Süddeutsche beruft sich auf Geheimarchiv von erstem BND-Chef

Auch der BND bespitzelte Kardinal Döpfner

Veröffentlicht am 29.03.2018 um 12:40 Uhr – Lesedauer: 
Julius Döpfner steht an einem Pult und hält eine Rede.
Bild: © KNA
Zeitgeschichte

München ‐ Dass die Stasi ein Auge auf Kardinal Julius Döpfner geworfen hatte, ist bekannt. Doch auch der Bundesnachrichtendienst soll Döpfner überwacht haben. Das sagen zumindest die Akten des ersten BND-Chefs.

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Der Münchner Kardinal Julius Döpfner (1913-1976) soll nicht nur von Spionen der DDR, sondern auch von westdeutschen Agenten bespitzelt worden sein. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstag) unter Berufung auf das bisher unbekannte Privatarchiv von Reinhard Gehlen, das der Zeitung zugespielt worden sei. Gehlen war Generalmajor der Wehrmacht und baute nach dem Zweiten Weltkrieg den Bundesnachrichtendienst (BND) auf, dessen erster Präsident er war. Er starb 1979 in Berg am Starnberger See.

Döpfner war als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und einflussreicher Teilnehmer des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) einer der bedeutendsten deutschen katholischen Bischof der Nachkriegszeit.

BND irritiert über Wechsel von Berlin nach münchen

Dem Bericht zufolge beschäftigte sich der BND mit Döpfner bereits in der Zeit, als dieser Bischof in Berlin (1957-1961) war. Der Geheimdienst sei irritiert gewesen über die bevorstehende Versetzung Döpfners nach München. Wie auch die Stasi sei der BND zum Ergebnis gekommen, dass Papst Johannes XXIII. Döpfner aus politischen Gründen abgezogen habe. Nach Einschätzung eines BND-"Gelegenheitsinformanten mit sehr guten Beziehungen zu hohen Würdenträgern" habe der Vatikan Döpfner für politisch verbrannt gehalten. Der erklärte Antikommunist war von der DDR bereits 1958 mit einem Einreiseverbot belegt worden und konnte so einen Großteil seines Bistums nicht mehr besuchen.

Darüber hinaus hätten aber auch innerkirchliche Gründe eine Rolle gespielt, die erst durch die Gehlen-Akten ans Licht gekommen seien, schreibt die SZ. In München werde Döpfner "aus seelsorgerischen Gründen dringend benötigt", zitiert die Zeitung eine "Vortragsnotiz Nr. 1209" des BND. Sein Vorgänger Kardinal Joseph Wendel (1901-1960) habe sich "gegenüber dem selbstherrlichen Domkapitel nicht durchsetzen" können. Döpfner verfüge über die "nötige Härte", um dort für Ordnung zu sorgen, und sei daher "der geeignete Mann".

Laut SZ setzte die Stasi in München 1966 vier "inoffizielle Mitarbeiter" zur Beschattung des Kardinals an. Auch der BND habe sich weiter für Döpfner interessiert. So seien Gehlens Leute empört darüber gewesen, als der Kirchenmann den Posten des Militärbischofs ausgeschlagen habe. (KNA)