Polens "Primas des Jahrtausends" Wyszynski seliggesprochen

Bei einer landesweit viel beachteten Festmesse in Warschau ist am Sonntag der in Polen als "Primas des Jahrtausends" verehrte Kardinal Stefan Wyszynski (1901-1981) seliggesprochen worden. Der Präfekt der vatikanischen Heiligsprechungskongregation, Kardinal Marcello Semeraro, verlas in der größten Kirche der Hauptstadt, dem "Heiligtum der Göttlichen Vorsehung", die päpstliche Urkunde. Gemeinsam mit dem bis zu seinem Tod höchsten Würdenträger der Kirche in Polen wurde auch die Ordensgründerin Matka Elzbieta Roza Czacka (1876-1961) seliggesprochen.
An dem Gottesdienst nahmen mehrere Tausend Menschen teil, darunter etwa 100 Bischöfe aus dem In- und Ausland sowie Staatspräsident Andrzej Duda und die Spitzen von Regierung und Parlament. Zu der eigens für diesen Anlass komponierten Seligsprechungshymne "Soli Deo" wurden Porträts der beiden neuen Seligen enthüllt und Reliquien von ihnen zum Altar gebracht.
"Mutiger Hirte nach dem Herz Christi"
Papst Franziskus würdigte bei der Abschlussmesse des Eucharistischen Weltkongresses am Sonntag in Budapest die beiden neuen polnischen Seligen. Nach dem Ende des Gottesdienstes sagte der Papst, der frühere Erzbischof von Gnesen (Gniezno) und Warschau sowie Primas von Polen habe die Leiden des christlichen Kreuzes selbst erfahren. Er war sowohl während der deutschen Besatzung Polens wie auch unter dem kommunistischen Regime "verhaftet und isoliert" worden. Dennoch, so der Papst weiter, "war er immer ein mutiger Hirte nach dem Herz Christi, ein Herold der Freiheit und der Menschenwürde". Schwester Elzbieta, die in jungen Jahren ihr Augenlicht verlor, würdigte Franziskus wegen ihres Einsatzes für Blinde und Sehbehinderte. Das Beispiel der beiden neuen Seligen, so der Papst, möge dazu anregen, "die Finsternis mit der Kraft der Liebe in Licht zu verwandeln".
Wyszynski leitete von 1948 bis 1981 die Polnische Bischofskonferenz und genoss auch als Gegenspieler des kommunistischen Regimes in Warschau hohes Ansehen. Zudem war er ein Förderer des jungen Krakauer Erzbischofs Kardinal Karol Wojtyla (1920-2005), der 1978 zum Papst gewählt wurde und als Johannes Paul II. entscheidend zum Sturz des Kommunismus beitrug. Auch Wyszynski wird von seinen Landsleuten hoch angerechnet, dass er die geistige Freiheit gegen die politischen Machthaber in Polen verteidigte. Die Kommunisten steckten ihn von 1953 bis 1956 ohne Prozess ins Gefängnis.
Ursprünglicher Termin verschoben
Papst Franziskus billigte bereits im Oktober 2019 ein Dekret der Heiligsprechungskongregation, das die Heilung einer 19-jährigen Polin von Schilddrüsenkrebs im Jahr 1989 auf Anrufung Wyszynskis als Wunder einstuft. Damit waren alle formalen Voraussetzungen für die Seligsprechung erfüllt. Wegen der Corona-Pandemie musste die ursprünglich für den 7. Juni 2020 geplante Zeremonie verschoben werden.
Im Oktober 2020 erkannte der Papst auch ein Wunder auf Fürsprache von Elzbieta Roza Czacka an. Die spätere Gründerin einer Franziskanerinnen-Kongregation erblindete in jungen Jahren nach einem Unfall. 1917 trat sie dem Dritten Orden des heiligen Franziskus bei, kurz darauf gründete sie eine eigene Gemeinschaft, der sie drei Jahrzehnte lang als Generaloberin vorstand. Das Requiem nach ihrem Tod 1961 leitete Kardinal Wyszynski.
Mit einer Seligsprechung stellt die katholische Kirche fest, dass ein Verstorbener vorbildlich aus dem Glauben gelebt hat und Christus in besonderer Weise nachgefolgt ist. Daraus ergibt sich die Empfehlung, diese Person als Vorbild und Fürsprecher bei Gott anzunehmen. Selige werden anders als Heilige nur regional verehrt. (mal/KNA)