Vom heiligen Johannes zu Papst Franziskus

Taufe des Herrn: Die verkehrte Welt des Gottesreiches

Veröffentlicht am 08.01.2023 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Bei Gott gelten andere Maßstäbe als im irdischen Leben. Da gibt es kein oben und unten mehr, und die Letzten werden die Ersten sein. Und der Gottessohn empfängt von einem Bußprediger die Taufe. Dabei gibt es eine Parallele zu Papst Franziskus.

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Verkehrte Welt: Das hat sich wohl ein Priester gedacht, als er vor einigen Jahren im Petersdom im Beichtstuhl saß. Denn plötzlich kam ein ganz besonderer Gläubiger, um bei dem Priester die Beichte abzulegen: Es war Papst Franziskus selbst, der, wie jeder andere auch, vor dem Beichtvater auf die Knie ging und ihm seine Sünden bekannte. Ein Bild, das später um die Welt ging: der Papst, der bei einem einfachen Priester die Beichte ablegt. Ein ungewohntes Bild!

Verkehrte Welt: Ganz ähnlich wie der Beichtvater damals im Petersdom muss sich wohl auch Johannes der Täufer gefühlt haben. Denn auf einmal reiht sich ein ganz besonderer Gast in die Menge derer ein, die von Johannes die Taufe erbitten. Es ist Christus, der an den Jordan kommt, um von Johannes getauft zu werden.

Aber nein, so etwas kann doch nicht sein! So hören wir im Matthäusevangelium: "Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft werden, und du kommst zu mir?" (Mt 3,14) So ähnlich hat vielleicht auch der Priester in Sankt Peter reagiert, als auf einmal der Papst vor ihm stand. Nein, das gehört sich nicht, dass der Höhergestellte zum Niedrigen kommt und ihn um etwas bittet. Das ist außerhalb einer jeden Anstandsregel, das darf nicht sein, die Rangordnungen müssen schon gewahrt werden.

Einspruch von Johannes

Wir wissen nicht, ob der Priester einen Einwand vorgebracht hat. Der Einspruch des Täufers Johannes aber ist uns überliefert. Und auch die Reaktion Jesu: "Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! Denn so können wir die Gerechtigkeit ganz erfüllen. Da gab Johannes nach." (Mt 3,15)

Es ist deshalb auch eine ungewöhnliche Szene, die sich dort am Ufer des Jordan abspielt: Jesus wird von Johannes getauft, der Herr vom Knecht. Damit ist jede irdische Logik durchbrochen, die eine hierarchische Rangordnung kennt. Aber es ist eben die Logik Gottesreiches, dass es kein oben und unten mehr gibt, dass die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein werden. Das ist der Kern des Evangeliums, das Jesus verkündet.

Johannes der Täufer
Bild: ©katholisch.de/rom

Jesus wird von Johannes getauft, der Herr vom Knecht.

Oben und unten ist aufgehoben: Das haben auch wir bei unserer Taufe erfahren. Jede und jeder, der getauft wird, wird durch Christus zum Priester, König und Propheten erhoben. Jeder und jede erhält in der Taufe Anteil an den drei Ämtern Christi. Er oder sie wird damit zum königlichen, priesterlichen und prophetischen Menschen. So gering wir uns auch manchmal fühlen mögen, wenn wir uns vor das Angesicht Gottes stellen: In der Taufe sind wir erhoben worden zu Kindern Gottes, des allmächtigen Vaters. Denn Christus schätzt keinen Menschen gering.

Geschenk der Taufe

Das ist das Geschenk, das wir in der Taufe empfangen haben und das es zu bewahren gilt, unser ganzes Leben hindurch. Und es tut gut, wenn wir uns das immer wieder bewusst machen: Wir sind etwas, wir haben Bedeutung, Gott nimmt uns ernst. Dadurch wird unser Leben höhergeschätzt, dadurch besitzen wir alle eine Stimme, die gehört werden muss. Unsere Taufwürde kann uns niemand nehmen, sie ist uns ein für alle Mal geschenkt.

Die Taufe Jesu, derer wir am ersten Sonntag im Jahreskreis gedenken, lädt uns ein, diese verkehrte Welt des Gottesreiches immer weiter mit Leben zu erfüllen. Denn dort gibt es kein oben und unten; dort sind wir alle einander Schwestern und Brüder und stehen auf Augenhöhe miteinander.

Das wirkt irritierend und ungewohnt für unsere Augen. Johannes weigert sich, Christus zu taufen, und auch der Priester war sicher etwas verwirrt, als plötzlich der Papst höchstpersönlich vor ihm kniete. Aber egal, wer wir sind: Wir sollen immer so leben, dass an uns deutlich wird, dass wir einen gemeinsamen Vater haben: den, der im Himmel ist.

"Lass es nur zu!", sagt Christus zu Johannes. Vielleicht können wir diesen Satz mit hineinnehmen in die kommenden Tage und etwas einüben, was es heißt, gesellschaftliche Schranken zu durchbrechen. Denn es macht Menschen nur größer, wenn man sie wertschätzt und sie ernstnimmt. Dann lässt man sie spüren, dass sie wirklich eine königliche Würde besitzen, die sie in ihrer Taufe geschenkt bekommen haben.

Von Fabian Brand (KNA)