Der katholische Verleger Michael Birkner über die Weltbild-Krise und Bischöfe als Unternehmer

Zuviel Hin und Her

Veröffentlicht am 22.01.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Wirtschaft

Bonn ‐ Der katholische Verleger Michael Birkner über die Ursachen der Insolvenz des Weltbild-Verlags und über Bischöfe als Unternehmer.

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Ob zu einem früheren Zeitpunkt unternehmerische Fehlentscheidungen gefällt worden seien, kann Birkner nicht einschätzen. Dass in den Aufsichtsgremien von Weltbild viele Geistliche sitzen, ist für ihn jedoch ein Problem. Denn Birkner kenne generell keinen Priester, "der über einschlägige Unternehmer-Erfahrung verfügt". Auch wenn an vielen Stellen gesunder Menschenverstand genüge, gehörten in den Aufsichtsrat auf jeden Fall auch Fachleute, "die sich vor allem Zeit nehmen, um Perspektiven und Zahlen zu hinterfragen", so der Geschäftsführer. Die Säkularisierung der Unternehmensziele seien "billigend in Kauf genommen" worden.

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Video: © Klaus Schlaug, Sankt Michaelsbund München

Der Münchner Generalvikar Peter Beer zur Weltbild-Insolvenz

"Marktanteil nicht ausländischem Giganten überlassen"

Für Birkner ist der Ausstieg der Weltbild-Eigentümer zu diesem Zeitpunkt nachvollziehbar: "Bekanntlich geht es um erhebliche Beträge und Risiken." Gerade jetzt sei Sensibilität im Umgang mit Kirchensteuermitteln gefragt. Dennoch hofft der St.-Benno-Geschäftsführer auf ein Fortbestehen und darauf, dass "ein solcher Konzern nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwindet". Denn es wäre in seinen Augen wünschenswert, "nicht noch mehr Marktanteil am deutschen Buchmarkt einem ausländischen Giganten zu überlassen".

Auch der Münchner Unternehmensberater und frühere Benediktinermönch Anselm Bilgri kritisiert den Umgang der katholischen Kirche mit ihrem Medienkonzern. Er fordert – ebenfalls in "Christ __amp__ Welt" – mehr unternehmerischen Mut: "Da wird das Kind mit dem Bad ausgeschüttet." Der Vertrieb von Schriften sei "eine ursprünglich christliche Sache", sagte Bilgri. "Daher steckt in Weltbild viel Potenzial für die Kirche."

Bilgri: Jede Pfarrei wie ein kleines Unternehmen

Das Haus hätte nach Bilgris Einschätzung seine religiöse Sparte verstärken müssen. Auch der frühere Benediktiner kritisiert, dass zu viele Bistümer mit unterschiedlichen Interessen "das Problem vergrößert und die Entwicklung des Unternehmens behindert" hätten. Er wandte sich jedoch gegen eine Angst vor dem Wirtschaften in der Kirche. "Jede Pfarrei ist ein kleines Unternehmen, und jedes Kloster ist auch ein Wirtschaftsbetrieb, also muss sich die Kirche ökonomisch betätigen", so Bilgri. Wichtig sei, dass sie dabei "verantwortlich handelt und als Unternehmer glaubwürdig bleibt".

Das Medienhaus mit Sitz in Augsburg, zu dem Verlage, Buchhandlungen und ein Online-Zweig gehören, schreibt schon länger rote Zahlen. Zuletzt wurde der Investitionsbedarf für eine Neuausrichtung auf mehr als 130 Millionen Euro geschätzt. Das ist mehr als doppelt so viel wie es den Eigentümern noch vor Weihnachten vermittelt wurde. Diese sahen sich zuletzt nicht mehr in der Lage, die Sanierung weiter mitzutragen. Daraufhin meldete die Geschäftsführung am 10. Januar Insolvenz an. (bod/KNA)

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