Vor 1.050 Jahren gründete Otto der Große das Erzbistum Magdeburg

Als Magdeburg noch Erzbistum war

Veröffentlicht am 10.06.2018 um 11:01 Uhr – Lesedauer: 
Kirchengeschichte

Magdeburg ‐ Heute ist Magdeburg Sitz einer kleinen Diaspora-Diözese, doch im Mittelalter war die Stadt ein bedeutendes kirchliches Zentrum. Vor 1.050 Jahren gründete Otto der Große das Erzbistum Magdeburg.

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Wer die Magdeburger Kathedrale St. Sebastian besuchen möchte, muss sehr genau hingucken. Versteckt in einer Nebenstraße und eng umbaut von Häusern könnte man die Bischofskirche bei einem nur flüchtigen Blick leicht übersehen. Ganz anders der nur wenige Gehminuten entfernte Magdeburger Dom: Er ist mit seinen rund 100 Meter hohen Türmen das weithin sichtbare Wahrzeichen der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt und überragt St. Sebastian mit seinen Ausmaßen deutlich.

Die beiden Gotteshäuser stehen damit sinnbildlich für Geschichte und Gegenwart der katholischen Kirche in Mitteldeutschland. Während St. Sebastian der Mittelpunkt des kleinen Diaspora-Bistums der Jetztzeit ist, zeugt der in der Nähe des Elbufers gelegene Dom St. Mauritius und Katharina von der großen Vergangenheit der katholischen Kirche in der Region. Schließlich war Magdeburg über Jahrhunderte hinweg als Erzbistum ein bedeutendes Zentrum der katholischen Kirche in Deutschland.

Jubiläum unter dem Leitmotiv "Gott.Macht.Zukunft"

Gegründet wurde die Erzdiözese im Jahr 968, also vor 1.050 Jahren. Das Bistum Magdeburg nimmt dieses Jubiläum in den kommenden Monaten zum Anlass, um mit einer Veranstaltungsreihe an das in den Wirren der Geschichte untergegangene Erzbistum zu erinnern. Zum Auftakt der Reihe unter dem Leitmotiv "Gott.Macht.Zukunft" sprach der Grazer Historiker Romedio Schmitz-Esser am Donnerstag im Kulturhistorischen Museum Magdeburg zum Thema "Die sterblichen Überreste der Erzbischöfe von Magdeburg und der Umgang mit den Toten in ottonischer Zeit". Bis zum Jahresende folgen zahlreiche weitere Veranstaltungen.

Bild: ©dpa/Jens Wolf

Otto den Große (r., hier mit seiner Gattin Editha im Magdeburger Dom) war der Gründer des Erzbistums Magdeburg.

Die Gründung des Erzbistums Magdeburg ist eng verknüpft mit Kaiser Otto dem Großen (912-973). Der Herrscher aus dem Geschlecht der Liudolfinger erhielt auf der Synode von Ravenna im Jahr 967 nach langen Verhandlungen von Papst Johannes XII. (965-972) die Erlaubnis, in seiner Lieblingsstadt Magdeburg ein Erzbistum zu errichten. Leidtragende dieser Entscheidung waren das Erzbistum Mainz und das Bistum Halberstadt, denn sie mussten der neuen Erzdiözese Teile ihres Gebiets abtreten. Erster Erzbischof von Magdeburg wurde der Weißenburger Abt Adalbert von Magdeburg (910-981), der am 18. Oktober 968 in Rom das Pallium erhielt und an Weihnachten im Magdeburger Dom inthronisiert wurde.

