"Eine lebendige Kirche mit offenen Türen"

Ein Jahr zuvor hatte er das Themenjahr mit dem Motu proprio "Porta fidei" ausgerufen, um "die Inhalte des Glaubens, der bekannt, gefeiert, gelebt und im Gebet ausgedrückt wird, wiederzuentdecken und über den Glaubensakt selbst nachzudenken". Benedikt hatte dabei vor allem die einstmals katholisch geprägten, nun säkularisierten Gesellschaften des Westens im Blick, in denen es heute oft auch unter Getauften am schlichten Grundwissen über das Christentum fehlt. Und wo der von Benedikt XVI. beklagte Relativismus in der Religionsdebatte den Ton angibt.
Symbolischer Anlass für das Glaubensjahr war die Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren. Ist es gelungen, etwas von der damaligen Aufbruchsstimmung in der Weltkirche wiederzubeleben? Kurienerzbischof Rino Fisichella, der das Programm in Rom organisierte, ist davon überzeugt: Mehr als achteinhalb Millionen Pilger seien für das Glaubensjahr in die Ewige Stadt gekommen, um am Petrusgrab ihre katholische Zugehörigkeit zu bezeugen, zog er nun im Vatikan Bilanz. Die vielen Einzelinitiativen in Gemeinden und Bistümern auf der ganzen Welt haben für ihn bewiesen, "wie lebendig und dynamisch der Glaube für die Menschen bleibt". Ähnliches hört man auch aus der Deutschen Bischofskonferenz.
Zahl erwachsener Taufbewerber gestiegen
Der Präsident des Päpstlichen Rates für die Neuevangelisierung verwies daneben auf Untersuchungen aus Italien und Frankreich, wonach in beiden Ländern die Zahl erwachsener Taufbewerber in diesem Jahr gestiegen sei. Unterdessen berichtete die Zeitung "L'Avvenire" unlängst über eine Umfrage des italienischen Demoskopie-Instituts Censis, nach der das Interesse der Italiener an spirituellen Fragen zugenommen hat und immer mehr einen bescheideneren Lebensstil bejahen. Allerdings führte das Blatt der italienischen Bischofskonferenz die Entwicklung weniger auf Aktionen in den Pfarrgemeinden zurück, sondern auf den "Franziskus-Effekt".
Auch wenn solche Erklärungen nur Spekulation sein können: Dem "Jahr des Glaubens" konnte auch der neue Papst seinen Stempel aufdrücken. Die großen Glaubensfeste im Vatikan, zu denen jeweils geistliche Bewegungen und Ordensleute, Jugendliche, Katecheten oder Familien eingeladen waren, prägte ein Kirchenoberhaupt, das den unmittelbaren Kontakt mit den Menschen zu einem Kernelement seines Amtsverständnisses erhoben hat.
Ein Wochenende lang stand im Vatikan die Verehrung der Muttergottes im Mittelpunkt. Papst Franziskus feierte gemeinsam mit über 100.000 Gläubigen einen Gottesdienst auf dem Petersplatz. Eigens dafür war die Statue der Madonna von Fatima aus Portugal nach Rom gebracht worden.
Deutlicher noch als sein Vorgänger stellt Franziskus dabei immer wieder die wichtige Rolle der Gottesmutter für den Glauben heraus. Bereits Benedikt XVI. hatte die Feier eines Marianischen Tages Mitte Oktober ins Programm aufgenommen. Die Statue der Madonna von Fatima wurde eigens dafür aus Portugal eingeflogen.
Dieses Glaubensjahr habe im Zeichen der Kontinuität beider Pontifikate gestanden, betonte denn auch Erzbischof Fisichella. Sinnbild dafür ist nicht zuletzt die Glaubensenzyklika "Lumen fidei" (Licht des Glaubens) , die der eine Papst großteils verfasste und der andere vollendete. Weitere Marksteine für die Profilierung des katholischen Glaubens in einer unübersichtlichen Welt waren die römische Bischofssynode zur Neuevangelisierung gleich zu Anfang des Themenjahres und ein zehnseitiges Schreiben der Glaubenskongregation mit Anregungen zur Auffrischung des Glaubenswissens.
Erstmals Ausstellung der Petrusreliquien
Zum Abschluss des Themenjahres legt Franziskus nun mit dem Apostolischen Schreiben "Evangelii gaudium" (Die Freude des Evangeliums) das erste päpstliche Schreiben dieser Art aus eigener Feder vor. Zuvor wird das Jahr mit einem weiteren Symbol der Kontinuität enden: Erstmals sollten bei der festlichen Eucharistiefeier am 24. November die Petrusreliquien ausgestellt werden.
Insgesamt habe das Jahr der Welt eine freudige Kirche gezeigt, deren Türen weit offen stehen, so Fisichella. Und eine wahre Weltkirche, ließe sich hinzufügen. Denn die internationalen Großveranstaltungen rund um den Petersplatz, zu denen mehrfach mehr als 100.000 Menschen nach Rom pilgerten, waren immer auch katholische Begegnungsforen der Völker. Das Fazit des Erzbischofs: "Daran gewöhnt, Krisenfaktoren zu betonen, vergessen wir oft die vielen guten und hoffnungsvollen Seiten, die in der Kirche präsent sind."
Von Christoph Schmidt (KNA)