Von Verpackungsbergen über die Baumfrage bis zum Festmahl

Wie kann ich umweltfreundlich Weihnachten feiern?

Veröffentlicht am 21.12.2018 um 20:10 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Nicht nur das üppige Essen kann nach Weihnachten ein ungutes Gefühl hinterlassen – auch die Müllberge der Geschenkverpackungen nagen am Gewissen. Katholisch.de hat Tipps, wie das zweitwichtigste Fest der Christenheit im Licht der Umweltenzyklika nachhaltiger gefeiert werden kann.

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Weihnachten gehört zu den wichtigsten christlichen Festen und zugleich bedeutet es in den meisten Familien einen Konsumrausch: Es gibt gutes Essen und oft teure Geschenke, teilweise lange Anfahrtswege und die zu dem Anlass getragene festliche Kleidung ist oft neu. Zerrissenes Geschenkpapier und weiterer Verpackungsmüll bilden nach der Bescherung einen Berg und nagen am Gewissen. Ist das die christliche Bescheidenheit, die man eigentlich vorleben möchte? Gleich zu Beginn der Bibel gab Gott dem Menschen den Auftrag, die Erde zu bebauen und zu bewahren und spätestens mit der Umweltenzyklika "Laudato si" verpflichtet die Kirche die Gläubigen zu einem nachhaltigen und umweltfreundlichen Leben.

Es gibt inzwischen Bewegungen, die mehr oder weniger konkrete Tipps geben, wie das gehen könnte. So empfiehlt etwa "Live Laudato si" Gebet, einen einfacheren Lebensstil und lokale Vernetzung, um Umweltverschmutzung im Kleinen zu bekämpfen. Konkreter und direkt auf Weihnachten bezogen sind die Tipps, die die Katholische Universität Eichstätt anbietet. Vergangene Woche stand in der KU unter dem Motto "Nachhaltigere Weihnachten" und bot den Studierenden nicht nur Vorträge und Mitmachaktionen an sondern auch einen entsprechenden Weihnachtsmarkt vor der Aula.

Eines wird im Gespräch mit Ina Limmer, die diese weihnachtliche Nachhaltigkeitswoche organisiert hat, schnell klar: Sie will niemandem die Weihnachtsfreude vermiesen und rät auch nicht zu totalem Verzicht auf Geschenke, Fleisch oder schöne Geschenkverpackungen. "Es ist vielleicht ein Verzicht auf den Lebensstil, den wir uns in den letzten Jahrzehnten angewöhnt haben, aber auch ein Gewinn, wenn man etwa durch das Gespräch über selbstgemachte Geschenke mehr Zeit miteinander verbringt." Limmer rät dazu, kreativ zu werden, mit dem was man hat.

Anders schenken

Die nachhaltigsten Geschenke seien nämlich solche, die bedeuteten, dass man nichts Neues kaufen muss: etwa der minimalistische Trend, auf Konsumgüter zu verzichten und Zeit zu verschenken. Eine weitere Idee sind Geschenke-Tauschbasare, auf denen man fündig werden kann oder Dinge, die man – je nach Talent – selbst gebastelt, gemalt oder genäht hat. Und wenn man schon etwas Neues kaufe, schlägt Limmer vor, in der Region produzierte Produkte zu nehmen, fair gehandelte Ware oder Dinge, die durch das "Upcycling" entstanden sind, also etwa Spielzeugautos aus Blechdosen oder Taschen aus aneinandergebügelten Plastiktüten. An der KU konnte man in einer "Weihnachtswerkstatt" lernen, wie man Kosmetik und Hygieneprodukte selbst herstellen kann, wie man Bienenwachskerzen zieht und bunte Mäppchen aus gebrauchten Plastiktüten produziert.

Nachhaltigerer Weihnachtsmarkt
Bild: ©KU Eichstätt

Ein Student kauft auf dem "Nachhaltigeren Weihnachtsmarkt" der KU Eichstätt ein. Dort werden fair gehandelte und regionale Produkte sowie Windlichter verkauft, die aus verziertem Altglas bestehen - Stichtwort "Upcycling".

Eine weitere Idee bringt Limmer aus ihrem privaten Umfeld ein: insgesamt weniger Geschenke, weil man anders schenkt. So könne etwa eine Familie beschließen, dass jede Person nur ein Geschenk bekommt, dafür kann es etwas Hochwertiges sein, weil mehrere zusammenlegen. Oder man wichtele die Person, die beschenkt werden soll. "Bei mir zuhause gibt es die Regel: Ein Geschenk für maximal 50 Euro kaufen und unter dem Baum wird dann gelost." Wenn bei dieser spielerischen Variante jemand etwas zieht, das gar nicht passt, könne man untereinander tauschen.

