Pastor Christian Olding über das Sonntagsevangelium

Alles nur ein Märchen?

Veröffentlicht am 17.12.2022 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
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Geldern ‐ Egal ob moderne Disney-Klassiker, "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" oder die Weihnachtsgeschichte: Wohlfühlerzählungen gehören zur kalten Jahreszeit einfach dazu. Oder? Pastor Christian Olding legt leidenschaftlichen Widerspruch ein.

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Impuls von Pastor Christian Olding

Es gibt in uns Menschen eine Sehnsucht nach guten Geschichten, die uns treffen und berühren. Walt Disney hat das Erzählen solcher Geschichten perfektioniert. Die Schöne und das Biest erzählt uns beispielsweise, dass es eine Liebe gibt, die uns aus unserer selbst verschuldeten Widerwärtigkeit herausholen kann; Dornröschen, dass wir in einer Art bösem Zauberschlaf gefangen sind und es einen edlen Prinzen gibt, der kommen und den Bann brechen kann.

Wir hören diese Geschichten und sie sprechen uns an, weil wir tief in uns glauben wollen, dass diese Dinge wahr sind: Der Tod sollte nicht das Ende sein; es sollte eine Liebe geben, die wir nicht verlieren können; das Böse sollte nicht triumphieren. Dann kommen wir zu Jesus und damit zu einer Geschichte über jemanden aus einer anderen Welt, der in unsere kommt und Wunderkräfte hat, sodass er Stürme stillen, Kranke heilen und Tote auferwecken kann. Das nächste schöne Märchen!

Aber die Evangelien machen da nicht mit, denn sie verankern Jesus in der realen Weltgeschichte und nicht in einem "Es war einmal". Die biblischen Weihnachtstexte sind Berichte über etwas, was tatsächlich passiert ist. Sie sind keine Fabeln, keine Lehrstücke, keine schönen Beispiele dafür, wie man richtig lebt.

Das kommende Weihnachtsfest ist eine unsentimentale, die realistischste Art, das Leben zu betrachten: Es wird von einem jungen Paar berichtet, das dem gesellschaftlichen Erwartungsdruck nicht genügen kann, stigmatisiert ist und für das es keinen rechten Platz in dieser Welt gibt. Ein Paar, das sich mit seinem Neugeborenen wie so viele andere in diesen Tagen fliehen muss, um am Leben zu bleiben auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft. Das kommende Weihnachtsfest sagt nicht: "Kopf hoch! Wenn wir alle an einem Strang ziehen, können wir eine bessere Welt schaffen. Wir können die Welt reparieren, wenn wir uns nur Mühe geben." Nein, die Botschaft des Christentums lautet: "Es steht wirklich schlecht um die Welt und wir können uns nicht am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen. Aber es gibt Hoffnung."

Die Evangelien zeigen uns deshalb nicht, was wir tun sollen, sondern was Gott getan hat. Er kennt die Dunkelheiten und deswegen kann ich ihm vertrauen. Auf ihn ist Verlass, denn er kennt mich und all meinen Schmerz und hat die Macht, mich zu trösten, zu stärken und durchzutragen. Jesus ist der Immanuel, der Gott mit uns, der das mit seinem ganzen Leben unter Beweis gestellt hat, wie es Jochen Klepper wunderbar in Worte fasste:

Noch manche Nacht wird fallen
auf Menschenleid und -schuld.
Doch wandert nun mit allen
der Stern der Gotteshuld.
Beglänzt von seinem Lichte,
hält euch kein Dunkel mehr.
Von Gottes Angesichte
kam euch die Rettung her.

Aus dem Evangelium nach Matthäus (Mt 1,18–24)

Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen.

Während er noch darüber nachdachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.

Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Siehe: Die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären und sie werden ihm den Namen Immánuel geben, das heißt übersetzt: Gott mit uns.

Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.

Der Autor

Christian Olding ist Pastor in der Pfarrei St. Maria Magdalena in Geldern.

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Katholisch.de nimmt den Sonntag stärker in den Blick: Um sich auf die Messe vorzubereiten oder zur Nachbereitung bieten wir jeden Sonntag den jeweiligen Evangelientext und einen kurzen Impuls an. Die Impulse stammen von Ordensleuten und Priestern.