Bischöfe und Laien sprechen über die Zukunft der Kirche

Zwischen Magdeburg und Rom

Veröffentlicht am 13.09.2014 um 00:00 Uhr – Von Joachim Heinz und Karin Wollschläger (KNA) – Lesedauer: 
Teilnehmer des Jahrestreffens des Gesprächsprozesses der Deutschen Bischofskonferenz am 12. September 2014 in Magdeburg.
Bild: © KNA
Gesprächsprozess

Magdeburg ‐ 50 Jahre sind seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil vergangen. Die bislang letzte große Reform-Versammlung aller katholischen Bischöfe schwebte am Freitag über dem vierten Gesprächsforum der katholischen Kirche in Deutschland. Das zweitägige Treffen in Magdeburg ist Teil des bundesweiten Gesprächsprozesses. Den hatten die Bischöfe 2010 unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals angestoßen, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.

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Dauern soll die Initiative bis 2015 - in Erinnerung an das Konzilsende vor 50 Jahren. Damals wurden eine ganze Reihe von kirchlichen Reformen eingeleitet. Und die braucht es nach Ansicht zumindest mancher der rund 300 Teilnehmer in Magdeburg, darunter 29 Bischöfe sowie Theologen und Vertreter von kirchlichen Verbänden und Einrichtungen, auch jetzt.

Da geht es etwa um die Frage, ob wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zugelassen werden können oder welche Rolle die kirchliche Sexualmoral im Alltagsleben der Katholiken noch spielt. Diskutiert worden ist darüber schon viel. Ein erster Eindruck aus Magdeburg: Nach vier Jahren macht sich bei einigen Dialogpartnern Ungeduld breit.

Zwar sei seit 2011 das Vertrauen gewachsen, doch gebe es nach wie vor Zweifel, meint ein Teilnehmer: "Wir wissen nicht, ob die Bischöfe wirklich zum Dialog bereit sind - oder erst, wenn der öffentliche Druck groß wird." So kritisierten die anwesenden Theologieprofessoren, keine inhaltliche Reaktion zu den von ihnen eingereichten Arbeitspapieren bekommen zu haben.

"Wir müssen anders sprechen"

Doch es stehen keineswegs nur die altbekannten innerkirchlichen Streitfragen auf der Tagesordnung. Das unterstreicht das Motto des Magdeburger Treffens "Ich bin eine Mission", entnommen dem Lehrschreiben "Evangelii gaudium" von Papst Franziskus. Der Nachfolger von Benedikt XVI. hat innerhalb kurzer Zeit in der Öffentlichkeit ein neues Bild von und eine Begeisterung für Kirche vermitteln können, die manch einem einfachen Arbeiter im Weinberg des Herrn fehlt.

Das Auftaktstatement von Kardinal Reinhard Marx beim Gesprächsprozess in Magdeburg

In Magdeburg springt der Funke aus Rom über. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten sprechen die versammelten Katholiken von den Mühen und Herausforderungen, mit nichtglaubenden Zeitgenossen ins Gespräch zu kommen. Ein Religionslehrer berichtet von seinen Erfahrungen mit einem Abiturjahrgang. Auf die Frage, was denn zwölf Jahre Religionsunterricht für den persönlichen Glauben bewirkt hätten, kam die Antwort der Schüler: "Er ist uns verloren gegangen." Das, so der Pädagoge, "hat gesessen". Noch einmal sei ihm klar geworden: "Wir müssen anders sprechen."

Dutzende andere berichten Ähnliches. Dazwischen blitzen aber auch immer wieder Beispiele gelungener Glaubensvermittlung auf. Es geschieht das, wofür Papst Franziskus steht: Man spricht weniger über die Institution Kirche und mehr über glaubhaftes persönliches Zeugnis.

Bischöfe diskutieren Reformvorschläge mit Kardinal Müller

Wie sagte es Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU) zu Beginn des Treffens? Man möge sich nicht allzu sehr in Strukturdebatten verzetteln. "Die evangelische Kirche hat all das, was wir hier diskutieren, bereits verwirklicht, aber wie man sieht, ist das trotzdem kein Garant für den Erhalt des Glaubens in der Gesellschaft."

Trotzdem: Ganz ohne Strukturen wird es wohl auch künftig nicht gehen. Und hier kommt wieder Rom ins Spiel. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, wartete mit einer kleinen Überraschung auf. Die deutschen Bischöfe hätten ihre Reformvorschläge für den Umgang der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen bereits mit dem Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Müller, diskutiert.

Marx kündigte zudem an, er werde einen Text der deutschen Bischöfe zu den Themen Ehe und Familie in die Weltbischofssynode in Rom einbringen, die im kommenden Monat zusammentritt. Unterdessen schwirrten in Magdeburg Gerüchte von einer deutschlandweiten Synode, die in wenigen Jahren beginnen könnte. Doch zuvor tagt noch eine zweite Weltbischofssynode in Rom, im Herbst 2015. Noch ist nicht ausgemacht, wo mehr kirchlicher Reformschwung am Werk ist - im Land der Reformation oder am Sitz des Papstes.

Stichwort: Gesprächsprozess

Der Gesprächsprozess ist eine auf fünf Jahre angelegte Gesprächsreihe zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland. Die Initiative dazu ging im September 2010 von Erzbischof Robert Zollitsch aus, damals Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Ein Ziel war, nach dem wenige Monate zuvor bekannt gewordenen Missbrauchsskandal verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Der Prozess soll 2015 enden - in Erinnerung an das Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren. Neben den einzelnen Dialogveranstaltungen, die seit 2011 stattfinden, stellen die Bischöfe jedes Jahr unter ein eigenes Thema. 2014 geht es um "Martyria: Den Glauben bezeugen in der Welt von heute". Neben den Gesprächsforen nahmen eine Reihe großer Konferenzen und Veranstaltungen Bezug auf den Gesprächsprozess. Dazu zählten ein nationaler Eucharistischer Kongress 2013 in Köln sowie die beiden Katholikentage 2012 in Mannheim und 2014 in Regensburg. (som/KNA)
Von Joachim Heinz und Karin Wollschläger (KNA)