Der Esel und die Sterndeuter

Veröffentlicht am 07.01.2015 um 00:28 Uhr – Lesedauer: 
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Der Esel kann nicht einschlafen. Er war dabei, als Jesus im Stall geboren wurde. Und er hatte sich über die vielen Hirten gewundert, die mit ihren Schafen gekommen waren, um beim Kind an der Krippe zu beten. Dem Esel fällt ein, was ein alter Hirte gesagt hat: "Dieses Kind in der Krippe ist der Messias, der uns von Gott versprochen wurde und der uns alle retten wird."

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Nachdenklich trottet der Esel nach draußen und schaut zum Sternenhimmel empor. Ein Stern ist heller und größer als alle anderen. Die Hirten haben gesagt, sie seien ihm gefolgt. Es muss also ein ganz besonderer Stern sein.

Kommt, wir folgen dem Stern!

Weit weg von Betlehem betrachten drei Sternforscher den Nachthimmel. Immer wieder richten sie ihre Fernrohre aus. Denn sie trauen ihren Augen nicht. Einen so großen, hellen Stern haben sie noch nie gesehen. "Ein solcher Stern ist das Zeichen für die Geburt eines großen Königs. Es muss der Messias sein – ein Herrscher, der mächtiger ist als alle anderen Könige", sagt Balthasar, einer der Sternforscher.

Sein Freund Caspar erwidert: "Ja, das haben unsere Lehrer immer erzählt. Aber sie selber haben einen solchen Stern noch nie gesehen. Das hätten sie in den Schriftrollen verzeichnet." "Schaut nur, der Stern zieht langsam weiter!", ruft Melchior. "Kommt, wir folgen ihm! Bestimmt führt er uns zum Palast des neugeborenen Königs!" Schnell packen die Sternforscher das Nötigste zusammen und satteln ihre Kamele. Sie nehmen Gold, Weihrauch und Myrrhe mit. Diese kostbaren Dinge möchten sie dem neugeborenen König und seinen Eltern schenken.

Herodes schmeichelt sich ein

Mittlerweile sind einige Wochen vergangen. Caspar, Melchior und Balthasar nähern sich den Toren Jerusalems. Denn sie vermuten den neugeborenen König im Palast des Herodes. Herodes ist kein guter König. Er ist grausam und ungerecht. Doch er schmeichelt sich bei den Sternforschern ein, bewirtet sie mit den köstlichsten Dingen und versucht sie auszuhorchen. Seine Gäste haben ihm nämlich erzählt, dass ganz in der Nähe ein König zur Welt gekommen ist. "Er ist der Messias, auf den die Menschen schon so lange warten. Und er soll einmal größer und mächtiger werden als alle Könige der Welt", hatte Melchior gesagt.

Als die drei Sternforscher sich von den Strapazen der langen Reise ausruhen, bestellt Herodes einige Priester und Gesetzeslehrer zu sich. Sie sollen herausfinden, ob es eine Schrift gibt, die den Geburtsort des Messias vorhersagt. Ein Priester kann Herodes sofort antworten: "Der Prophet Mischa hat vorausgesagt, dass der Messias in der Stadt Davids, in Bethlehem, geboren wird." Am nächsten Morgen ziehen die drei Sternforscher weiter. Herodes rät ihnen, nach Betlehem zu gehen. "Kommt bitte aber auf dem Rückweg bei mir vorbei", sagt Herodes. "Dann weiß ich, wo ich den neugeborenen König finde. Und ich möchte ihm Geschenke bringen."

Schatten von Kamelreitern in der Wüste.
Bild: ©Fotolia.com/Bart Kwieciszewski

Schatten von Kamelreitern in der Wüste.

Kostbare Geschenke fürs Jesuskind

Es wird schon dunkel. Der Esel steht auf der Wiese nah beim Stall. Da sieht er in der Ferne drei Männer auf Kamelen. Sie kommen immer näher. "Hier muss es sein! Der Stern ist stehen geblieben", sagt einer der Männer. Sie müssen reich sein. Denn ihre Gewänder sind sehr prachtvoll. Das erkennt der Esel auf den ersten Blick. Er geht in den Stall und erzählt dem Ochsen die Neuigkeit: "Unser Jesuskind bekommt Besuch. Es sind drei reiche Männer. Sie kommen von weit her und haben Geschenke mitgebracht."

"Bestimmt hast du geträumt", meint der Ochse und gähnt. Denn er ist schon müde. Plötzlich aber wird er hellwach. Der Esel hat Recht. Im Stalltor stehen drei Männer mit prächtigen Gewändern. Wie die Hirten knien auch sie vor dem Jesuskind in der Krippe nieder und beten. Dann holen sie ihre Geschenke. Maria und Josef wundern sich. Gold, Weihrauch und Myrrhe sind sehr wertvoll. So etwas Kostbares bekommen nur Könige geschenkt. Josef bittet die drei Männer, über Nacht zu bleiben. "Ich kann euch nur einen Schlafplatz im Stall anbieten", sagt er. "Aber ihr würdet Maria und mir eine große Ehre erweisen, wenn ihr bleibt." Die drei Sternforscher freuen sich über die Einladung. Denn sie sind müde und möchten ausruhen.

Die Flucht nach Ägypten

Am nächsten Morgen herrscht im Stall große Aufregung. Die drei Sternforscher sind weiter gezogen. Aber auch Maria und Josef packen in Eile ihre Sachen zusammen. Sie möchten mit Jesus nach Ägypten. Den Esel nehmen sie mit. "Pass gut auf Jesus, Maria und Josef auf!", sagt der Ochse zum kleinen Esel. "Und bring sie auf dem schnellsten Weg nach Ägypten!" Der Esel wundert sich und fragt: "Warum denn so eilig?" Da antwortet der Ochse: "Ich bin in der Nacht wach geworden. Es war plötzlich so hell im Stall – so wie in der Nacht, als die Hirten kamen." "War der Engel wieder hier?", fragt der Esel. "Ja", erwidert der Ochse, "und ich habe genau gehört, was er zu Josef gesagt hat.

Der Engel rüttelte Josef wach und sagte: 'Nimm Maria und Jesus und flieh, so schnell du kannst, nach Ägypten! Denn Herodes ist hinter eurem Kind her, um es zu töten.'" "Das hätte ich mir doch gleich denken können!", schimpft der Esel. "Diesem Bösewicht ist wirklich alles zuzutrauen." "Keine Sorge", beruhigt ihn der Ochse. "Wenn Herodes mit seinen Soldaten nach Bethlehem kommt, sind Jesus, Maria und Josef längst über alle Berge. Aber nun beeilt euch! Ihr müsst schnell verschwinden, bevor Herodes euch entdeckt!" "Aber warum sind die drei Sternforscher mitten in der Nacht aufgebrochen?", fragt der Esel. "Der Engel hat sie im Schlaf vor Herodes gewarnt", erzählt der Ochse. "Sie sollten ihn nicht mehr besuchen. Deshalb sind sie plötzlich weiter gezogen. Denn sie fürchten, dass Herodes sie nun auch verfolgen wird."

In der Nacht sehen die drei Sternenforscher den großen Stern ein letztes Mal. Sie machen Rast und staunen über seine Schönheit und Größe. Auch der Esel bewundert den Stern, der ihm so vertraut geworden ist. Und dann wird der Stern immer kleiner und kleiner, bevor er in der Weite des Nachthimmels verschwindet.

Von Margret Nußbaum