Juristischer Streit um Pensionszahlungen könnte bald enden

Puerto Ricos Kirche erklärt sich bankrott

Veröffentlicht am 06.09.2018 um 12:20 Uhr – Lesedauer: 
Finanzen

San Juan ‐ Pensionsforderungen in Millionenhöhe haben die Kirche Puerto Ricos dazu veranlasst, sich für zahlungsunfähig zu erklären. Sie steckt mitten in einem langen juristischen Streit, doch das Ende naht.

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Für die Kirche in Puerto Rico geht es im Moment um viel Geld: Seit zwei Jahren befindet sie sich in einem komplizierten Rechtsstreit um ihre Finanzen. Alles fing 2016 an, als pensionierte Lehrer katholischer Schulen ihre Rente nicht mehr erhielten. Bis dahin waren ihnen monatlich zwischen 100 und 300 US-Dollar vom "Pensionsfond für Angestellte katholischer Schulen" ausgezahlt worden. Dieser treuhänderisch verwaltete Fonds wurde von 42 kirchlichen Schulen des Landes finanziert, um die Rentenversorgung ihrer Lehrer sicherzustellen. Doch durch Misswirtschaft und fehlende Zinseinnahmen rutschte er in die roten Zahlen.

Verschärft wurde die Lage zudem dadurch, dass einige Schulen ihre Beiträge in den Fonds nicht mehr zahlten. Die Folge: jeden Monat wurden mehr als 200.000 Dollar zu viel ausgegeben. Das blieb einige Jahre unbemerkt, bis 2016 schließlich kein Geld mehr da war und die Pensionszahlungen eingestellt werden mussten. Nach heutigem Stand belaufen sich die Schulden des Fonds auf 4,7 Millionen Dollar.

Kirche kann Angestellte nicht bezahlen

Die um ihre Pension gebrachten 184 Ruheständler gingen vor Gericht. Mit der Klage konfrontiert, beschlossen die betroffenen Schulen schließlich die Auflösung des Fonds. Doch die Pensionäre wollten sich nicht geschlagen geben: kurzer Hand verklagten sie die gesamte katholische Kirche Puerto Ricos. Die einzelnen Träger der Schulen, meist die Pfarrgemeinden, zur Verantwortung zu ziehen, schien nicht aussichtsreich genug. Das Gericht gab ihnen in mehreren Instanzen Recht und ordnete die Pfändung von kirchlichem Vermögen an. Mit der Folge, dass derzeit viele kirchliche Angestellte nicht bezahlt werden und Dutzende Pfarreien ihre Rechnungen nicht begleichen können.

Für die Kirche des Landes ist diese Gerichtsentscheidung mehr als unverständlich, denn sie sieht sich in ihrer Gesamtheit nicht als juristische Person. Dies seien lediglich Diözesen, Pfarreien oder Orden. "Die Gerichte können die Organisationsform der Kirche nicht ändern", kritisiert Frank Zorrilla, Anwalt des Pensionsfonds, das Urteil des höchsten Gerichts Puerto Ricos. Es hatte die ganze katholische Kirche in die Pflicht genommen und den einzelnen Bistümern und Kirchengemeinden ihren Status als eigenständige juristische Personen abgesprochen, obwohl die kirchliche Selbstverwaltung von der Verfassung Puerto Ricos garantiert wird.

Bild: ©Fotolia.com/Shakzu

Um die Finanzen des Erzbistums San Juan in Puerto Rico ist es derzeit nicht gut bestellt. Ein Gläubiger hat sich zum Gebet in der Basilika "Heiliger Johannes der Täufer", der Kathedrale des Erzbistums San Juan, eingefunden.

Nach dem gerichtlichem Hin und Her der letzten zwei Jahre zogen die vier Diözesen des Insel-Freistaats nun die juristische Reißleine und erklärten sich vor wenigen Tagen für zahlungsunfähig. So auch das Erzbistum der Hauptstadt San Juan. Der Bankrott schützt die Finanzen der Erzdiözese vor der gerichtlich angeordneten Pfändung. Denn das Gesetz zur Zahlungsunfähigkeit soll Schuldnern ermöglichen, ihre Finanzverhältnisse neu zu ordnen, um in Zukunft Schulden zurückzahlen zu können. Die gepfändeten Konten von Erzdiözese und knapp 150 Kirchengemeinden in Höhe von insgesamt 4 Millionen Dollar sind damit wieder in der Hand der Kirche. Möglich war der Bankrott, da die Schulden des Erzbistums im zweistelligen Millionenbereich – darunter auch die nicht gezahlten Renten der pensionierten Lehrer – das Vermögen um ein Vielfaches übersteigen.

Für Germán Brau ist das Handeln der Kirche Teil einer Hinhalte-Taktik. Der Anwalt der klagenden Lehrer hofft, dass das zuständige Gericht dem Bankrott nicht zustimmt. "Bislang haben wir uns vor allen Gerichten durchsetzen können", zeigt sich Brau kämpferisch. Er sieht die Kirche in der Pflicht, für die Versäumnisse des Pensionsfonds aufzukommen. Er findet es befremdlich, dass die Kirche bislang mehr als eine Million Dollar für ihre Anwälte ausgegeben hat. "Alles mit dem Ziel, den Pensionären ihre Rente nicht zahlen zu müssen".

"Unsere Herzen können sie nicht leeren"

San Juans Erzbischof Roberto González Nieves vermutet hinter den Klagen hingegen Vorurteile gegenüber der Kirche: "Die Erzdiözese häuft keine Millionen an, sondern verteilt sie unter den Bedürftigen durch die Pfarreien und die Caritas." Doch auch wenn die Klagenden Erfolg haben sollten, wäre das für ihn kein Untergang: "Selbst wenn sie die Konten der Kirche leerräumen, unsere Herz können sie nicht leeren."

Bald wird der zermürbende Rechtsstreit jedoch zu einem Ende kommen: Zeitgleich mit der Erklärung der Zahlungsunfähigkeit haben die Bischöfe Puerto Ricos Berufung beim US-Supreme Court eingelegt. Das höchste Gericht der USA ist auch in Puerto Rico die letzte juristische Instanz, denn der Inselstaat gehört als nichtinkorporiertes Außengebiet zu den Vereinigten Staaten. In naher Zukunft wird also in Washington über die Zukunft der Kirche Puerto Ricos entschieden.

Von Roland Müller