Fragmente sind erster derartiger Fund seit 60 Jahren

2.000 Jahre alt: Schriftrolle mit Bibeltexten am Toten Meer gefunden

Veröffentlicht am 16.03.2021 um 11:00 Uhr – Lesedauer: 

Jerusalem ‐ Es handelt sich um den ersten derartigen Fund seit 60 Jahren: Archäologen haben in der judäischen Wüste Dutzende Fragmente einer 2.000 Jahre alten Schriftrolle mit Bibeltexten gefunden. Und das war nicht ihre einzige Entdeckung.

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Israelische Archäologen haben Dutzende Fragmente einer 2.000 Jahre alten Schriftrolle in der judäischen Wüste gefunden. Die überwiegend auf Griechisch verfasste Rolle enthält biblische Texte aus den zwölf sogenannten kleinen Propheten, darunter Sacharja und Nahum, wie die Israelische Antikenbehörde (IAA) am Dienstag mitteilte. Es handelt sich demnach um den ersten derartigen Fund seit 60 Jahren.

Der Fund stammt aus einer Höhle im Nachal Chever südwestlich von Ein Gedi am Toten Meer. Sie liegt rund 80 Meter unter dem Kliff und ist nur mit Seilen erreichbar. Bekannt wurde sie als "Höhle des Horrors", weil in ihr 40 Skelette von Schutzsuchenden aus der Zeit des Bar-Kochba-Aufstands (132-135 nach Christus) gefunden wurden. Auf einem der Fragmente identifizierten die Forscher zwei Verse aus dem achten Kapitel des biblischen Sacharjabuchs: "Das sind die Dinge, die ihr tun sollt: Sagt untereinander die Wahrheit! Fällt an euren Stadttoren Urteile, die der Wahrheit entsprechen und dem Frieden dienen. Plant in eurem Herzen nichts Böses gegen euren Nächsten und liebt keine verlogenen Schwüre! Denn das alles hasse ich - Spruch des Herrn."

Als zweiten Text rekonstruierten die Forscher die Verse 5 und 6 aus dem ersten Kapitel des Nahumbuches. Im Vergleich zu anderen erhaltenen Versionen des Texts weise das Fragment zahlreiche Abweichungen auf. Es sei damit ein Zeugnis für die Weitergabe biblischer Texte und die Veränderungen im Laufe der Zeit. Vermutlich handelt es sich bei den Fragmenten um fehlende Passagen einer 1952 in der Höhle gefundenen Schriftrolle.

6.000 Jahre altes Skelett eines Kindes

Ferner fanden die Archäologen das rund 6.000 Jahre alte Skelett eines Kindes. Das zwischen 6 und 12 Jahren alte Kind, vermutlich ein Mädchen, war demnach in Stoff eingewickelt. Durch die trockenen Wetterbedingungen habe eine natürliche Mumifizierung stattgefunden.

Etwas weiter nördlich in der Muraba'at-Höhle entdeckten die Archäologen laut IAA einen Korb mit Deckel aus gewebtem Schilf. Das außergewöhnlich gut erhaltene Stück wurde mittels Radiokarbonmessungen auf ein Alter von rund 10.500 Jahren datiert und könnte nach Einschätzung der Forscher der älteste bekannte derartige Fund sein. Das hohe Fassungsvermögen von rund 90 bis 100 Litern deute auf eine Nutzung für Vorratshaltung hin. Hinweise auf das gelagerte Material wurden nicht gefunden. In weiteren Höhlen fanden die Forscher unter anderem Münzen aus der Zeit des Bar-Kochba-Aufstands.

Die Funde stehen im Zusammenhang mit einer seit 2017 andauernden Erfassung aller Höhlen in einem Gebiet von 80 Kilometern durch die IAA und weitere Behörden. Ziel ist laut IAA-Direktor Israel Hasson die Rettung wichtiger Stücke vor Antikenräubern. Die jetzt gefundenen Schriftfragmente seien "ein Weckruf für den Staat", Ressourcen für die Aktion bereitzustellen. Rund die Hälfte des Gebietes muss demnach noch erfasst werden. 1947 entdeckten zwei Ziegenhirten in Höhlen in der Wüste westlich des Toten Meeres die als Qumran-Rollen bekannt gewordene Sammlung hebräischer und aramäischer Schriften. Die Schriftrollen vom Toten Meer zählen zu den wichtigsten archäologischen Funden des 20. Jahrhunderts und enthalten 2.000 Jahre alte jüdische Texte, darunter Abschriften aus der Bibel. (KNA)