Bischöfe beraten in Würzburg über die Zukunft von Weltbild und sprechen mit demonstrierenden Mitarbeitern

Die Uhr tickt

Veröffentlicht am 27.01.2014 um 00:00 Uhr – Von Christoph Arens (KNA) – Lesedauer: 
Weltbild

Würzburg ‐ Der Ständige Rat der deutschen Diözesanbischöfe spricht in Würzburg hinter verschlossenen Türen über die Zukunft von Weltbild. Draußen demonstrierten Mitarbeiter des Konzerns.

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Sie schwenken Gewerkschaftsfahnen und heben Transparente hoch. "Wir haben den Glauben an die Bischöfe verloren, und die Bischöfe glauben auch nicht mehr an Weltbild", sagt einer vom Betriebsrat resigniert. Dessen Vorsitzender Peter Fitz appelliert an die Bischöfe, "sich einen Stoß zu geben und ihre Uneinigkeit zu beenden".

Es sind entscheidende Tage für die Verlagsgruppe. An diesem Montagnachmittag beraten die Bischöfe, die zu ihrem zweimal im Jahr stattfindenden Ständigen Rat nach Würzburg gekommen sind, hinter den Klostermauern über die Zukunft des Konzerns mit seinen rund 6.800 Mitarbeitern. Seit dem Gang zum Insolvenzgericht und der gerichtlichen Bestellung von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz tickt die Uhr. Der Sanierungsexperte muss Geld besorgen, um eine Kettenreaktion zu verhindern. Und er muss schnellstmöglich Investoren finden. Die Frage ist, wie viel die kirchlichen Gesellschaftler zur Rettung beisteuern wollen und können.

Marx und Zdarsa sprechen mit Demonstranten

Noch vor Beginn der Beratungen treten der Münchner Kardinal Reinhard Marx und der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa vor die Demonstranten . "Ihre Situation bewegt uns", sagt Marx an die Mitarbeiter zugewandt und wird dabei von zahlreichen Mikrofonen und Kameras eingefangen. Der Kardinal räumt ein, dass die beteiligten Bischöfe und Gesellschaftler Mitverantwortung für die prekäre Situation trügen und erntet dafür zustimmendes Gemurmel.

Marx sagt den Weltbild-Mitarbeitern, die teilweise schon über Generationen bei dem Verlagshaus arbeiteten, die Unterstützung der Bischöfe zu. Sie stünden zu ihrem Versprechen, 65 Millionen Euro für den angeschlagenen Medienkonzern zur Verfügung zu stellen. Entscheidend sei, das laufende Geschäft aufrechtzuerhalten und Arbeitsplätze zu sichern. Ihm selber sei es ein Rätsel, wie sich der Finanzbedarf für Weltbild "innerhalb von 24 Stunden von 65 Millionen auf das Doppelte steigen konnte".

Ein rundes Glashaus vor einem wolkenverhangenen Himmel. Am rechten Bildrand ist das Firmenlogo mit der Aufschrift "Weltbild".
Bild: ©KNA

Die Weltbildzentrale in Augsburg.

Augsburger Bischof: Keine Filetstücke verkaufen

Zdarsa erntet leisen Beifall mit der Aussage, Weltbild solle möglichst als Ganzes erhalten und nicht aufgespalten werden, um Filetstücke zu verkaufen. Deutliche Kritik äußert er an der Geschäftsleitung von Weltbild. Sie habe über Jahre eine Strategie verfolgt, die das Unternehmen nicht vorangebracht habe - eine Aussage, die Zustimmung, aber auch bittere Nachfragen bei den Demonstrierenden auslöst. Warum denn, bitte sehr, hätten die kirchlichen Gesellschafter nicht früher eingegriffen, schallt es aus den Reihen der Weltbild-Mitarbeiter. Dass das Schiff Weltbild auf keinem guten Kurs sei, sei doch allen Mitarbeitern seit Jahren klar gewesen.

Es geht um viel an diesem Montag in Würzburg. Um das berufliche Schicksal von mehr als 6.000 Mitarbeitern. Aber auch um den Ruf der Kirche als Arbeitgeberin. Vor wenigen Tagen hatte Bischof Zdarsa bei seinen Mitbrüdern für die Rettung des Medienhändlers geworben und mit eindringlichen Worten vor den Auswirkungen einer Weltbild-Pleite gewarnt. "Es steht zu erwarten, dass der 'Fall Weltbild' ohne flexibles und solidarisches Verhalten der Kirche an öffentlicher Brisanz weiter zunimmt", hieß es in seinem Brief.

Noch vor Mittag rollen die Demonstranten ihre Fahnen ein und packen die Kannen mit dem wärmenden Kaffee in den Bus. Sie wollen in dieser "Woche der Solidarität" weiter lautstark auf sich aufmerksam machen und auch bei den Weltbild-Kunden dafür werben, gerade jetzt viele Bücher zu kaufen. Für Samstag dann hat Fußball-Bundesligist FC Augsburg den Mitarbeitern 2.000 Freikarten für das Spiel gegen Bremen zur Verfügung gestellt. Auch im Stadion und vor den Fernsehkameras soll für Weltbild mobilisiert werden.

Weitere Themen des Ständigen Rats: Verbot der organisierten Suizidbeihilfe

Die deutschen Bischöfe fordern ein Verbot jeglicher organisierter Beihilfe zur Selbsttötung. Das erklärten sie beim Treffen ihres Ständigen Rats am Montag in Würzburg. Das Leben jedes Menschen – auch der hilfsbedürftigen, alten, kranken und verzweifelten – sei schützenswert. "Wir begrüßen die politischen Signale, sich dieses wichtigen Themas erneut annehmen zu wollen", heißt es in einer am Montag verbreiteten Erklärung. Der neue Gesundheitsminister, Hermann Gröhe (CDU), hatte wenige Wochen nach seinem Amtsantritt ein Gesetz zum Verbot der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung angeregt und damit eine breite gesellschaftliche Diskussion über Sterbehilfe ausgelöst. Hospizangebote ausweiten Gleichzeitig betonen die Bischöfe die Bedeutung einer menschenwürdigen Sterbebegleitung. Es sei wichtig, dass Alte und Kranke von ihren Verwandten oder anderen nahestehenden Personen fürsorglich begleitet würden: "Der Wunsch zu sterben entsteht oft erst in Einsamkeit und Verzweiflung", so die Bischöfe. Sie fordern daher, Hospizangebote auszuweiten und die Angebote der Palliativmedizin zu verbessern. Die Kirche sei selbst Träger zahlreicher ambulanter und stationärer Einrichtungen für Palliativ- und Hospizversorgung. Der ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz trifft sich in regelmäßigen Abständen im Kloster Himmelspforten in Würzburg und ist nach der Vollversammlung das wichtigste Organ der Deutschen Bischofskonferenz. Weiteres Thema am Montag war die Krise um den insolventen Weltbild-Konzern. (gho)
Von Christoph Arens (KNA)