Das Gebiet des neuen Erzbistums erstreckte sich an Elbe und Saale entlang von Magdeburg im Norden bis nach Halle im Süden und war damit im Vergleich zu anderen Bistümern der damaligen Zeit eher klein. Der unmittelbare Magdeburger Einflussbereich war dennoch groß, denn gemeinsam mit seinen fünf Suffraganbistümern Brandenburg, Havelberg, Meißen, Merseburg und Zeitz umfasste die mit dem Ziel der Slawenmission gegründete Erzdiözese weite Teile der heutigen Bundesländer Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Blütezeit unter Erzbischof Norbert von Xanten

Doch das Glück des neuen Bistums währte nur kurz. 983 erhoben sich die Slawen im Norden des Magdeburger Gebiets und zerstörten die Bischofsstädte Brandenburg und Havelberg. Es sollte fast 150 Jahre dauern, bis unter Bischof Norbert von Xanten (1126-1134) und den von ihm gegründeten Prämonstratensern die Missionierung in der Region wieder aufgenommen werden konnte. Aber auch darüber hinaus war die Amtszeit des Patrons des heutigen Bistums Magdeburg fruchtbar: Gegen Widerstände reformierte Norbert den Klerus und wandelte im Jahr 1129 das Stift Unser Lieben Frauen in Magdeburg in ein Prämonstratenser-Kloster um, das später zu einer Ausgangsbasis der Christianisierung unter den Slawen östlich der Elbe wurde.

Linktipp: So katholisch war der Osten

Mit Blick auf das im Jahr 2017 anstehende Reformationsgedenken richten sich die Augen nach Ostdeutschland - das Kernland der Reformation. Doch wie katholisch war die Mitte Deutschlands vor Luther? (Artikel von Oktober 2015)

In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts begründete Erzbischof Wichmann von Seeburg (1154-1192) dann die weltliche Herrschaft der Magdeburger Erzbischöfe. Außerdem unterstützte er den Ausbau der östlich der Elbe gelegenen Besitztümer des Erzbistums durch die Ansiedlung deutscher Siedler, die neben die ansässige slawische Bevölkerung traten.

Sichtbarster Ausdruck der gewachsenen Bedeutung der Magdeburger Erzbischöfe wurde ab Beginn des 13. Jahrhunderts der heutige Dom. Nachdem ein Brand den ottonischen Vorgängerbau am Karfreitag des Jahres 1207 zerstört hatte, begann unter Erzbischof Albrecht von Käfernburg (1205-1232) an gleicher Stelle der Bau eines neuen Gotteshauses. Bei seiner Weihe im Jahr 1363 war der Dom die erste fertiggestellte gotische Kathedrale auf deutschem Boden.

Die Reformation kommt nach Magdeburg

Wiederum rund 150 Jahre später ging die Geschichte des katholischen Erzbistums Magdeburg dann jedoch langsam zu Ende. Im Zuge der von Martin Luther ausgelösten Reformation traten weite Teile der Bevölkerung nach 1517 zum protestantischen Glauben über. Zentraler Auslöser war das Gebaren Albrechts von Brandenburg, der als Erzbischof von Magdeburg (1513-1545) und Kurfürst von Mainz ein wesentlicher Förderer des von Luther kritisierten Ablasshandels war. 1561 bekannte sich mit Sigismund von Brandenburg (1552-1566) der erste Magdeburger Erzbischof zur Reformation; ihm folgt 1567 auch das Domkapitel.

Bild: ©KNA

St. Sebastian ist die Kathedrale des Bistums Magdeburg.

Trotzdem bestand das Erzbistum Magdeburg danach formal noch mehr als 100 Jahre weiter. Erst mit dem Westfälischen Frieden von 1648 wurde das Territorium des Erzstifts Magdeburg, also der weltliche Besitz des Erzbischofs von Magdeburg, als erbliches Herzogtum Magdeburg dem Kurfürstentum Brandenburg zugesprochen. Diese Bestimmung trat nach dem Tode des letzten Administrators Herzog August von Sachsen-Weißenfels im Jahre 1680 in Kraft. Damit hörte das Erzbistum Magdeburg auf zu existieren.

Es sollte bis 1994 dauern, ehe Magdeburg wieder Sitz eines eigenständigen Bistums wurde. Im Zuge der Neuordnung der kirchlichen Jurisdiktion in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung errichtete der Vatikan das Bistum Magdeburg, erster Bischof der neuen Diözese war Leo Nowak (1994-2004). Damit kann die Kirche in Sachsen-Anhalt nach dem diesjährigen Jubiläum des Erzbistums bereits im kommenden Jahr ein weiteres Gedenkjahr feiern: 25 Jahre Bistum Magdeburg.

Von Steffen Zimmermann