Vom Faschismus-Sympathisanten zum Seligen
"Widerstandskämpfer gegen die Faschisten-/Naziideologie. Er gab aus Liebe sein Leben für seine Mitgefangenen," so twitterte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick am Mittwochmorgen. Das Bild dazu zeigt einen jungen Mann in der Uniform der italienischen Gebirgstruppen mit dem Alpini-Hut samt Feder auf dem Kopf. Der Erzbischof würdigte mit seinem Tweet den seligen Teresio Olivelli, der kurz nach seinem 29. Geburtstag im Konzentrationslager Hersbruck bei Nürnberg zu Tode geprügelt wurde. Schick nennt ihn einen "Märtyrer der Nächstenliebe".
Am 16. Januar 2019 feiert das Erzbistum Bamberg erstmals den Gedenktag Olivellis. Wer war der Mann, der am 3. Februar des vergangenen Jahres in Vigevano in der Lombardei seliggesprochen wurde, und auch "Rebell der Liebe" und "Lichtgestalt des katholischen Widerstands" genannt wird?
Teresio Olivelli wurde am 7. Januar 1916 in Bellagio am Comer See als jüngerer von zwei Brüdern geboren. Bereits in seiner Jugend engagierte er sich in der "Katholischen Aktion" Italiens und soll häufig die Sakramente der Kommunion und der Beichte empfangen haben. "Er zeigte sich als Samariter für die Gefährten mit Schwierigkeiten, der anderen in der Schule und bei den nachmittäglichen Wiederholungsstunden half", beschreibt die Zeitung "Corriere di Como" Olivelli.
Zunächst für das Faschistische Kulturinstitut gearbeitet
Nach seinem Studium der Rechtswissenschaft in Pavia promovierte er 1938 mit Auszeichnung in Verwaltungsrecht und wechselte als Assistenzprofessor an die Universität Turin. Wie viele andere Zeitgenossen glaubte Olivelli zunächst, dass man dem Faschismus ein katholisches Antlitz geben könne und veröffentlichte Artikel in entsprechenden Publikationen. 1940 wurde er gar Mitglied des Studienzentrums des nationalen Instituts für faschistische Kultur. Drei Charakteristika der Faschisten waren für den jungen Mann allerdings absolut inakzeptabel: Gewalt, Unterdrückung und Rassismus. Trotz zunehmender Abneigung gegen den Faschismus und das NS-Regime – zweimal war er für Fortbildungen in Berlin – verstrickte Olivelli sich immer mehr in die faschistische Kulturbürokratie.
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Seine Abneigung gegen eine andere politische Ideologie – den Kommunismus – war der Anlass für eine Änderung in Olivellis Leben. Schon als 20-Jähriger wollte er in den Spanischen Bürgerkrieg ziehen, um die von ihm als "gottlose" bezeichneten Kommunisten und Anarchisten zu bekämpfen – seine Familie konnte ihn nur mit Mühe davon abhalten. 1941 meldete er sich dann zu den italienischen Gebirgsjägern und nahm als Leutnant freiwillig am Russlandfeldzug teil. Im Artillerieregiment der Alpini in der Ukraine kümmerte er sich auf dem 2.000 Kilometer langen Rückzug vom Don im Winter um seine Soldaten. Hierbei kam es zum ersten Kontakt mit dem Widerstand.
Zurück in Italien schloss er sich 1943 der Resistenza an, ging in den Untergrund und beschäftigte sich intensiv mit der Frage, wie der italienische Staat nach dem Krieg nach christlichen Grundsätzen wiederaufgebaut werden könne. Olivelli gründete im Februar 1944 die Widerstandszeitschrift "Il Ribelle". Am 27. April 1944 wurde er in Mailand verhaftet. Er kam über das Durchgangslager Fossoli und die Lager Gries in Bozen und Flossenbürg schließlich am 1. Oktober nach Hersbruck.
Aus seinem katholischen Glauben heraus stand er den anderen Häftlingen zur Seite, etwa dem sterbenskranken Odoardo Focherini, der ihm einst das Leben gerettet hatte und 2013 selbst seliggesprochen wurde. Für diesen Einsatz wurde Olivelli immer wieder von den Aufsehern geprügelt.
Märtyrer und tugendhaftes Vorbild
Einer dieser Einsätze für die Gefangenen kostete Olivelli das Leben. Bereits krank und abgemagert warf sich der junge Mann im Januar 1945 dazwischen als ein anderer Häftling vom Kapo verprügelt wurde. Von dem folgenden Tritt in den Bauch und den 25 Schlägen erholte er sich nicht mehr. Er war bei Bewusstsein als er auf die Krankenstation kam, betete und verschenkte seine letzten intakten Kleidungsstücke an einen Freund. Am 17. Januar starb Olivelli und wurde eingeäschert.
Linktipp: Beim Angelus würdigt Franziskus neuen Seligen
Franziskus hat alle Christen und Gläubige anderer Religion zu einem Fastentag für den Frieden aufgerufen. Für die Katholiken hatte er noch eine andere Forderung: mehr Engagement zum Schutz des Lebens. Zudem würdigte er den neuen seligen Teresio Olivelli. (Artikel vom Februar 2018)Da er auf dem Gebiet des Erzbistums Bamberg starb, wäre dieses für eine Seligsprechung zuständig gewesen. Aber seine Heimatdiözese Vigevano beantragte die Zuständigkeit und so begann 1987 der Seligsprechungsprozess. 30 Jahre später wurde verkündet, dass Olivelli aufgrund seiner christlicher Tugend und als Märtyrer, der dem "Hass gegen den Glauben" zum Opfer fiel, seliggesprochen werden soll.
An der Seligsprechung im Jahr 2018 nahmen auch 22 Menschen aus Hersbruck teil, darunter Erzbischof Schick. Papst Franziskus würdigte Olivelli als einen, der "Christus durch seine Liebe zu den Schwächsten bezeugt" habe. Der Präfekt der vatikanischen Heiligsprechungskongregation Kardinal Angelo Amato bezeichnete den Widerstandskämpfer weiter auch als ein Beispiel dafür, dass "nicht alle Heiligen Priester oder Ordensleute" sein müssten. "Leidenschaft für Gott Leidenschaft für den Menschen" zeichneten Teresio Olivelli aus, so Erzbischof Schick.
