Fähigkeit, die Kirche Christi zu sein, stehe auf dem Spiel

De Moulins-Beaufort zu Missbrauch: Kulturwandel in der Kirche nötig

Veröffentlicht am 15.06.2023 um 11:36 Uhr – Lesedauer: 

Paris ‐ Seit Jahren sieht sich auch die Kirche in Frankreich mit zahlreichen Missbrauchsfällen in den eigenen Reihen konfrontiert. Angesichts des Skandals hat der Vorsitzende der Bischofskonferenz nun zu einem Kulturwandel aufgerufen.

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Der Vorsitzende der französischen Bischofskonfernz, Éric de Moulins-Beaufort, hat im Hinblick auf die Missbrauchskrise im eigenen Land zu einem Kulturwandel in der Kirche aufgerufen. "Was auf dem Spiel steht, ist unsere Fähigkeit, die Kirche Christi zu sein", sagte der Erzbischof von Reims in einem Interview mit "La Croix international" (Mittwoch). Diese Umwälzung sei "unwiderruflich und unumkehrbar", so de Moulins-Beaufort.

Sexueller und geistiger Missbrauch in der Kirche zwinge zu der Erkenntnis, dass jede Autoritätsposition "zu einer zerstörerischen Macht pervertiert werden kann". Das Ausmaß dieses Problems zwinge zur Klarsicht. "Diejenigen, die eine Autoritätsposition innehaben, ob Kleriker, Ordensmänner oder Ordensfrauen, müssen wachsam sein und ihre Autorität im Sinne Christi ausüben." Es gehe darum, das Thema Missbrauch "in allen Dimensionen des kirchlichen Lebens zu betrachten, denn in der Tat hat alles zur allgemeinen Blindheit beigetragen”.

Macht werde in der Kirche jedoch allzu oft nicht erkannt, weil von "Dienst" die Rede sei. "Ich denke, es ist wichtig, über die gesamte Bandbreite der Beziehungen nachzudenken und zu akzeptieren, dass es Autorität gibt und dass diese Autorität folglich rechenschaftspflichtig und gemäßigt ist, damit sie angemessen handelt", so de Moulins-Beaufort. Die Kirche bezeichnete er als "Land der Freiheit". Daher müsse der Respekt für die Würde jedes Menschen eine Richtschnur für die Kirche sein.

Ordensfrau: "Anmaßend zu sagen, dass alle an Bord sind"

Die Dominikanerin Véronique Margron, Präsidentin der Konferenz für Männer- und Frauenorden (CORREF), sagte in dem Interview, es sei schwierig, geistigen Missbrauch aufzudecken und zu bekämpfen, da die Gemeinschaften autonom agierten. "Es ist wichtig, sich an andere zu wenden, an öffentliche Einrichtungen, die Justiz, die Zivilgesellschaft", betonte sie.

In Bezug auf einen Kulturwandel in der Kirche sagte sie, es sei "anmaßend zu sagen, dass wir sicher sind, dass alle an Bord sind". Die Zeit werde zeigen, ob es wirklich zu strukturellen Veränderungen komme. "Wenn wir den Opfern aufrichtig zuhören, entsteht eine unwiderrufliche Bewegung."

Die katholische Kirche in Frankreich wird immer wieder von Missbrauchsskandalen erschüttert. Im November hatte die Bischofskonferenz mitgeteilt, dass es gegen elf pensionierte oder noch aktive französische Bischöfe Untersuchungen von staatlichen oder kirchlichen Stellen gebe oder gegeben habe. Eine im Jahr 2021 veröffentlichte Studie schätzt die Zahl der Betroffenen seit 1950 auf 330.000 und die Zahl der Täter auf bis zu 3.200. (cbr)