"Herumbasteln" locke nicht mehr Menschen an

Woelki: Der Glaube ist nicht verhandelbar

Veröffentlicht am 23.12.2019 um 10:35 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Der Glaube ist entscheidend, nicht wer ihn verkündet. Das findet der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. Für ihn ist klar: Das letzte Wort bei Reformen hat immer Christus – oder der Papst.

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Für den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ist der Glaube nicht per Mehrheitsbeschluss verhandelbar. "Ich kann nicht darüber abstimmen, ob Jesus zu Weihnachten Mensch geworden ist oder nicht", sagte er am Montag in einem Interview mit der "Bild". "Selbstverständlich muss man anhören, was Christen sagen, nicht nur die in Laien-Organisationen. Aber auch deren Sicht muss vor dem Evangelium, den Lehren und den Beschlüssen der Kirche Bestand haben", so der Kardinal.

Er sei überzeugt, dass das "Herumbasteln" an den äußeren Erscheinungsformen der Kirche nicht mehr Menschen anlocke. Jeder Christ müsse sich jeden Tag hinterfragen und auf Gott und Jesus hin orientieren. "Der Glaube ist entscheidend, nicht wer ihn verkündigt, ob er Mann oder Frau ist, alte oder neue Lieder singt oder der Priester verheiratet ist", sagte Woelki in Hinblick auf den "synodalen Weg".

Über den Zölibat könne man zwar diskutieren, aber man müsse da auch realistisch sein: "Das wird nicht im deutschsprachigen Zweig der katholischen Kirche entschieden, sondern in der Weltkirche insgesamt." Der Glaube habe ja nicht 2.000 Jahre lang gelogen, so dass man ihn heute einfach mit einem Fingerschnipp neu entwerfen könnte. Auf die Frage, ob der Papst bei möglichen Reformen das letzte Wort habe, sagte Woelki: "Das letzte Wort hat Christus. Aber im Zweifelsfalle spricht es der Papst aus."

Christentum ist kein Selbstläufer

Dass noch immer viele Menschen der Kirche den Rücken kehren, sieht Woelki als Herausforderung. "Wir Christen müssen verstehen, dass es bei uns nicht mehr selbstverständlich ist, Christ zu sein. Das Traditionschristentum, in das man hineingeboren wurde und sein Leben lang für sich akzeptierte und mitnahm, trägt nicht mehr." Vielleicht sei es auch in Wahrheit nie so selbstverständlich gewesen. "Christentum ist kein Selbstläufer, sondern muss den Menschen erklärt und begründet werden. Diese Aufgabe müssen wir annehmen."

Ein Fest, das Menschen unterschiedlicher Kulturen und Regionen weltweit verbinden könne, sei das Weihnachtsfest. Im Interview nannte der Kardinal es den wichtigsten "Exportschlager des Christentums". Weihnachten stehe für die Frage nach dem Ursprung – eine Frage, die nie alt und langweilig werde. Deshalb werde Weihnachten in Singapur, Tokio, New York oder Köln gefeiert und berühre das Herz der Menschen. (cbr/KNA)