Bekannt durch wenig diplomatische Äußerungen

Schweizer Nuntius Gullickson: Papst nimmt Rücktritt an

Veröffentlicht am 19.10.2020 um 13:01 Uhr – Lesedauer: 

Bern ‐ Normalerweise sind päpstliche Nuntien der breiteren Öffentlichkeit wenig bekannt. Ganz anders in der Schweiz: In seinen fünf Jahren als Vatikanbotschafter ist Erzbischof Thomas Gullickson einigen auf die Füße getreten. Nun tritt er ab.

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Der Rücktritt des Schweizer Nuntius Thomas Gullickson wurde angenommen. Wie der Papstbotschafter in seinem Blog am Wochenende mitteilte, habe Papst Franziskus seinem Wunsch entsprochen, im Alter von 70 Jahren aus dem diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls auszuscheiden. Gullickson wird demnach sein Amt noch bis Ende des Jahres ausüben und kehrt dann in seine Heimat Sioux Falls im US-Bundesstaat South Dakota zurück. Der Vatikan hat die Personalie bisher nicht bestätigt.

Gullickson ist seit 2015 Apostolischer Nuntius in der Schweiz und Liechtenstein mit Sitz in Bern. Der Erzbischof wurde über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt durch seine für einen Diplomaten ungewöhnlich offene und pointierte Kommunikation in der Öffentlichkeit, auf seinem Blog und in sozialen Medien. Er gilt als scharfer Kritiker einer aus seiner Sicht zu liberalen Schweizer Kirche.

Richtungsentscheidung im Bistum Chur

Als Nuntius kommt ihm eine Schlüsselfunktion bei der Ernennung neuer Bischöfe zu. Insbesondere im Bistum Chur, das seit 2019 vakant ist, steht eine Richtungsentscheidung für die Zukunft der Kirche in Schweiz an. Laut Informationen von kath.ch hat Gullickson für Chur eine Liste mit "moderaten" Kandidaten für das Bischofsamt in Rom vorgelegt, nachdem Medien zuvor schon mehrere mögliche Namen genannt hatten. Im Land wird schon länger vermutet, dass ein Nachfolger des polarisierenden Bischofs Vitus Huonder erst nach dem Weggang des Nuntius ernannt wird. Derzeit wird das Bistum durch den emeritierter Bischof von Reykjavík, Pierre Bürcher, geleitet, der nach der Emeritierung Huonders zum Apostolischen Administrator ernannt wurde.

Gullickson ist seit 1985 im diplomatischen Dienst. 2004 wurde er zum Titularerzbischof ernannt und übernahm seine erste Stelle als Nuntius für mehrere karibische Inselstaaten. 2011 wurde er Botschafter des Heiligen Stuhls in der Ukraine. Auf diesem Posten kritisierte er die Politik Russlands deutlich und wurde wohl aufgrund dieser Äußerungen nach ungewöhnlich kurzer Zeit abberufen und nach Bern versetzt. (fxn)