Warum der nächste Papst wohl nicht Tobias heißen wird

Nomen est omen

Veröffentlicht am 13.03.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Konklave

Bonn ‐ Was die Wahl Ihrer Namen angeht, sind die Päpste nicht besonders kreativ, könnte man meinen. Gerade wählt das Konklave den 266. offiziell anerkannten Papst der Kirchengeschichte, bei den Namen haben sich die obersten Kirchenmänner aber auf gerade mal 82 beschränkt, ganze 95 Pontifices wählten die sechs häufigsten.

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Am beliebtesten war Johannes (23 Mal), gefolgt von Gregor und Benedikt (jeweils 16 Mal), Clemens (14 Mal) und Innozenz (13 Mal). Glaubt man den Wettbüros, dann könnte sich der nächste Papst Leo nennen, und wäre damit Leo XIV.

Warum nicht Papst Christian oder Papst Tobias?

Dass sich ein Papst nicht gerade einen heidnischen Namen gibt, liegt nahe. Aber warum nannte sich eigentlich noch keiner Christian oder Tobias? Diese Frage beantwortet der Münchener Theologieprofessor Manfred Heim mit einem Wort: Tradition. "Sie ist eines der bestimmenden Werteelemente in der katholischen Kirche", so der Kirchenhistoriker. Mit dem Rückgriff auf die Namen seiner Vorgänger signalisiert der neue Papst Kontinuität und Loyalität. Gleichzeitig ist der Name Programm.

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Das zeigt das Beispiel Benedikt XVI. : "Er hat sich auf Benedikt XV. bezogen – den Papst des ersten Weltkriegs, der sich besonders um Frieden bemüht und das theologische Lehrgebäude der Kirche entscheidend weiterentwickelt hat", erklärt Heim. Außerdem könne man die Wahl als eine Art Liebeserklärung an die bayerische Heimat lesen, wo der Orden der Benediktiner eine große Rolle spielt. Auch der Name Johannes erfreut sich nicht umsonst so großer Beliebtheit – er weist auf Johannes den Täufer hin. "Würde der neue Papst sich ‚Johannes XXIV‘ nennen, dann könnte man daraus auch einen besonderen Bezug auf das Zweite Vatikanische Konzil und dessen Vordenker, Johannes XXIII. erkennen", sagt Heim.

Ein heidnischer Name für einen Pontifex?

Auch bei den Päpsten gilt also: Nomen est omen. Dass die Pontifices ihren bürgerlichen Namen abgeben, war nicht immer so. Ihren Anfang nahm diese Tradition aus ganz praktischen Nöten eines Papstes im 6 Jahrhundert: 533 wurde der Römer Mercurio gewählt. Ein Kirchenoberhaupt mit einem Namen aus der römisch-heidnischen Antike – das wäre jedoch sehr unpassend gewesen. Und so nannte sich Mercurio fortan Johannes. Verstetigt hat sich dieses Vorgehen jedoch erst Ende des ersten Jahrtausends mit den Päpsten Gregor V. und Johannes XII.

Eine entsprechende Vorschrift gibt es aber nicht. "Jeder neue Papst könnte theoretisch seinen Taufnamen behalten, wenn er das wollte. Aber er wird das nicht tun. Denn zu Recht kann man vom neuen Kirchenoberhaupt erwarten, dass er mit einer guten Programmatik antritt und an die Tradition seiner Vorgänger anknüpft", so Heim.

Eine Frage der Diplomatie

Nicht zuletzt ist die Namensfrage eine Frage von diplomatischer Klugheit. Würde sich der neue Papst etwa Pius XIII. nennen, dann würde er immer mit Pius XII. in Verbindung gebracht. "Dessen Rolle während des Nationalsozialismus ist wissenschaftlich aber noch nicht abschließend aufgearbeitet" sagt Heim. Wegen des heiklen Vorgeschichte handelt es sich bei solchen Überlegungen wohl eher um ein Gedankenexperiment.

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Wahrscheinlicher ist da schon, dass die Wettbüros Recht behalten und der Neue "Leo" heißen könnte. Auch dafür hat der Kirchenhistoriker eine Deutung: So wurde Leo I., der im 5. Jahrhundert lebte, nicht umsonst als "Leo der Große" bezeichnet. "Er hat die Kirche in einer außerordentlich bedrängten Zeit meisterhaft durch die Stürme gesteuert", sagt Heim. Da könnte man durchaus Parallelen in die Gegenwart ziehen: Säkularisierung und Relativismus sind zwei Stichworte. "Da braucht es einen Papst. Und der Name Leo steht für Löwe, für eine kämpferische Natur".

Lange Zeit zum Überlegen hat der neue Papst jedenfalls nicht. Unmittelbar nach der Wahl fragt ihn Kardinalbischof Giovanni Batista Re, der derzeit ranghöchste wahlberechtigte Kardinalbischof, ob er die Wahl annimmt. Und dann folgt schon die zweite Frage: "Quo nomine vis vocari?" ("Wie möchtest Du genannt werden?"). Spätestens in diesem Moment sollte der Auserwählte eine Antwort parat haben.

Von Gabriele Höfling

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