Nachhaltiger Trend: Stoffverpackung

Auch beim Verpacken der Präsente gibt es umweltfreundliche Alternativen zu Geschenkfolie in Metalloptik. Es gibt inzwischen viele Varianten von recycelten Geschenkpapier oder man nimmt gleich Packpapier und bemalt es individuell oder verziert es etwa mit einem kleinen Tannenzweig oder anderen winterlichen Materialien aus der Natur. Eine schöne Kordel ersetzt bunte Plastikschleifen. Auch vielerlei aus dem Altpapier kann sich zur Verpackung eignen – billige Werbeprospekte ausgenommen: Zeitungsseiten mit hochwertigen Fotos oder Illustrationen;  Seiten aus alten Notenbüchern, Atlanten, Comicheften und alte Plakate. Und Geschenkpapier, -Tüten oder -Beutel können wiederverwendet werden, wenn sie die Bescherung in einem Stück überstanden haben.

Es gibt auch mehrere kreative Ideen, Geschenke mit Stoff statt Papier zu verpacken: Wenn eine Person mit mehreren Präsenten beschenkt wird, kann sich etwa das Buch in dem schön gefalteten und mit einem Band zusammengehaltenen Pulli befinden – oder kleine Kostbarkeiten in den selbstgestrickten Socken. Wer schöne Stoffreste hat, kann die Geschenke auch darin einpacken, statt den Stoff wegzuwerfen. Und zu guter Letzt wird in den vergangenen Jahren auch in Deutschland die traditionelle japanische Verpackungsart "Furoshiki" immer bekannter. Dabei wickelt man ein Geschenk in ein Tuch rund 80 mal 80 Zentimeter großes Tuch ein – aber auch Halstücher und Schals eignen sich als Verpackungsmaterial. Unzählige Anleitungen im Internet zeigen, wie sperrige Gegenstände mit der passenden Falttechnik elegant eingepackt werden können.

Echter oder künstlicher Weihnachtsbaum?

Als einen heiklen Punkt nennt die Nachhaltigkeits-Expertin Limmer das festlich geschmückte Haus. "Da muss man schauen, was von den Traditionen her gemacht werden muss, weil es zu Weihnachten gehört." Die Frage nach dem echten Weihnachtsbaum oder nach der wiederverwendbaren Variante aus Plastik kann sie nicht beantworten. Umweltschützer verweisen darauf, dass natürliche Weihnachtsbäume meist aus der Region kämen und in ihren rund zehn Lebensjahren eine beachtliche Menge Kohlendioxid binden. Limmer kann jedenfalls nicht die Bäume empfehlen, die samt Wurzel in Wohnungen "ausgeliehen" werden und dann wieder in die Natur gesetzt werden: "Ich habe gehört, dass diese Variante zwar fürs Gewissen gut ist, aber dass die Bäume meistens trotzdem sterben weil die Temperaturschwankung zu groß ist."

Furoshiki als Alternative zum Geschenkpapier
Bild: ©katholisch.de/Agathe Lukassek

Weihnachtsgeschenke, die nach der japanischen Verpackungsart "Furoshiki" in Stoffe eingepackt sind.

Die Plastiktanne kommt in den meisten Fällen aus Fernost – allerdings muss sie dann, wenn sie jahrelang wiederverwendet wird, nur noch aus dem Keller geholt werden und weitere Transportwege fallen nicht an. "Rein nachhaltig gedacht wäre es am besten, eine vorhandene Zimmerpflanze zu schmücken", sagt Limmer und lacht. Man könne Nadelbaumäste, die ohnehin im Wald liegen, zu einem schönen Gesteck zusammenbinden.

Zum Weihnachtsschmuck gehört neben Christbaumkugeln – muss es jedes Jahr eine neue Trendfarbe sein? – auch die Beleuchtung. "Tut es die eine Lichterkette am Baum und ein Fensterschmuck oder muss das ganze Haus leuchten? Die Frage müssen sich Haushalte stellen," so die wissenschaftliche Mitarbeiterin der KU. Sie verweist darauf, dass in Deutschland ein großer Teil des Stroms in der Weihnachtszeit verbraucht wird; die blinkenden Lichter kosten die Verbraucher gut 220 Millionen Euro pro Saison. Limmer empfiehlt, alte Lichterketten durch stromsparende LED-Varianten auszutauschen.

Zuletzt erinnert die Expertin daran, dass zu einem nachhaltigen Lebensstil auch eine entsprechende Ernährung gehört. "Live Laudato si" empfehlen einen Tag in der Woche kein Fleisch zu essen – und es gibt katholische Traditionen, wenigstens an Heiligabend fleischlos zu feiern und Karpfen zu essen, wie etwa in Polen. Limmer appelliert daran, dass man beim Weihnachtsfestmahl bedenkt, woher das Fleisch kommt: "Muss es die günstigste Gans aus dem Supermarkt sein oder wäre am Feiertag nicht eher Bio oder vom Metzger angebracht?" Sie esse an Weihnachten Reh. "Davon gibt es in Deutschlands Wäldern sowieso genug und es muss gejagt werden." Dies sei dann ein besonderer Braten, den man guten Gewissens genießen könne.

Von Agathe Lukassek