Kirchen von gestern oder Gotteshäuser von heute?
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Für Radsportfans gibt es keinen besseren Monat als den Juli. Die Urlaubszeit beginnt, die Sonne scheint – am besten gleich morgens rauf aufs Rad! Mittags ruft dann der Fernseher, um stundenlang den Profis zuzuschauen, wie sie bei der Tour de France die Pässe erklimmen oder im Windschatten bergab rasen. Die Übertragungen bieten allerdings nicht nur Radsportfans Unterhaltung, sondern auch Kulturinteressierten. Auf ihrem Weg passieren die Fahrer zig Schlösser, Burgen und Kirchen. Auf manchen Etappen entsteht der Eindruck, in nahezu jedem französischen Dorf stünde eine Kirche mit einer außergewöhnlichen Geschichte, von denen die Kommentatoren die interessantesten zum Besten geben.
Häufig ragen die Türme der massiven Kirchen weit in den Himmel. Die Bauten ziehen alle Blicke auf sich und prägen die Dörfer und die umliegende Landschaft. Sie transportieren das Gottesbild und das Kirchenbild der Menschen aus dem Mittelalter ins Heute. Groß und mächtig sind die Bauten, klein fühlt sich der Mensch darin. Bis heute fasziniert die Architektur. Mein Gottesbild und mein Kirchenbild finden sich darin jedoch nur bedingt wieder. Besichtigungen von Kirchen des Mittelalters sind für mich Besuche in einer anderen Zeit.
Wo heute Kirchen gebaut werden, kann es gelingen, ein vom Geist der Zeit inspiriertes Bild von Gott und Kirche zu vermitteln: etwa in Leipzig mit der Propsteikirche St. Trinitatis. Der Bau ist gut sichtbar, aber nicht zu dominant. Er ist offen, hell und klar – und trotz der reduzierten Gestaltung eindrucksvoll.
Es muss natürlich nicht immer ein Neubau sein. Wo etwa über eine Neugestaltung des Altarraums nachgedacht wird, darf diese mutig von der heutigen Zeit berichten. Ich hoffe, dass es in einigen hundert Jahren Menschen möglich sein wird, durch unsere heutigen Kirchenbauten und Veränderungen an alten Kirchen etwas über uns und unseren Glauben zu erfahren. Und wenn es die Tour de France dann noch gibt, werden die Kommentatoren auf jeden Fall davon berichten.