Ab 1. Advent neue Bücher im Gottesdienst

Alles, was Sie zum neuen Lektionar wissen müssen

Veröffentlicht am 28.11.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Das gold-rote Cover des neuen Messlektionars
Bild: © DBK/Kopp

Bonn ‐ Alles neu macht der Advent – jedenfalls was die Lesungen im Sonntagsgottesdienst angeht. Ab dem 2. Dezember ist nämlich das neue Lektionar im Gottesdienst-Einsatz. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zur neuen Bibelübersetzung in der Messe gesammelt.

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Was ist ein Lektionar?

Das Lektionar ist das Buch, in dem die Texte aus der Bibel für die Feier der Gottesdienste in der Reihenfolge gesammelt werden, in der sie im Laufe des Kirchenjahrs gelesen werden. Es enthält die Lesungen aus dem Alten und Neuen Testament, die Antwortpsalmen, die Rufe vor dem Evangelium und das Evangelium selbst.

Das Buch ist größer und aufwendiger gestaltet als eine Bibel, wie man sie zuhause im Bücherregal hat. Das Schriftbild ist so eingerichtet, dass man daraus gut vorlesen kann, etwa durch eine Gliederung in Sinn- und Atemabschnitte. Durch die farbliche Gestaltung wird deutlich, was vorzulesen ist, und was "Regieansagen" sind, die nicht laut gelesen werden.

Ein Lektionar mit Texten in der revidierten Einheitsübersetzung liegt aufgeschlagen auf einem Pult im Mittelgang einer Bonner Kirche.
Bild: ©Harald Oppitz/KNA

Das neue Lektionar liegt auf dem Ambo: Am 1. Advent kann es losgehen!

Warum kommt ein neues Lektionar?

Im Jahr 2016 erschien eine neue Fassung der Einheitsübersetzung der Bibel. Bei dieser Revision wurden neue Erkenntnisse der bibelwissenschaftlichen Forschung berücksichtigt, außerdem wurden sprachliche Ausdrücke, die dem damaligen Zeitgeist entsprachen, modernisiert. Seit damals ist die neue katholische Bibelübersetzung erhältlich. Damit musste auch das Lektionar erneuert werden, in dem bisher die Texte in der Fassung der Einheitsübersetzung von 1979/80 verwendet wurden.

Warum kommt das neue Lektionar erst jetzt?

Das bisherige Lektionar war seit Jahrzehnten in Gebrauch, eine digitale Fassung existierte nicht. Daher musste das neue Lektionar von Grund auf neu digital gesetzt werden, um den heutigen Standards der Buchproduktion gerecht zu werden. Auch inhaltlich gab es viel zu tun: Jeder Abschnitt wurde gesondert betrachtet und individuell eingeleitet. Das betrifft etwa Stellen, die im Kontext der Schrift beginnen mit Formulierungen wie "Und danach ging er". Gelesen wird dann "In jener Zeit ging Jesus", damit der Zusammenhang klar wird. Im Deutschen Liturgischen Institut sind damit fünf Mitarbeiter beschäftigt.

Das war viel Arbeit, die nicht parallel zur neuen Einheitsübersetzung erfolgen konnte: Insgesamt hat das Lektionar acht Bände für die verschiedenen Lesejahre und Zeiten im Kirchenjahr. Dieses Projekt ist noch nicht abgeschlossen: Jetzt erscheint der Band für die Sonn- und Festtage im Lesejahr C, das am ersten Advent 2018 beginnt. Erst 2022 wird der letzte Band erscheinen. Verpflichtend wird der Einsatz der Bücher, wenn die Sonntagsbände aller drei Lesejahre und das Evangeliar erschienen sind. Das ist nach aktueller Planung im Herbst 2020.

Warum gab es keine ökumenische Lösung?

