Drei Tote und das verschwundene Wahrzeichen

Wie der Bamberger Bistumssprecher auf dem Domberg morden lässt

Veröffentlicht am 05.12.2021 um 12:45 Uhr – Lesedauer: 
Wie der Bamberger Bistumssprecher auf dem Domberg morden lässt
Bild: © Privat

Bamberg ‐ Mord und Totschlag gehören eigentlich nicht zu den Themen eines Bistumssprechers. Bei Harry Luck in Bamberg ist das anders. Er schreibt Krimis. Sein neuestes Werk spielt sogar rund um den Dom. Eine mordsmäßige Erkundungstour.

  • Teilen:

Am Anfang steht ein Mord, verübt an einem Domkapitular. Dazu werden wichtige Kunstwerke in Bamberg gestohlen. Das alles geschieht in direkter Nähe zur Pressestelle des Erzbistums: Harry Luck hätte einiges zu tun, wäre das alles real. Doch der Pressesprecher des Erzbistums Bamberg ist eben auch Krimi-Autor. Nach zehn Jahren in der oberfränkischen Bischofsstadt hat er sein neuestes Werk auf dem Domberg angesiedelt, also in seinem direkten beruflichen Umfeld. "Immer wieder haben mich Kollegen oder sogar Domherren gefragt, wann ich mal einen Dombergkrimi schreibe", sagt der Autor.

Der Kommissar aus Harry Lucks Feder ist der etwas spießig daherkommende Horst Müller mit einer klassischen Filter-Kaffeemaschine und einem Faible für Eierlikör. Der erste Mord in dem Buch jedoch ist kein Fall für ihn. Denn er geschieht gut 100 Jahre vor seiner Dienstzeit. Doch es bleibt nicht das einzige Kapitalverbrechen. Auch ein Geschichtsprofessor und ein Kunsthändler segnen gezwungenermaßen das Zeitliche. Dazu kommt: Der Bamberger Reiter, jenes berühmte Reiterstandbild im Kaiserdom, ist plötzlich weg. Und auch der Sternenmantel von Kaiser Heinrich II., eine der wichtigsten Preziosen in der Domschatzkammer, spielt eine Rolle.

Bei ihren Ermittlungen stoßen der Kommissar und Paulina Kowalska nicht nur auf alle möglichen, teils spektakulären Thesen über die Identität des berühmten Reiters. Die eheliche Treue der heiligen Bistumspatronin und Kaisergattin Kunigunde wird in Zweifel gezogen. Diverse Spekulationen gipfeln in der Mutmaßung, dass der sagenumwobene Heilige Gral irgendwo in Bamberg versteckt sei. Dazu kommt eine Portion Sex in Form von Affären des Professors mit Studentinnen. Aber auch der Missbrauchsskandal der Kirche wird thematisiert.

Sechster Fall der Krimireihe

Der "Bamberger Reiter" ist der sechste Fall in Harry Lucks Bamberger Regio-Krimireihe. Und wie es sich für dieses Genre gehört, finden sich auf den rund 200 Seiten sehr viele reale Details, bis hin zum Aprilscherz der Pressestelle (Aus "Erzbistum" wird "Herzbistum"). Für den Kardinal, der angeblich einen Papstbesuch in Bamberg vorbereitet, nimmt der Autor Anleihen bei einem realen Kriminalfall vor einigen Jahren, in dem es um Betrug ging. Auch die authentische Idee des Domkapitels, die Domfenster wieder farbig zu gestalten, schimmert in dem Werk durch.

"Ein Regiokrimi lebt ja vom Wiedererkennungswert und vom Aha-Effekt beim Lesen", sagt Luck. Um jedoch gleich zu betonen: "Er ist kein Schlüsselroman und es sind keine echten Personen dargestellt." Manchmal wundert sich der Autor, wer alles glaube, sich wiederzuerkennen, obwohl er gar nicht gemeint sei. Funktionsträger aus dem realen Leben wie der Oberbürgermeister oder der Dompfarrer seien ebenfalls erfunden. "Der Dompfarrer in meinem Buch ist ein alter Mann mit weißen Haaren und spitzer Nase. Da ist eine Verwechslung mit dem echten Dompfarrer ausgeschlossen", sagt Luck.

Der Bamberger Dom mit der Stadt im Hintergrund
Bild: ©adobestock/Animaflora PicsStock

Der Bamberger Dom auf dem Domberg steht im Mittelpunkt des Buches.

Sein Krimi lebt von Handlungen auf zwei Zeitebenen. Die eine spielt in der Gegenwart, die andere 1907 rund um das Bamberger Domkapitel. Dabei spendiert Luck dem Leser viele Details aus seinem Arbeitsumfeld, der katholischen Kirche. Wer mit "Kanoniker", "Pönitent" oder "Turibulum" nichts anfangen kann, dem bietet das im Emons-Verlag erschienene Buch ein eigenes Glossar. Außerdem gibt es noch zwei Interviews, mit dem früheren Summus Custos des Doms, Domkapitular Norbert Jung und einer Wissenschaftlerin, die die Bamberger Kaisergewänder untersucht hat.

Keine Interna ausplaudern

Doch wie viel Krimi ist einem Pressesprecher erlaubt, wenn es um Vorgänge rund um den eigenen Arbeitsplatz, das Erzbistum Bamberg geht? "Ich plaudere ja keine Interna aus. Alles, was ich geschrieben habe, hätte ich auch recherchieren können, wenn ich kein Bistumssprecher wäre", sagt Luck. "Vielleicht wäre es manchmal etwas mühsamer gewesen. Mein Vorteil bei der Recherche war, dass ich immer wusste, wen ich fragen konnte."

Gelesen hat den Krimi mittlerweile auch Erzbischof Ludwig Schick. Neben "amüsanten Einblicken" in die Region erweitere das Buch auch den Wissensschatz, etwa über Dom, das Diözesanmuseum und die Bistumsgeschichte. Auch das "Bamberger Grundgesetz", nach dem eine Hand die andere wasche, werde erwähnt, "hingegen nicht, dass dieses seit 2002 auf dem Domberg abgeschafft ist". In diesem Jahr kam Schick als Erzbischof nach Bamberg.

Von Christian Wölfel (KNA)