Regisseur Thomas Roth spielt mit Versatzstücken des Horrorgenres

Wiener "Tatort" über den Tod eines Exorzisten: Gruselmomente mit Dämon

Veröffentlicht am 02.10.2022 um 11:45 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Das "Tor zur Hölle" befindet sich im Wiener Untergrund. Davon sind in diesem "Tatort" überraschend viele Menschen fest überzeugt. Ein fremdes Milieu für die Ermittler Fellner und Eisner, die den Fall eines brutal ermordeten Exorzisten lösen müssen.

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"Das Tor zur Hölle" – liegt es am Donauufer oder am Stephansplatz? Darüber gibt es im neuen Wiener "Tatort" Uneinigkeit. Doch davon, dass sich nichts Geringeres als der Eingang zur Unterwelt irgendwo in der österreichischen Hauptstadt befindet, sind hier überraschend viele Protagonisten überzeugt. Es ist ein fremdes Milieu, in dem der aktuelle Wiener "Tatort" spielt: eine Welt, in der man an den Teufel, Hexenflüche und die endzeitliche Entscheidungsschlacht glaubt. Eine Welt, in der von der Kirche gesandte Exorzisten sogenannte Besessene durch schweißtreibenden Dauer-Gebets-Kampf gegen deren "Dämonen" von diesen zu befreien suchen.

Damit reiht sich der Wiener "Tatort: Das Tor zur Hölle", den das Erste am 2. Oktober von 20.15 bis 21.45 Uhr ausstrahlt, in eine lange Tradition ein: Filme zum Thema gibt es reichlich, meist im Gewand des Horrorgenres. Worauf hier auch reichlich verwiesen wird.

"Fall Klingenberg" veränderte Umgang der Kirche mit Exorzismus

In Deutschland bieten die meisten Bistümer zumindest offiziell keinen sogenannten Befreiungsdienst mehr an, also eine Anlaufstelle von Priestern mit entsprechender Zuständigkeit. Zu sehr hat sich hierzulande der Blick aufs Thema verändert – nicht zuletzt durch den "Fall Klingenberg", bei dem die 23-jährige Anneliese Michel im Jahr 1976 nach insgesamt 67 an ihr vollzogenen "Großen Exorzismen" verstarb. Sowohl die zwei beteiligten Priester als auch Michels Eltern wurden wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. In der Schweiz und auch in Österreich scheinen die Kirchen mit diesem "Angebot", zu dem übrigens zwingend die Kooperation mit einem Psychiater gehört, etwas offener umzugehen.

Im fiktiven Wien des aktuellen "Tatort" war Prälat Gabler der Beauftragte für den "Befreiungsdienst". Nun aber liegt er tot und übel zugerichtet am Fuße einer öffentlichen Treppe. Und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) müssen in einem Milieu ermitteln, das vor allem Eisner suspekt ist.

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Fellner hat da eher die passenden Antennen sowie die entsprechenden Kontakte: Der Ex-Zuhälter Dambusch (Roland Düringer) hat sich nach seinem lasterhaften ersten Leben ganz dem Glauben hingegeben und verbringt die Tage in seiner Privatkapelle. Auch der Psychiater Dr. Sittsam (Sven Eric Bechtolf), mit dem Gabler bei der Beurteilung der "Besessenen" zusammenarbeitete, und die Theologin Tea Berkovic (Angela Gregovic) sind sowohl Informanten als auch Verdächtige.

Und dann wäre da noch die mysteriöse Nathalie (Maresi Riegner), die meint, besessen zu sein: Sie war die Letzte, an der der Prälat einen Exorzismus durchgeführt hatte. Sehr effektvoll ist das, wenn aus dem jungen Mädchen mit den unschuldigen braunen Knopfaugen plötzlich in tiefer Tonlage "der Dämon" spricht.

Ohnehin gelingt es dem von Thomas Roth geschriebenen und in Szene gesetzten Film, dem Zuschauer Schauer über den Rücken zu jagen. Türen, die sich wie von Geisterhand öffnen, Bilder, die von der Wand fallen, unerklärliche Verrenkungen der "Besessenen": Versatzstücke des Horrorgenres, die auch hier verlässlich funktionieren.

Horror-Krimi nimmt sein Sujet ernst

Überhaupt nimmt "Das Tor zur Hölle" sein Sujet durchaus ernst, verbannt die gezeigten Geschehnisse nicht einfach ins Reich der Märchen oder der überspannten Psychen, lässt die Möglichkeit des Übersinnlichen bis zuletzt ganz spannend in der Schwebe. Was dann aber in der finalen Auflösung, wenn die Dinge auf dem harten Boden der gesicherten Tatsachen aufkommen, gewissermaßen zu einer Bruchlandung mit leichten Fremdschäm-Elementen führt.

Ohnehin ist dieser Horror-Krimi keine wirklich runde Sache geworden, was an seiner eher behäbigen Erzählweise liegt, aber auch an ermüdend vielen Sprachwitzchen a la "Bei uns ist der Teufel los!". Allzu vieles wird erklärt und wiederholt. Und eine Action-Verfolgsjagd nimmt man den ja sehr sympathischen, aber doch in die Jahre gekommenen Ermittlern Fellner und Eisner halt auch nicht mehr so ganz ab. Toll aber sind die in Deutschland selten zu sehenden Darsteller Maresi Riegner und Roland Düringer. Sowie – natürlich – die Gruselmomente mit Nathalies unflätigem Dämon.

Von Katharina Zeckau (KNA)