O'Malley: Kinderschutz-Thema fehlt bei Beratungen auf Chefebene
Der Präsident der Vatikanischen Kinderschutzkommission, Kardinal Sean O'Malley, sieht durch die Eingliederung seiner Kommission ins Glaubensdikasterium die Gefahr, dass das Thema Missbrauch bei den Gesprächen zwischen den Kurienleitern zu kurz kommt. "Das Staatssekretariat hat klargestellt, dass die Kommission nicht das Ansehen, den Status oder die Zuständigkeit eines Dikasteriums genießt und daher in Bezug auf das Gewicht, die Zuständigkeit und das Recht auf Teilhabe an den Leitungsfunktionen der Kurie ein untergeordnetes Organ der Kurie ist", sagte der Kardinal Anfang Mai vor der Vollversammlung der Kinderschutzkommission. Die Rede wurde am Freitag auf der Webseite der Kommission veröffentlicht. Bei den Beratungen zur Kurienreform sei nicht bedacht worden, dass durch die Umstrukturierung das Thema Kinderschutz bei Beratungen der Dikasterienleiter mit dem Papst und bei interdikasteriellen Treffen nicht präsent ist. "Das scheint mir eine schwerwiegende Lücke zu sein", so der Kardinal, der selbst dem Kardinalsrat von Papst Franziskus angehört, in dem die Kurienreform beraten wurde.
Grundsätzlich sei die Verbindung mit dem Glaubensdikasterium wichtig. In vielen Bereichen der Zivilgesellschaft sei es üblich, präventive mit disziplinarischen Aufgaben zu verbinden. Er plädiere aber für eine Gleichwertigkeit von Dikasterium und Kommission, "nicht zuletzt deshalb, weil die Kommission niemals als dem kirchlichen Disziplinar- oder Justizsystem unterworfen und somit in dieses System eingebunden werden sollte". Befürchtungen, die Ansiedlung im Dikasterium würde die Unabhängigkeit der Kommission schwächen, hielt er allerdings mit Verweis auf die häufigen Hinweise von Papst Franziskus darauf, dass das Dikasteriums gegenüber der Kommission kein Weisungsrecht hat, für ausgeräumt.
Noch keine offizielle Klärung des Verhältnisses zwischen Dikasterium und Kommission
Das Verhältnis zwischen Dikasterium und Kommission zu klären, sei langwierig. Zum Entwurf eines Vereinbarung über die Zusammenarbeit habe das Glaubensdikasterium noch nicht offiziell Stellung genommen. Die angestrebte Vereinbarung sei nach dem Vorbild der jüngst mit dem Evangelisierunsdikasterium unterzeichneten Erklärung gestaltet. Laut dem Kardinal halten führende Beamte des Dikasteriums die Statuten der Kommission selbst für ausreichend, auch ohne eine formelle Vereinbarung. Auch die Reaktionen des Staatssekretariats auf den Entwurf hätten nicht zu einer Klärung beigetragen: "Anfang des Jahres erhielten wir Stellungnahmen zu den Statutenentwürfen, die wenig substanzielle Klarheit über die Art der Arbeitsbeziehungen zwischen dem Glaubensdikasterium und der Kommission brachten", so O'Malley.
Papst Franziskus richtete die Päpstliche Kommission für den Schutz von Minderjährigen als organisatorisch von anderen Kurieneinrichtungen unabhängiges Gremium ein. Mit der Kurienreform wurde die Kommission 2022 dem Glaubensdikasterium zugeordnet. Anders als die anderen dem Dikasterium zugeordneten Kommissionen wird die Kinderschutzkommission nicht vom Glaubenspräfekten geleitet, sondern durch einen eigens vom Papst ernannten Präsidenten. O'Malley steht der Kommission seit ihrer Gründung vor. Ende März trat der Jesuitenpater Hans Zollner von seinem Sitz in der Kommission zurück. Er gehörte zu ihren Gründungsmitgliedern. Zollner begründete seinen Schritt mit einer Reihe von Kritikpunkten an der Arbeit der Kommission, darunter das Fehlen von Regularien, die die Beziehung zwischen Dikasterium und Kommission regeln. O'Malley hatte daraufhin "Wachstumsschmerzen" bei der Kommission eingeräumt. (fxn)