Leider gibt es derzeit keine aktuelle, ökumenisch verantwortete deutsche Bibelübersetzung. Die alte Einheitsübersetzung entstand gemeinsam mit evangelischen Vertretern, Psalmen und das Neue Testament sind ökumenische Texte. Bei der Revision der Einheitsübersetzung war das nicht mehr möglich: Die evangelische Kirche zog sich aus dem Projekt zurück, weil sie die Bedingungen der katholische Seite nicht mittragen kann. Dazu gehört, dass die revidierte lateinische Bibel ("Nova Vulgata") nach vatikanischer Vorgabe als Norm bei strittigen Fragen herangezogen werden muss sowie die Notwendigkeit einer Approbation durch den Papst der neuen Übersetzung.

Die neuen Fassungen von Lutherbibel und Einheitsübersetzung
Bild: ©KNA

Sowohl die Einheitsübersetzung wie die Lutherbibel wurden vor kurzem neu übersetzt – eine ökumenische deutsche Ausgabe der Heiligen Schrift gibt es derzeit leider nicht.

Allerdings war auch das alte Lektionar kein ökumenisches Buch: Das Lektionar ist nach der Leseordnung des Kirchenjahrs geordnet. Die evangelische Kirche hat eine eigene Leseordnung, die Perikopenordnung, die von der katholischen abweicht. Während die katholische Leseordnung weltweit gilt, legen die evangelischen Kirchen ihre Perikopenordnung selbst fest; in Deutschland ist dafür die Liturgische Konferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland zuständig. Auch die EKD führt zum neuen Kirchenjahr eine neue Leseordnung ein. Im Gegensatz zum katholischen Lektionar werden hier aber auch Lesungen umgestellt und neu ergänzt. Ein Schritt auf die katholische Tradition zu sind dabei die Aufnahme der Gedenktage von Martin (11. November) und Nikolaus (6. Dezember).

Im englischsprachigen Bereich gibt es mit dem "Revised Common Lectionary" eine Leseordnung, die der katholischen entspricht und von verschiedenen protestantischen Konfessionen verwendet wird.

Woran erkenne ich das neue Lektionar?

Von außen vor allem an dem farbigen Buchschnitt und dem neu gestalteten Umschlag, den der Wiener Künstler Christof Cremer gestaltet hat. Der für Liturgie zuständige Bischof Stephan Ackermann beschreibt die neue Cover-Gestaltung so: "schräg einfallende, einander überschneidende Ellipsen über die ganze Breite des Einbands hin. Nur der untere Scheitelpunkt ist jeweils sichtbar. Der obere Scheitelpunkt liegt quasi außerhalb des Buches, er sprengt den Rahmen. Die Linien auf dem Einband lassen eine dynamische Ab- und Aufstiegsbewegung erkennen, auch eine Assoziation mit Schallwellen scheint mir nicht abwegig." Auch der Leiter des Liturgischen Instituts Marius Linneborn hat diese Assoziation: "Das Wort Gottes, das hinausgesandt wird und wieder zurückkehrt auf verschiedenen Wegen."

Das neue Messlektionar liegt offen auf dem Altar
Bild: ©DBK/Kopp

Ein Blick ins neue Lektionar: So sieht die Lektorin oder der Lektor künftig die Lesungen.

Wer einen Blick in das Buch werfen will, findet beim Liturgischen Institut in Trier die Texte für die ersten drei Adventssonntage im Original-Layout als PDF.

Im Schriftbild ist das markanteste Zeichen, dass man es mit der neuen Version zu tun hat, der Gottesname: Sieht man "Hᴇʀʀ" in Kapitälchen oder Großbuchstaben, hat man es mit der neuen Übersetzung zu tun, in der alten wurde "Herr" oder "Jahwe" geschrieben.

Linktipp: Jahwe heißt jetzt Herr

Nach jahrelanger Arbeit wurde im September 2016 die neue Einheitsübersetzung der Bibel vorgestellt. Der Text sei laut Bischofskonferenz nun verständlicher und moderner - und trägt eine andere Gottesbezeichnung.

