die christliche Fassade Ihrer Partei bröckeln. Was denken Sie, wie viele Treffer mit der Abrissbirne kann das "C" Ihrer Union noch verkraften, bevor es vollends zusammenbricht?
Es grüßt Sie ein fränkischer Landsmann und bayerischer Staatsbürger.