Tödliche Betäubungsmittel "in extremen Notlagen"

FDP fordert Suizidbeihilfe für unheilbar Kranke

Veröffentlicht am 13.10.2018 um 10:11 Uhr – Lesedauer: 

Berlin/Hamburg ‐ Die FDP will die Bundesregierung laut einem Medienbericht dazu verpflichten, unheilbar Kranken künftig einen schmerzfreien Suizid zu ermöglichen. Es gehe um Selbstbestimmung am Lebensende, so die Partei.

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Die FDP-Bundestagsfraktion will unheilbar Kranken einen schmerzfreien Suizid ermöglichen. Die Bundesregierung müsse per Gesetz klarstellen, dass Schwerstkranken "in extremen Notlagen" der Kauf eines todbringenden Betäubungsmittels ermöglicht werde, heißt es in einem Antrag der Fraktion, über den der "Spiegel" (Samstag) berichtet. Mit ihrem Vorstoß wollen die Liberalen die Umsetzung eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts aus dem März 2017 forcieren.

Dem Urteil zufolge darf der Staat in einem "extremen Einzelfall" den Zugang zu einem Betäubungsmittel nicht verwehren, das dem Patienten eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht. Seither sind beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 115 offizielle Anfragen eingegangen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte die Behörde im Sommer aufgefordert, die Entscheidung vorerst nicht anzuwenden. Bislang wurde kein Antrag bewilligt. 61 Gesuche lehnte das BfArM ab, die übrigen seien noch nicht entschieden.

di Fabio: Verwaltungsgerichtsurteil ist verfassungsrechtlich nicht haltbar

Die Liberalen fordern, dass Anträge "binnen angemessener Zeit bearbeitet werden"; gegebenenfalls müsse eine Kommission entscheiden. "Wir wollen für die Betroffenen Rechtssicherheit schaffen und ihnen mehr Selbstbestimmung am Lebensende ermöglichen", sagte die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr. Über den Antrag werden die Abgeordneten im Rechts- und Gesundheitsausschuss des Bundestags beraten. Ein von dem früheren Verfassungsrichter Udo di Fabio erstelltes Gutachten für das dem Bundesgesundheitsministerium nachgeordnete BfArM war Anfang des Jahres zu dem Schluss gekommen, das Verwaltungsgerichtsurteil sei verfassungsrechtlich nicht haltbar.

Themenseite: Debatte um Suizidbeihilfe

Am 6. November 2015 hat der Bundestag organisierte Beihilfe zum Suizid in Deutschland verboten. Aus Anlass des neuen Gesetzes erläutert katholisch.de die wichtigsten Begriffe und Positionen rund um das Thema Sterbehilfe und stellt Alternativen wie Hospizarbeit und Palliativmedizin vor.

Unterdessen forderte die Deutsche Stiftung Patientenschutz anlässlich des Welthospiztages am Samstag eine bessere Betreuung todkranker und sterbender Menschen in Deutschland. Gebraucht würden mehr professionelle Palliativteams, sagte der Vorstand der Stiftung, Eugen Brysch, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Allein auf Ehrenamtliche zu setzen, kann die Lücken nicht schließen." Palliativmediziner unterstützen unheilbar Kranke dabei, ihre letzten Monate, Wochen und Tage mit möglichst hoher Lebensqualität zu erleben, ohne unnötiges Leiden.

Dramatische Situation in Krankenhäusern und Pflegeheimen

Brysch sagte, um die Versorgung für jährlich eine halbe Million sterbender Menschen zu sichern, müsse die Bundesregierung einen verbindlichen Fahrplan vorlegen. Von angekündigten Verbesserungen im Koalitionsvertrag für Altenpflegeeinrichtungen sei noch immer nichts zu sehen. Nur 30.000 Schwerstkranke hätten derzeit die Chance, in einem der 236 stationären Hospize zu sterben, sagte Brysch. Dort würden sie von spezialisierten Pflegekräften, niedergelassenen Palliativärzten und ehrenamtlichen Helfern umsorgt.

In Krankenhäusern gebe es für 96 Prozent von jährlich rund 430.000 Sterbenden keine Gewähr für einen Platz auf einer Palliativstation. "Gerade zur Nachtzeit kümmert sich ein Pfleger nicht selten um mehr als 25 Patienten. Da ist eine würdevolle Begleitung nicht möglich", kritisierte Brysch. Noch dramatischer sei die Situation für die 340.000 Sterbenden in Pflegeheimen. Dort kämen oft noch mehr Bewohner auf eine Pflegekraft. Bei Patienten zu Hause leisteten professionelle und mobile Palliativteams jährlich knapp 50.000 Sterbebegleitungen. Dies sei ein deutlicher Anstieg, reiche aber bei weitem nicht aus. (stz/dpa/KNA)