Caritas-Verband nennt drängende Probleme für Regierung

Caritas stellt Forderungen an Jamaika-Koalition

Veröffentlicht am 23.10.2017 um 13:04 Uhr – Lesedauer: 
Politik

Bonn/Berlin ‐ Noch steht die neue Bundesregierung der "Jamaika-Koalition" nicht. Doch schon jetzt liegen einige Aufgaben für sie bereit. Die Caritas nennt jetzt ein besonders dringendes Thema.

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Armutsbekämpfung muss aus Sicht der Caritas ein Schwerpunkt der kommenden Bundesregierung werden. "Die Bekämpfung der Armut von Kindern und Familien gehört ganz oben auf die Agenda bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen", sagte Caritas-Präsident Peter Neher am Montag in Berlin. Hierfür müsse dringend der Kinderzuschlag als eigenes Sicherungssystem abgeschafft und in ein einheitliches Transfersystem integriert werden. Ebenso müssten Widersprüche zwischen dem Sozialgesetzbuch II, also der Grundsicherung für Arbeitssuchende, und dem Familienrecht beseitigt werden.

Die Caritas plädiert dafür, Eltern mit Problemen möglichst frühzeitig Unterstützung anzubieten. Dabei sei es hilfreich, mit Eltern dort ins Gespräch zu kommen, wo sie bereits in Kontakt mit Beratungs- und Unterstützungsdiensten seien. "Wir brauchen in den Geburtsklinken eine flächendeckende Einrichtung und Finanzierung präventiver Lotsendienste, damit alle Eltern Zugang zu Frühen Hilfen erhalten", forderte Neher.

Auch die evangelische Diakonie drängte auf konkrete Maßnahmen gegen Kinderarmut im Koalitionsvertrag. "Wir brauchen eine einheitliche Sockelförderung als Kindergrundsicherung, die durch weitere Unterstützungen und Maßnahmen wie kostenlose Verpflegung in Kita und Schule, Bildungsförderung, Beratungs- und Freizeitangebote ergänzt wird", forderte der Vorstand Sozialpolitik der Diakonie, Maria Loheide. Das Deutsche Kinderhilfswerk und der Paritätische Wohlfahrtsverband äußerte auch Sorgen und plädierten für politische Lösungen.

Studie: Jedes fünfte Kind lebt dauerhaft in Notlage

Laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung haben von Armut betroffene Kinder oft keine Chance, dieser Situation zu entkommen. 21 Prozent aller Mädchen und Jungen in Deutschland lebten dauerhaft oder wiederkehrend in einer Notlage, heißt es in der am Montag vorgestellten Untersuchung. Weitere 10 Prozent seien kurzzeitig von Armut betroffen. Die Untersuchung thematisiert Bedingungen und Konsequenzen von Kinderarmut in Deutschland. Für die Studie wurden der Stiftung zufolge die jährliche Einkommenssituation von Familien über einen Zeitraum von fünf Jahren betrachtet und Informationen von 3.180 Heranwachsenden ausgewertet.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick zeigte sich enttäuscht von dem Ergebnis der Studie: "Kinderarmut Armutszeugnis!", twitterte er und kritisierte eine "verfehlte Familienpolitik". Zugleich verwies Schick auf seine Worte vom Wochenende, in denen er an die künftige Regierung appelliert hatte, Familien zu fördern und zu entlasten.

Knapp einen Monat nach der Wahl konstitutiert sich am Dienstag der neue Bundestag. Welche Parteien künftig die Bundesregierung stellen, steht unterdessen noch nicht fest. Derzeit verhandeln die Unionsparteien CDU und CSU mit der FDP und Bündnis 90/Die Grünen über eine mögliche gemeinsame Regierung. Es wäre die erste "Jamaika-Koalition" auf Bundesebene. (kim/KNA)