Nach kirchenrechtlicher Auflösung der KIG im vergangenen Jahr

Becker löst Priestergemeinschaft der Integrierten Gemeinde auf

Veröffentlicht am 25.10.2021 um 10:09 Uhr – Lesedauer: 

Paderborn ‐ Im vergangenen Jahr wurde die "Katholische Integrierte Gemeinde" kirchenrechtlich aufgelöst. Nun hat Paderborns Erzbischof Hans-Josef Becker laut einem Medienbericht auch die "Gemeinschaft der Priester im Dienst an Integrierten Gemeinden" aufgelöst.

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Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker hat laut einem Medienbericht mit einem Dekret die "Gemeinschaft der Priester im Dienst an Integrierten Gemeinden" im Erzbistum Paderborn aufgelöst. Wie die "Herder Korrespondenz" (November-Ausgabe) berichtet, habe ein Sprecher die Auflösung bestätigt; nähere Angaben habe er bis zum "rechtskräftigen Abschluss des kirchenrechtlichen Verfahrens"“ aber nicht machen wollen. Die Gemeinschaft war 1982 vom damaligen Paderborner Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt als klerikale Vereinigung (can. 302 CIC) errichtet worden. Zuletzt zählte sie nach Informationen des Erzbistums Paderborn noch 20 mit der "Katholischen Integrierten Gemeinde" (KIG) verbundene Geistliche.

Auch Benedikt XVI. hat sich von der Gruppe distanziert

Bereits vor einem Jahr hatte der Münchner Kardinal Reinhard Marx die KIG in der Erzdiözese München und Freising kirchenrechtlich aufgelöst, nachdem Visitatoren Erkenntnisse über schwerwiegende Missstände innerhalb der Gruppe gewonnen hatten. Zuvor hatte sich bereits der emeritierte Papst Benedikt XVI. (2005-2013) von der KIG distanziert, nachdem er zuvor jahrzehntelang enge Verbindungen zu der Gemeinschaft unterhalten hatte. Er sei offensichtlich "über manches im Innenleben" der Gemeinde "nicht informiert oder gar getäuscht" worden, so Benedikt XVI. im Oktober vergangenen Jahres.

In diesem Sommer waren zudem Hinweise auf mögliche Missbrauchsfälle in der KIG bekannt geworden. Demnach könnte es in der Gruppe vor mehr als 40 Jahren auch einzelne Fälle von sexuellem Missbrauch gegeben haben. Die unabhängigen Ansprechpersonen für Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch der Erzdiözese München und Freising hätten Kenntnis von fünf Hinweisen, teilte das Erzbischöfliche Ordinariat im Juni mit. Vier Hinweise bezögen sich auf Taten, die sich in den 1970er-Jahren ereignet haben sollen. Soweit strafrechtlich relevant, seien sie bei Bekanntwerden bereits verjährt gewesen. Ein Vorgang in Nordrhein-Westfalen sei an das Erzbistum Paderborn übergeben worden. In den vier weiteren Fällen hätten die Identität des Beschuldigten oder der Tathergang nicht genau geklärt werden können. Die Hinweise wie auch alles andere dem Erzbistum zu Verdachtsfällen vorliegende Material seien 2018/2019 der Staatsanwaltschaft übergeben worden. Von entsprechenden Ermittlungen sei nichts bekannt.

Massive Vorwürfe ehemaliger Gemeindemitglieder

Die KIG entstand nach dem Zweiten Weltkrieg in München und galt zeitweise als ein vielversprechender Aufbruch in der katholischen Kirche. Sie wollte nach eigener Darstellung "ein Ort für ein aufgeklärtes und unverkürztes Christentum" sein. 1978 sprach der damalige Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger – der spätere Benedikt XVI. – die kirchliche Anerkennung aus.

Massive Vorwürfe ehemaliger Gemeindemitglieder führten zu einer sogenannte Visitation durch das Erzbistum München und Freising, die 2020 abgeschlossen wurde. Nach Angaben des Untersuchungsteams gab es in der KIG überzogene Gehorsamsforderungen, war das wirtschaftliche Handeln undurchsichtig, wurden Kritiker kompromisslos ausgegrenzt. Ehemalige Mitglieder schilderten geistliche Manipulationen in einem System psychischer und finanzieller Abhängigkeit, was die KIG als "böswillige Verleumdung" zurückwies. (stz)