Was ändert sich für mich dadurch?

Für Kirchgänger macht sich das neue Lektionar dadurch bemerkbar, dass nun in den Gottesdiensten der Sonn- und Festtage die Texte aus der neuen Einheitsübersetzung zu hören sind. Ansonsten ändert sich für sie nichts; für die Werktagsmessen werden vorerst noch die alten Bücher verwendet. Die Aufteilung der Schrifttexte auf das Kirchenjahr bleibt ohnehin gleich: Weiterhin wird die 1969 eingeführte Leseordnung verwendet.

Die Lektoren, Diakone und Priester müssen sich kaum umgewöhnen; das neue Layout wurde behutsam modernisiert, aber nicht grundsätzlich verändert. Kleinere Änderungen machen das Lektionar benutzerfreundlicher: Als neutestamentliche Anrede steht jetzt immer der Aussageabsicht entsprechend "Brüder und Schwestern", die Schlussdeklamation "Wort des lebendigen Gottes" steht explizit unter den Lesungen.

Muss ich jetzt neue Bücher kaufen?

Für den Privatgebrauch kommt man in der Regel ohne eigene Lektionare aus. Die Bücher sind für den liturgischen Gebrauch gedacht und auch zu groß, um sie jedes Mal mit in die Messe zu nehmen. Interessierte und Sammler können sie aber dennoch einfach im Buchhandel kaufen.

Wer sich auf die Lesungen vorbereiten oder sie noch einmal nachlesen will, kann das weiterhin wie bisher tun: Die Messbücher für den Privatgebrauch werden nach und nach auf den neuen Stand gebracht. Beim "Magnificat" werden ab Dezember die neuen Übersetzungen verwendet, das Schott-Messbuch ist für das Lesejahr C bereits erschienen, aber vergriffen – im Januar kommt die neue Auflage. Auch viele Online-Angebote wie stundenbuch.katholisch.de sind ab dem ersten Advent auf den neuen Text umgestellt.

Wann es eine gedruckte Ausgabe des Stundenbuchs mit der neuen Bibelübersetzung gibt, ist noch nicht absehbar. Die Psalmen für das Stundengebet liegen aber schon in der neuen Übersetzung im Format des Stundenbuchs vor und können beim Liturgischen Institut bestellt werden.

Bild: ©KNA

Die Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Straubing fertigt aus alten Gotteslob-Büchern Möbel, Kreuze und Engelfiguren. Könnte das auch eine Idee für nicht mehr gebrauchte Lektionare sein?

Was geschieht mit den alten Büchern?

Das regelt jede Gemeinde selbst: Manche werden sie in die Archive stellen, manche an interessierte Sammler weitergeben. Zum Wegwerfen sind die alten Bücher jedenfalls zu schade, auch wenn sie schon 36 Jahre im regelmäßigen Gebrauch sind – vielleicht gibt es aber auch wieder kreative Ideen, wie die Bücher neu eingesetzt werden könnten, so wie bei der Einführung des Gotteslobes Kunstwerke aus manchen alten Gesangbüchern entstanden.

Insgesamt werden aber nicht so viele Bücher außer Dienst gestellt wie bei der Umstellung auf das neue Gotteslob.

Wie können wir als Gemeinde das neue Lektionar feierlich einführen?

Das Liturgische Institut stellt Gottesdienstmodelle für die Einführung zur Verfügung, sowohl für Eucharistiefeiern wie für Wort-Gottes-Feiern. Diese besonderen Gottesdienste sind eine gute Form, um die Bedeutung des "Wortes des lebendigen Gottes" in der Feier der Kirche deutlich zu machen. In manchen Bistümern wird das neue Lektionar auch feierlich von den Diözesen an die Gemeinden übergeben. Auch dafür gibt es einen Gottesdienstvorschlag.

Von Felix Neumann